Kampf um Katinka. Thomas Pfanner
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Sir Ulrich glitt in eine etwas ordinäre Sprache ab, adlige Zuhörer hätten zudem genügend Anhaltspunkte für Majestätsbeleidigung gefunden und ihn unverzüglich gefordert. Ihm blieb das egal, auf seine Weise war auch er zäh und stur. Tanner ergriff wieder das Wort, fast meinte man, ein Seufzen herauszuhören.
»Wenn ich das richtig verstehe, stehen wir vor der Aufgabe, diese Penelope aus dem Flieger zu holen und sie nach Hause zu bringen. Gegen ihren Willen und zum Missfallen der Kaiserin, weil durch die kleine Aktion ein paar Außenweltler von einem familiären Zwischenfall Kenntnis erlangt haben. Klasse. Bitte sagt mir, dass es durchaus möglich ist, dass da draußen ein besoffener Scherzkeks einen Joke gerissen hat und wir niemanden von hoher Geburt finden werden.«
Lustlos ratterte der Erste das Gewünschte herunter: »Es ist durchaus möglich, dass da drüben ein besoffener Scherzkeks einen Joke gerissen hat.«
Sofort machte er seine Worte zunichte: »Es ist aber extrem unwahrscheinlich. Niemand macht einen Scherz vor leeren Rängen. Die wissen doch gar nicht, dass es einen Zuhörer gibt. Wenn der Notruf in zwölf Jahren auf Freblinse eintrifft, kräht da kein Hahn mehr nach.«
Tanner hatte nichts anderes erwartet.
»Schön. Nun ist es also an mir, die Entscheidung zu treffen, nicht wahr?«
»Das ist der Job.«
Sir Ulrich grinste unverschämt. Er liebt die Stimmung an Bord, vor einem Gefecht ließ sie sich ganz einfach charakterisieren: Die Lage ist aussichtslos, aber nicht ernst.
»Du wirst doch nicht wirklich umdrehen und darauf verzichten, die Dankbarkeit einer entzückenden Prinzessin entgegen zu nehmen?«
»Doch, jederzeit«, entgegnete Tanner, und alle wussten, dass er es verdammt ernst meinte. »Es hilft aber nichts. Wir sind ein Kriegsschiff der Kaiserlichen Marine und somit verpflichtet, auf einen Kaiserlichen Notruf angemessen zu reagieren.«
Tanner setzte sich auf seinem Sessel zurecht, vertrieb jeglichen Frohsinn aus seinem Gesicht und gab entschlossen die notwendigen Kommandos:
»Ladys and Gentlemen, alles auf Station. Vorbereiten für Beschleunigung. Kampfstationen besetzen. Füsiliere bereit machen für Enter-Operation, Major der Füsiliere auf die Brücke. Nazifa, Abfangkurs berechnen und eingeben. Meldung an mich.«
Unverzüglich kam Leben ins Schiff. Für sehr kurze Zeit entstand heftiges Gerenne, alle Besatzungsmitglieder warfen sich regelrecht auf ihre Sitze und Stationen. Die Grizzly war schließlich ein Schlachtkreuzer mit reichlich Erfahrung im Umgang mit plötzlich auftretenden Herausforderungen. Sie besaß eine Besatzung, die ihr Handwerk verstand. Im Zuge der Alarmierung sprang auch ein kleiner, drahtiger Mann durchs Schott und nahm seinen Platz ganz unten auf der Brücke ein. Leutnant Istvan Horvath fungierte als Waffenoffizier. Seine Fähigkeiten waren Legende. Er konnte nicht nur mit den Händen unglaublich schnell und zielsicher über die Waffenkontrollen hetzen, er vermochte auch die Bewegungen der Gegner mit schier unglaublicher Präzision vorherzusagen. Vor allem aber arbeitete er gut mit der Pilotin zusammen. Nazifa Kadhar tippte ihrerseits auf einige Schalter und zwei Geräte fuhren aus den Armlehnen, die auf den ersten Blick wie kleine Säckchen ohne weitere Funktion wirkten. In Wahrheit stellten sie die zweite Art der Steuerung dar. Normalerweise, also auf dem Marschflug, wurde die Grizzly über ein paar Monitore und Joysticks gesteuert. Das reichte im Normalfall völlig aus. Im Kampf wurden blitzschnelle Reaktion und wesentlich präziseres Manövrieren gebraucht, auch, um im Zusammenspiel mit den Waffen die für einen Abschuss optimale Position zu erreichen, bevor jemand anderer eine solche Ausgangslage gegenüber der Grizzly einnehmen konnte. Dafür gab es die Säckchen, der technische Ausdruck lautete Myelo-elektronische Echtzeitsteuerung. Nazifa steckte die Hände in die Säckchen, wo sich feine Elektroden auf definierte Stellen ihrer Haut legten. Die Elektronik des Antriebes und der Steuerung vernetzte sich mit den Händen, jede Anspannung unter Haut würde nun unmittelbar in Steuerungsimpulse umgesetzt. Die Pilotin brauchte buchstäblich keinen Finger zu rühren, der Gedanke an die Bewegung löste ein feines Zucken, eine Veränderung der Oberflächenspannung, eine veränderte Leitfähigkeit der Haut aus, der Rechner erfasste alles und handelte, bevor sich die menschliche Reaktionszeit dazu durchgerungen hätte, die Finger wirklich zu bedienen. Langes Training vorausgesetzt, ließen sich mit der Methode die entscheidenden Zehntelsekunden gewinnen, die man für den Sieg in der Schlacht benötigte. Aus einem nicht zu klärenden Grund hatten die anlässlich der Rekrutierung auf Katinka durchgeführten Tests ergeben, dass Frauen weitaus besser mit der Myelo-Elektronik zurechtkamen als Männer. Sie konnten schneller denken und ihre Muskeln präziser bewegen. Nazifa schnitt damals als Beste ab, vor acht anderen Frauen. Erst als Zehnter rangierte der erste Mann.
