Triaden-Liebchen. Edith Seo
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„Tingting.“ fuhr ich sie an.
„Oder…“ Tingting fing an zu keuchen, sie wurde nervös. Sie war wohl doch nicht so souverän, wie ich dachte.
„Wir zersägen ihn. Wir könnten ihn zersägen. Mein Vater hat zuhause mehrere große Tiefkühltruhen, wir könnten seine Arme absägen und seine Beine und dann seinen Kopf und dann stecken wir die Einzelteile in Frischhaltefolie und tun sie ganz unten in die Truhen.“ Ekel kannte sie scheinbar nicht. Chinesen sind manchmal hart im nehmen, auch im Hinblick auf die Tiere, die sie so essen und deren Zubereitung.
„Zersägen!! Geniale Idee, Tingting! Mein Großvater war Metzger. Ich weiß, wie schwer es ist Knochen zu zersägen. Du brauchst eine Knochensäge! Und verdammt viel Kraft.“ Ich schaute abschätzig auf das zarte Persönchen.
„Aber ich kenne da jemanden, der würde…“
„Tingting! Es reicht.“
Ich schaute wieder auf Xiao Li, der mit ungläubigem Gesichtsausdruck und einem hämisch verzerrten Mund vor uns lag. Das Einschussloch befand sich genau über seinem Herzen. So gut zielt eigentlich nur ein Profi. Ich grübelte. In China, das war klar, galt die Todesstrafe. Es rollten immer wieder „Yan da“-„Hart zuschlagen“- Kampagnen durch das Land. Während dieser Phasen wurden Verbrecher reihenweise gehenkt. Aber war es nicht so, dass ich Tingting geschützt hatte? Ich sah sie an. Rot bildeten sich Würgemale an ihrem Hals. Ich hatte Alkohol im Blut gehabt, mir war schlecht, ich hatte ins Bad gewollt, um mich zu entleeren und da hatte ich Tingting in Bedrängnis gesehen. Ich hatte ihre Tasche in der Hand. Neugierige Frauen durchwühlen immer die Taschen ihrer Freundinnen. Und dann hatte ich Xiao Li erschossen. Nothilfe. Blieb allenfalls eine Anklage wegen unerlaubten Waffenbesitzes für Tingting.
„Ich werde mich stellen.“ sagte ich laut. „Schau dir deinen Hals an. Ich habe dich geschützt. Sie werden mich laufen lassen und die Sache hier ist geklärt.“
Tingting sah mich entgeistert an, so als sei ich ein exotischer Vogel oder völlig irre.
„Sowas geht bei euch vielleicht. In Europa.“ Sagte sie, fast angewidert. „Wir sind hier in China.“
„Und?“ fragte ich. „Ich bin eine Lao Wai, eine Ausländerin. Ich werde einen Fairen Prozeß bekommen. Ich habe nichts Unrechtes getan…“ Seltsam, wie leicht mir diese Lüge über die Lippen kam. Da fiel mir ein, was ich im Bad gehört hatte. Tingting hatte jemanden getötet, mit der Tatwaffe. Was, wenn man mir diesen Mord in die Schuhe schob. Ich musste herausfinden, wie lange er zurück lag. Wenn er geschehen war, bevor ich nach China gekommen war, war alles gut, oder? Gleichzeitig könnte ich Tingting so loswerden. Aber so leicht war das nicht. Sie wäre nicht so dumm. Und außerdem brauchte ich sie jetzt. Im Moment war ich froh, dass sie da war. Dass sie lebte und atmete und vor allem, dass sie mit mir sprach.
Tingting steckte sich eine Zigarette an.
„Ich habe jemanden umgebracht. Damit.“ Sie zeigte hinüber zu der Waffe, die noch immer auf dem Marmorwaschtisch lag. Klein, zart und scheinbar harmlos.
Ich sagte nichts. Ich wusste, dass Geständnisse bei Rauchern, egal, um welches Thema es ging, immer eine Zigarettenlänge lang dauerten. Ich ließ sie also reden.
„Meinen Bruder. Er hat von meiner Affäre erfahren und mich erpresst, so wie Xiao Li mich eben erpresst hat.“
Das klang wirr, deshalb hakte ich doch ein.
