Kampf um Katinka. Thomas Pfanner
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»Ich nehme jederzeit Ihre Kapitulation entgegen«, meinte er freundlich und kappte die Verbindung. Mit frischer Schärfe gab er knappe Befehle: »Füsiliere ausbooten. Angriff nach Plan. Waffen, Einsatz frei.«
Vier Sturmboote wurden zwei Sekunden später nach unten aus dem Schiff geworfen, zündeten ihre Reaktionsdüsen und sprangen in Richtung Jacht. Istvan Horvath reagierte wie ein Pianist. Mit fliegenden Bewegungen prüfte er kurz die Beweglichkeit seiner Finger, dann haute er in die Tasten.
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Datenbankauszug 1302
Nach der Wiederentdeckung der interstellaren Raumfahrt hatte man einige Zeit benötigt, die ursprünglich vorhandene Technologie nach und nach industriell verfügbar zu machen. Im Bereich von Bewaffnung und Panzerung dauerte es eine Weile, um den Stand der Technik zu erreichen, der dem Niveau von vor dem Exodus entsprach. Darüber hinaus vermochte sich kein Planet weiter zu entwickeln, die Kämpfe brachen in den Augenblick los, als die ersten beiden Planeten je ein Schiff besaßen, die sich im Weltall finden konnten. In dem Gemetzel, was folgte und bis zum heutigen Tage andauerte, spielte ab diesem Zeitpunkt nur noch Masse eine Rolle. Möglichst viele Schiffe mit möglichst starker Bewaffnung bauen zu können, sie in der Schlacht möglichst rücksichtslos einzusetzen, etwas anderes zählte nicht.
Diese Einstellung der Entscheidungsträger erwies sich in zweifacher Hinsicht als unfassbar dumm. Zum einen führte der Verzicht auf jede Technologie-Forschung auf der einen Seite, und das blinde Anrennen in Materialschlachten auf der anderen Seite zu sinnlosem Blutvergießen. Jahrhunderte vergingen, in denen beständig die qualifiziertesten und stärksten Köpfe eines jeden Planeten und jedes Reiches in den Kämpfen umkamen. Manch ein mäßig kluger Kopf rettete sich in gespielte Unfähigkeit, die Elite starb, meistens, bevor sie für adäquaten Nachwuchs sorgen konnten. Da die Schiffe zudem ganz überwiegend mit Edelleuten bemannt wurden, führte der langjährige Prozess zu geistiger und zahlenmäßiger Verarmung der Führungsschichten. Hier bot sich eine plausible Erklärung an für die unaufhörlich fortschreitende Verrohung der Sitten und Verhaltensweisen. Aus dieser Entwicklung schien es keinen Ausweg zu geben, denn an dem relativen Patt im All änderte sich nichts.
Dort oben lag der zweite Grund, warum das Handeln der Mächtigen als die perfekte Dummheit gelten konnte.
Zwischen Panzerung und Bewaffnung herrschte nämlich eine Art zerbrechliches Gleichgewicht, und das im wörtlichen Sinne. Die Panzerung der Schiffe war der Schlüssel. In all den Jahren war es den Menschen nicht gelungen, eine wie auch immer geartete Möglichkeit zu finden, ein Raumschiff mit einem Schutzschirm zu versehen. Sicher, im Labor funktionierten manche Methoden, theoretisch waren selbst Hyperschirme denkbar. Praktisch scheiterten alle Versuche an der ungelösten Frage der Energieversorgung. Die transportablen Fusionskraftwerke vermochten zwar eine ganze Menge Energie zu erzeugen, hatten aber doch ihre Grenzen. Antrieb und Schwerkraftkontrolle verschlangen Unmengen von Energie, die für sich allein die Erzeuger vollständig auslasteten. Ein Schutzschirm würde noch zusätzlich ein Mehrfaches verbrauchen und das war nicht mehr darstellbar. Im Prinzip standen die Schiffkonstrukteure vor dem gleichen Problem wie vor Urzeiten die Entwickler erdgebundener Panzer. Ein schlagkräftiges Kriegsgerät erhielt man aus der geschickten Gewichtung der Komponenten Antrieb, Panzerung und Bewaffnung. Würde man eine Komponente über Gebühr stärken, so ginge dies nur durch Schwächung der anderen Komponenten, man erhielt also ein einseitig starkes und gleichzeitig auf einem anderen Gebiet empfindlich schwaches Gerät. Für Raumschiffe komplizierten sich die Dinge noch zusätzlich. So ein Schutzschirm war schließlich nicht nur im Kampf eine feine Sache. Er bot auch Schutz vor Meteoriten, kosmischer Strahlung und anderen Überraschungen, die Mensch und Material in Gefahr zu bringen trachteten. Zwar erreichten die Schiffe nicht einmal annähernd die Lichtgeschwindigkeit, dennoch waren in der Anfangsphase der Raumfahrt die Unfälle nicht selten, und immer verliefen sie in der lebensfeindlichen Umgebung des Weltalls katastrophal. Ein neuartiges Material hatte schließlich die Lösung gebracht: Cardonium.