Die Standardmonitore klappten weg und ein kleiner, länglich konstruierter Holo-Bildschirm baute sich vor der Pilotin auf. Im Gegensatz zu dem großen Kommando-Holo sah man darin nicht das Weltall vor dem Schiff, sondern die komplette Umgebung, mit der Grizzly im Zentrum. Ein winziges Scheibchen zischte aus der Kopfstütze und positionierte sich über einen ausgeklügelten Teleskop-Mechanismus knapp neben dem linken Auge. Es ersetzte die großen Displays, in dem es begann, Daten direkt auf Nazifas Netzhaut zu spiegeln. Einige Sekunden des angespannten Arbeitens vergingen, bis sie das Ergebnis bekannt geben konnte.
»Wir können bei Maximalbeschleunigung ohne x in achtunddreißig Minuten längsseits gehen. Mit x plus zwei gewinnen wir nur eins Komma sieben Minuten.«
»Wie steht der Rumpf?«
»Laut Teleskop von uns weg, Überdeckung achtundachtzig Prozent. Angleichung auf hundert kostet etwa zwanzig Sekunden.«
Tanner spielte einige Sekunden auf seinem eigenen Display verschiedene Berechnungen durch.
»Sehe ich auch so. Schön. Nazifa, bring uns in ihren blinden Fleck und dann maximale Annäherung gemäß deinen Berechnungen. Beschleunigungswarnung. Es geht los.«
»Dreck!«
Fluchend stieg ein Riese in grauer Uniform durch das Schott, legte die wenigen Schritte zu dem einzigen noch freien Platz im Sturmschritt zurück und schaffte es, sich in den Sessel fallen zu lassen, bevor das Heulen des Alarms einsetzte. Der Sessel stöhnte regelrecht auf, umschlang seinen voluminösen Gast aber doch in rasender Eile mit den Gurten. Niemand beachtete ihn weiter, das Beschleunigungsmanöver ging vor.
Einige Steuerdüsen flammten kurz auf, als die Pilotin den Rumpf auf den geringfügig angepassten Kurs ausrichtete. Jedes Raumschiff benutzte als Hauptantriebsquelle den Ionenhammer, der für die Formgebung eines Raumfahrzeuges das wesentliche Element darstellte, weil die Austrittsöffnung für das heiße Plasma sehr groß und quadratisch sein musste. Wegen dieser Anordnung waren Schiffe nach hinten nicht ganz blind, aber fast. Im Effekt gab es hinter jedem Schiff einen stabförmigen Bereich, in dem Nullsicht herrschte für alle Sensoren. Nazifa wollte die Grizzly auf einen Kurs bringen, der erst in den Bereich führte, in dem für die treibende Jacht blind blieb und dann innerhalb des Bereichs rasch zu einer Annäherung führte. Das Manöver war sehr schnell abgeschlossen, die Pilotin starrte äußerlich unbewegt in den Holo-Bildschirm, den Oberkörper steif und aufrecht haltend, die Hände in der Myelo-elektronischen Steuerung. Mit der leicht abwesenden Stimme einer voll konzentrierten Schiffspilotin säuselte sie: »Ionenhammer auf volle Leistung … jetzt.«
Die Meiler fuhren hoch, die Plasma-Kupplungen brüllten auf und beruhigten sich nicht mehr. Den eigentlichen Antrieb hörte man dagegen kaum, dafür spürte man ihn überdeutlich. Die Zelle des Schiffs begann zu vibrieren, als würde ein mittleres Erdbeben unter ihren Füßen toben. Auf diese Weise spürten die Besatzungsmitglieder die Beschleunigung