Tahiti. Gerstäcker Friedrich

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Tahiti - Gerstäcker Friedrich

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sich oben auf seine Befestigungswerke und begann seine etwas hinausgeschobene Mahlzeit nach Kräften zu halten.

      Erst als es Abend wurde, verließen ihn die Insulaner - und zwar ohne weiter mit ihm zu verhandeln - bis auf den letzten Mann, und seine einzige Sorge war jetzt, daß sie ihn in der Nacht, wenn er eingeschlafen wäre, überrumpeln möchten. Einen solchen Versuch machte der Feind aber wahrscheinlich erst mitten in der Nacht, und seine Kräfte nicht unnütz und übermäßig anzustrengen, beschloß er sich gleich nach Dunkelwerden eine Stunde zum Schlafen niederzulegen. Nasch dem Entschluß die That folgen lassend, schob er sein Bündel als Kopfkissen zurecht, gebrauchte nur die Vorsicht, an dem am leichtesten zu ersteigenden Platz einen Stein so locker zu placiren, daß er bei der leisesten Berührung niederfallen mußte - und warf sich dann mit sorgloser Ruhe auf den harten Boden und dem Schlaf in die Arme.

      Um den armen René möchte es aber schlecht gestanden haben, hätten die Insulaner wirklich beabsichtigt, in der Nacht etwas gegen ihn zu unternehmen, denn lange nach Mitternacht berührte eine leichte Hand seine Schulter, ohne daß er erwacht wäre.

      „Fremder," sagte da eine sanfte, weiche Stimme, und das junge schöne Mädchen, das neben ihm stand, legte ihre kalten Finger an seine vom festen Schlaf erhitzte Stirn.

      „Ja," sagte René, die Augen öffnend und umschauend - /39/ „ja - schon acht Glasen?"4 - die kalte Nachtluft strich über ihn hin - um ihn rauschte das Laub des Waldes und die hellen, funkelnden Sterne blickten klar auf ihn nieder. In dem Moment schoß ihm auch die ganze Gefahr seiner Lage durch die Seele, und rasch emporspringend, das Terzerol wie instinctartig im Griff, schien er den Angriff zu erwarten.

      „Ihr seid eine vortreffliche Schildwache," lachte aber das junge Mädchen, das ruhig auf seinem Platz stehen geblieben war - „wenn Ihr nicht besser über anderer Leute Gut wacht, als Eure eigene Sicherheit, möchte ich Euch wahrlich nicht einer Banane Werth vertrauen."

      René faßte sich an die Stirn - er wußte im ersten Augenblick wahrhaftig nicht, ob er wache oder träume. Das ganze Fremdartige seiner Umgebung, das schöne lachende Mädchen dicht vor ihm, ein dunkles Bewußtsein drohender Gefahr, die über ihm schwebe, und seine Sinne noch halb von dem kaum erst abgeschüttelten tiefen Schlaf befangen, verlangte alles, daß er sich erst sammle, und es verging wohl eine Minute, ehe er seine wirkliche Lage wieder vollständig begriff.

      Das junge Mädchen stand indeß, mit untergeschlagenen Armen, die zarten Lippen fest zusammengepreßt, und den Kopf schüttelnd vor ihm, und sagte endlich halb lachend, halb erstaunt:

      „Bist Du nicht ein wunderlicher Mann, Fremder - schläfst hier mitten zwischen Deinen Feinden, als ob Du daheim im sichern Hause, von den Deinen bewacht, lägest und nicht ein Preis auf Dein Einbringen gesetzt sei, der habgierige Menschen zu Deinem Verderben reizen muß."

      „Und durft' ich nicht schlafen, wenn ein solcher Schutzgeist über mich wachte, Du holdes Kind!" sagte René herzlich, die Hand nach der ihren ausstreckend - sie trat aber vor /40/ der Berührung einen Schritt zurück und erwiderte, mit ernstem Blick nach oben deutend:

      „Allerdings hattest Du einen Schutzgeist, der über Dich wachte, aber es ist das Auge Gottes, das jedes Haar Deines Hauptes gezählt hat, und ohne dessen Willen keins zur Erde fällt - ihm danke für Deine bisherige Sicherheit, nicht mir. Aber komm, Fremder," setzte sie dann freundlicher hinzu - „nimm Dein Bett und wandere und folge mir, ich will Dich vor Tag, und ehe böse Menschen im Thale neue Anschläge schmieden könnten, an die andere Seite der Insel bringen. Dort steht das Haus eines frommen Mannes, das Dich schützen wird, bis Dein Schiff diese Gegend verlassen hat, und dann kannst Du später nach Tahiti hinübergehen, wo viele Deiner Landsleute leben, und dort in Sicherheit wohnen."

