Triaden-Liebchen. Edith Seo

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Triaden-Liebchen - Edith Seo

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das Spioninnen in ihr Strumpfband zu stecken pflegten. Mir war schlecht. Ich putzte die Waffe am Sitz ab, schloss die Tasche, klemmte sie unter den Arm und machte mich, leicht taumelnd, auf den Weg zum Bad, um Tingting die Tasche zu geben und anschließend der Klobrille meine Aufwartung zu machen.

      Der Boden des Ganges schien vollständig aus schwarzem Onyx zu bestehen. Er glänzte dunkel. Ich bewegte mich langsam und barfüßig zur Lichtquelle. Die Musik im Hintergrund schallte metallen und leise hier hinein. Die Tür zum Bad war halb geöffnet. Mir war jetzt richtig übel. Ich lehnte mich mit dem Rücken zur Wand und atmete tief.

      „ Lass mich los.“ zischte Tingting im Bad.

      „ Wirst du es tun?“ hörte ich Xiao Li´s Stimme. Ich wusste, dass ich mich übergeben musste, aber nicht jetzt. Einen Moment würde ich durchhalten. Ein Geheimnis lag in der Luft, Tingtings Geheimnis und wenn ich es wüsste, dann…

      „ Nein! Verdammt, jetzt lass mich.“

      „ Du weißt, was dann passiert.“

      Tingting lachte hysterisch.

      Dann schien er sie zu schütteln.

      „ Tingting, wenn ich deinem Vater sage, wie weit du gegangen bist für…“

      „ Wenn du es ihm sagst…“

      „ Du weißt, dass ich es gesehen habe…“

      „ Nichts hast du gesehen. Ich habe ihn nicht getötet.“

      „ Doch. Mit der kleinen Pistole, die du immer mit dir herumträgst. Man würde es herausfinden. Dein Vater würde dich nicht schützen. Er hat keinen Grund mehr.“

      „ Du kannst es mir nicht beweisen.“

      „ Doch, kann ich. Ich habe Fotos.“

      „ Dann tu´s doch, du Schwein.“ Tingting schien sich loszureißen. Ich konnte nicht mehr. Ich müsste mich gleich erbrechen. Sie sprachen von Mord und Totschlag, wer weiß von was für Verbrechen, und ich stand hier wie ein kleines Mädchen, das dringend kotzen musste. Tingting war eine Mörderin. Ihr war nicht schlecht in den entscheidenden Momenten. Ihr Körper versagte nicht. Sie aß und trank nicht. Sie zögerte nicht. Sie handelte. Und sie war entschieden in allem was sie tat. Wenn sie sich von jemandem gestört fühlte, versuchte sie ihn zu manipulieren. Wenn das nicht gelang, räumte sie ihn aus dem Weg. Wenn ich werden wollte, wie sie, müsste ich anfangen, mein Leben in die Hand zu nehmen.

      Ich erinnerte mich an einen Spruch, den der Mann, der im Flugzeug nach Shanghai neben mir gesessen hatte, gesagt hatte: „Wenn man Glück im Leben hat, bleibt man Zuschauer. Wenn nicht, ist man entweder Opfer oder Täter. Wofür entscheidest du dich?“ Ich fand den Spruch, oder besser die Frage etwas sinnentleert. Opfer, Täter. Die Stewardess hatte Nudelsuppe gebracht und der zweite Film begonnen.

      Tingting war eine Täterin, das war klar. Ich war ein Opfer, passiv und manipulierbar. Kann man so etwas ändern? Mir fiel die Pistole ein, die ich in der Tasche bei mir trug. Ich hatte die Waffe, Tingting trug nur ihren Qipao. Es wäre leicht, die Rollen zu vertauschen, oder nicht?

      Ich grübelte.

      Im Bad hatten sie aufgehört zu sprechen. Ich hörte ein seltsames gepresstes Atemgeräusch. Ein Röcheln.

      Dann befahl Xiao Li noch einmal:

      „Du tust, was ich dir sage.“ Ich ging etwas näher an die Tür und konnte Tingting sehen. Sie röchelte, Xiao Li hatte seine Hände um ihren Hals gelegt und drückte zu. Ich blieb fasziniert stehen. Ich war Zuschauerin. Er wird Tingting töten, dachte ich. Beklemmend war es nicht, es war spannend, aufregend. Adrenalin rauschte durch meinen Körper. Wenn jemand gewürgt wird und man nicht eingreift, ist man dann nur Zuschauer, oder ist man schon Mittäter? Wenn Tingting tot wäre, was wäre mit mir? Ich könnte ihren Platz einnehmen. Ich würde für Xiao Li …Er ließ sie los. Tingtings Hände fassten an ihren Hals. Sie schwankte. Schnappte nach Luft. Das durfte nicht sein. Ich griff in die Tasche, trat in die Tür, zielte auf sie und schoß.