„ Eine Affäre? Na, wenn schon, du bist jung, du bist noch nicht verheiratet und überhaupt. Was ist in Shanghai schon eine Affäre?“
„ Du verstehst das nicht. Und ich kann es dir nicht erklären. Claudio ist Sizilianer und er war ein Geschäftpartner von Tang Qiao, meinem Bruder.“
„Die Cosa Nostra macht Geschäfte mit den Triaden?!? Tingting, mach dich nicht lächerlich.“ Mir fiel auf, dass ich begann, anders mit ihr zu reden. Ich hatte mich gemausert. Ein kleiner leicht abgeirrter Mord und ich war schon ganz schön gewachsen.
„So genau weiß ich nicht, was sie machen. Ich weiß auch nicht, für was für eine Organisation Claudio arbeitet, aber wir haben eine Affäre. Ich wollte ihn dir vorstellen, aber…“
Sie versuchte wieder, mich zu manipulieren. Mir war es aber egal. Die Sache versprach spannend zu werden. Dennoch entschloss ich mich, mir die ganze Geschichte lieber später anzuhören. Vielleicht auf der anderen Halbkugel der Erde, weit weg, mit einem Schirmchen im Cocktail. Beim Gedanken an einen Cocktail wurde mir schon wieder schlecht.
„Was ist mit dem da?“ fragte ich und nickte zu Xiao Li hinüber.
„Er steht ganz oben im Clan der Qu. Wenn er tot ist, ich weiß nicht, was dann geschieht, aber eines ist klar: Wenn du dich stellst, dann kriegen sie dich. Das sind die Triaden!!“
Ich fragte mich, ob sie hysterisch geworden war und was ich nun tun sollte. Asche rieselte von ihrer Zigarette auf den Boden. Es wäre nicht günstig, wenn sie in die Blutlache rieselte, falls wir uns stellen sollten. Es machte keinen guten Eindruck, wenn man erst mal eine geraucht und überlegt hatte, was man tun würde.
„Wann hast du Tang Qiao getötet?“
„Wann?“
„Ja.“
„Vor ein paar Monaten, wieso?“
„Bevor du nach Europa gekommen bist?“
„Ja. Deshalb bin ich ja nach Europa gekommen.“
Also konnte man mir den Mord nicht anhängen, wenn es mit rechten Dingen zuging. Es läutete unten an der Haustür.
„Das ist Claudio.“ Sagte Tingting.
Wir gingen durch den Flur und sahen einen Mann auf dem Bildschirm der Gegensprechanlage. Er hatte dunkle Locken, grüne Augen und eine Brille. Er sah aus wie die sizilianische Variante von Harry Potter. Tingting begann schon mit den Wimpern zu klimpern, ohne dass er sie hätte sehen können. So sahen also heute Mafiosi aus. Süss und brav. Adrett und jungenhaft. Wie ein Internatszögling wartete der sizilianische Geliebte unten.
„Soll ich ihm aufmachen?“ fragte Tingting mich. Zwischen uns hatte sich gravierend etwas verändert. Sie, die immer zu wissen schien, was zu tun war, biss sich nun auf die Lippen und schaute mich an, als wüsste ich, wie es weiter gehen musste. Ein bisschen war ich sogar enttäuscht, dass sie nicht die Führungsrolle übernahm.
Das hübsche Kerlchen da unten könnte uns sicher nicht helfen. Zudem wäre er im Zweifel auf Tingting´s Seite. Es war besser, wenn wir uns noch nicht begegnet waren, bevor diese Sache hier geklärt war.
Ich begann wieder zu schwitzen. Wir konnten nicht ewig hier rumhängen. Der Pianist würde irgendwann auf die Toilette müssen, Claudio würde ungeduldig werden und es galt keine Zeit zu verlieren. Warum gibt es keine Ratgeber-Bücher: „Wie man eine Leiche beseitigt“ oder „Der perfekte Mord“…vielleicht gab es ja sogar solche Bücher, aber sicher gilt das nicht für Taten, die mal eben so zwischendurch passiert sind.
Wir standen noch vor der Gegensprechanlage. Der Bildschirm hatte sich ausgeschaltet.