      „Mein Bett mitzunehmen, möchte hier schwer werden," lachte aber René, dessen leichter Sinn ihn in der Nähe des schönen Mädchens, das so freundlich um ihn besorgt war, schon über alles Andere weggesetzt hatte, „das wollen wir lieber liegen lassen; mit dem Kopfkissen mochte es eher gehen - und wie ist's mit den Provisionen - soll ich die Cocosnuß und Bananen -"

      „Wir finden genug auf unserem Weg," unterbrach ihn aber das Mädchen - „iß und trink, wenn Du jetzt Hunger hast, und sorge nicht weiter."

      „Dann mag es sich mein Dolmetscher morgen als schwachen Beweis meiner Erkenntlichkeit mit hinunter nehmen," lachte René, „der alte Bursche wird schön schauen, wenn er das Nest leer und den Vogel ausgeflogen findet."

      „Oh, sprich nicht mit so leichtem Muth über eine Gefahr, der Du noch keineswegs entgangen bist!" bat aber das Mädchen; „ich selber kann nichts für Deine Sicherheit thun, als Dich zu einem Andern führen und diesen bitten, Dir zu helfen. - Er ist selber ein Weißer und ein Diener des Herrn und wird gewiß Alles für Dich thun, was in seinen Kräften steht. - Er ist aber doch auch nur ein Mensch, und vermag Dir keinen andern als eben nur menschlichen Schutz zu gewähren." /41/

      „Ein Weißer? - und ein Diener des Herrn?" sagte aber René rasch und nachdenkend - „ein Missionär also?"

      „Gewiß, ein Missionär," bestätigte die Jungfrau - „er hat mich von frühester Jugend auferzogen und seine Sprache und Religion gelehrt - er ist ein stiller, friedlicher und guter Mann."

      René blieb nachdenkend eine kleine Weile stehen, und es ging ihm im Kopf herum was er Alles, vielleicht in seinem katholischen Vaterland noch übertrieben, über die protestantischen Missionäre dieser Inseln gehört und gelesen. Durfte er doch auch für sich selber schon aus zwei Gründen keine freundliche Aufnahme erwarten, erstlich als entlaufener Matrose und dann als Katholik. Er war aber nicht der Mann, sich vor der Zeit vielleicht unnöthige Sorgen zu machen, that er's doch nicht, wenn er selbst Ursache dazu hatte.

      „So sei es denn!" rief er fröhlich und entschlossen - „wohin Du mich führst, Du holdes Kind, geh' ich gern, und wäre es in den Tod. Hier kann ich doch nicht bleiben," setzte er lächelnd hinzu, als er einen halb komischen, halb verlegenen Blick umherwarf - „der Bequemlichkeiten sind nicht besonders viel, und vor Tag stöberte mich doch am Ende der alte Bursche von Dolmetscher wieder auf - also vorwärts, vorwärts, Du liebes Mädchen - aber welchen Namen hast Du' wie kann ich Dich nennen?"

      „Meine Landsleute nannten mich Sadie," sagte das schöne Mädchen leise - „Sadie, nach einem jener freundliche Sterne dort oben; aber mein Pflegevater verwarf den Name als heidnisch, und ich heiße jetzt Prudentia. - Nur die Insulaner können das noch nicht gut aussprechen und nennen mich lieber mit dem alten Namen."

      „Oh, so laß mich Dich auch Sadie nennen, Du holdes Kind," bat da René - „bist Du nur nicht auch ein freunlicher Stern geworden, der mich hier aus meiner Trübsal hinausführen soll? - und wie gern folg' ich ihm - Prudentia, lieber Gott, der Name mag für des würdigen Mannes Mutter oder Gattin recht gut klingen, aber Deinen Namen hinein verwandeln, Sadie, heißt die Saiten einer Harfe zerreißen und Bindfaden darüber spannen - nein, so /42/ leuchte mir voran, und jener Stern soll nicht genauer seine Bahn halten, als ich der Deinen folge."

      Das junge Mädchen, das wohl den alten liebgewonnenen Namen auch lieber hörte als das fremde, selbst für ihre Zunge schwere Wort, erwiderte nichts weiter, und wie eine Gemse von dem ziemlich steilen Hang hinunterkletternd und den Arm vermeidend, den René nach ihr ausstreckte, sie dabei zu unterstützen, glitt sie auf den Boden nieder, daß René kaum ihren Schritten zu folgen vermochte.

      4.

      Der Mi-to-na-re.

      Es war ein ziemlich langer Marsch durch eine wilde Gegend und oft durch Dickichte, durch die der junge Flüchtling allein nie seinen Weg gefunden. An den Sternen sah er dabei, wie sie viele Umwege machten, entweder vollkommen undurchdringliche Stellen zu umgehen, oder auch

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