      Tingting sackte zu Boden. Die Hände immer noch am Hals. sie atmete schwer.

      Xiao Li sah mich an. Sein Gesicht verzerrte sich zu einem schiefen Lachen. Dann trat Blut aus seinem Mund und er fiel um. Langsam bildete sich eine Blutlache um ihn herum. Ich erbrach mich auf den Vorleger.

      Tingting sah mich erstaunt an.

      III. Entscheidungen

      Uralter Rotwein und ein paar Meter Entfernung können einen Plan verändern und damit die ganze Geschichte. Wenn ich keinen Wein getrunken hätte, wenn mir nicht schlecht geworden wäre und wenn ich etwas näher an den beiden gestanden hätte, wäre alles anders gekommen. Ich hatte nicht darüber nachgedacht, was alles hätte passieren können. Damit ein einziger Schuss tötet, muss man schon viel Übung haben, der Rückschlag ist groß und jede Waffe ist anders. Das weiß ich inzwischen.

      Ich schaute auf Xiao Li. Er sah aus, als sei er gänzlich ausgelaufen. Ich zitterte nicht. Das Erbrechen hatte gut getan. Ich ging langsam zum Waschbecken, legte die Waffe neben mich und wusch mein Gesicht. Tingting stand hinter mir, ich sah sie im Spiegel. Sie hatte ihren Hals losgelassen und sah mich ungläubig an.

      „Xiexie.“ hauchte sie. Danke.

      Dann nahm sie den Vorleger mit dem Erbrochenen, legte ihn in die Dusche und drehte den Hahn auf. Wir standen nebeneinander und betrachteten Xiao Li.

      Dann gingen wir, wie Zombies, ins Wohnzimmer. Beide im dunkelblauen Qipao. Ich sah unsere Schatten nebeneinander herschweben. Ich hatte Tingting töten wollen. Jetzt war ich für immer mit ihr verbunden. Nie würde ich frei von ihr sein. Andererseits hatte ich sie gerettet. Vor Xiao Li. Sie kannte eine andere Wahrheit als ich. Vielleicht war das auch nicht so schlecht.

      Wir sanken in die Sessel. Der Pianist spielte immer noch. Ob er den Schuss gehört hatte? Er war blind. Seine anderen Sinne mussten umso besser sein. Er ließ sich nichts anmerken und spielte weiter. Ein Blinder war ein schlechter Zeuge. Das wusste er. Er hatte nichts zu befürchten.

      Tingting goss mir und sich einen Klaren ein und wir saßen schweigend nebeneinander. Mörderinnen unter sich, dachte ich. Wie makaber.

      Nach ein paar Minuten gingen wir zurück ins Bad. Ich war verschwitzt und roch unangenehm. Ich fühlte mich matt. Ich sollte stolz sein, ermahnte ich mich selber. Aber worauf? Ich hatte den Falschen getötet. Mit Xiao Li hätte ich ein neues Kapitel beginnen können, als Triaden-Killerin. Ich fragte mich, ob ich dazu überhaupt im Stande gewesen wäre. Alles drehte sich. Ich hatte keinerlei Erfahrung mit dem Gebrauch von Waffen, ich wusste nicht, wann man wie tötet und wie man sich verhält, wenn der andere ebenfalls bewaffnet ist. Auch mit dem Beseitigen von Spuren hatte ich keinerlei Erfahrung. Morden ist kein Job wie jeder andere. Man muss es von Anfang an perfekt beherrschen, sonst ist es schnell vorbei. Mir war schlecht, ich bekam Hunger und gleichzeitig bereitete der Gedanke an Essen mir Ekel. Ich schwitzte übermäßig und ich würde durch jeden Lügendetektortest fallen. Eine feine Mörderin war ich.

      Wir hatten das Bad erreicht. Xiao Li lag noch genauso da, nur die Blutlache wirkte gestockt. Bald würde das Blut beginnen zu gerinnen, die Totenstarre würde eintreten und er würde anfangen zu riechen. Ich hatte nur ein bisschen Schnaps im Magen, sonst hätte ich mich sicher wieder erbrochen.

      Tingting unterbrach mein Grübeln:

      „Wir

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