Der künstlich herzustellende Stoff bestand aus einem flexiblen Kristallgitter und war demzufolge auch fähig, auf äußere Reize zu reagieren. Im normalen, ruhenden Zustand ein Stoff, der hart und metallisch aussah und auch sehr hart war, veränderte er sich dramatisch, wenn Hitze oder ein mit hoher Geschwindigkeit fliegender Gegenstand auf die Cardonium-Hülle traf. Das eine wie das andere führte zu einer Umkristallisation, mit der sich das Material zum einen wesentlich verhärtete, gleichzeitig die Energie an benachbarte Kristalle abzugeben imstande war. Wenn zum Beispiel eine Atomrakete auf einen Schiffsrumpf auftraf, so führte das dazu, dass die Explosionsenergie an alle Kristalle der Hülle weitergegeben wurde, sodass zum einen die Wellenfront des Aufschlags um das Schiff herumlief wie die Wellen, die vom Aufschlag eines Steins in den Teich weglaufen. Zum anderen wurde die getroffene Stelle extrem hart und kompakt und absolut undurchdringlich. Die Umkristallisation an sich verschlang den Großteil der Waffenenergie und verhinderte so tief greifende Schäden. Nach Abgabe der Energie kehrten die Kristalle in die Ausgangsposition zurück und das Spiel konnte von Neuem beginnen.
Mit Cardonium hatte sich der Kampf mit Raketen schlagartig erledigt. Auf diese Weise war die Hülle eines Raumschiffes nicht mehr zu durchdringen. Allgemein erwies sich nun jegliche Art von Fernwaffe als untauglich. Man musste wieder nahe heran, um überhaupt eine Chance zu haben. Die supermodernen Schlachtkreuzer kehrten zu den Taktiken der technischen Steinzeit zurück. Man nannte es wie damals Dogfight.
Der dicke Haken an der neuartigen Panzerung war, dass er in beide Richtungen als Hindernis funktionierte. Explosionen im Inneren eines Schiffes führten regelmäßig zum Totalverlust, da die Panzerung auch in diesem Fall nicht nachgab und die Druck- und Feuerwellen solange im Schiff herumtobten, bis nur noch eine leere Hülle blieb, wie bei einem dicken Käfer, der schon lange tot ist und dessen Körper verlassen am Wegesrand liegt.
Die ideale Form für einen Schlachtkreuzer war auch bald gefunden. Bedingt durch die Art des Kampfes kamen alle Konstrukteure, auch unabhängig voneinander, zu dem Ergebnis, ein gewölbter Faustkeil stelle die ideale Form dar. Hinten brauchte man eine große Öffnung in der Hülle, um dem Ionenhammer genügend Fläche zu lassen, mit deren Hilfe der an sich eher leistungsarme Antrieb doch noch auf akzeptable Beschleunigungswerte kommen konnte. Nach vorne hatte sich die Form von allen Seiten zu verjüngen, um in Planetennähe zumindest ansatzweise aerodynamischen Erfordernissen zu entsprechen. Außerdem hatte sich die Form bei Treffern von vorne bewährt, egal ob kosmischen oder menschlichen Ursprungs. Die leichte Wölbung, mit der sich ein Miniaturmodell in die fast offene Handfläche schmiegen konnte, brachte taktische Vorteile. An der Unterseite, durch die Wölbung von überlappender Panzerung geschützt, befanden sich die Schleusen. Dort konnte man die Panzerung öffnen, um Beiboote, Minen oder Raketen auszustoßen, ohne ein höheres Risiko einzugehen, sich einen Treffer in den ungeschützten Bauch einzufangen.
So war ein Schlachtkreuzer also so gut geschützt wie eine Schildkröte, doch ebenso wie bei diesem Tier gab es Schwachstellen. Die große Schwachstelle war, wie konnte es anders sein, der Antrieb. Groß wie ein Fabriktor lud er zum hinein schießen geradezu ein. Die Besatzungen hatten somit zwei vorrangige Ziele: Dem Gegner einen Treffer in den Ionenhammer verpassen, gleichzeitig dasselbe für das eigene Schiff verhindern. Daneben existierten allerdings noch weitere Schwachstellen, bedingt durch die unerlässliche Notwendigkeit nach draußen sehen zu können. Die Sensoren, das Teleskop und die zahlreichen elektronischen Horchapparaturen benötigten einen kleinen Durchbruch durch die Hülle, ebenso die Korrekturtriebwerke. Hierdurch zeigte sich die an sich undurchdringliche Hülle mit potenziellen Schwachpunkten übersät wie ein Streuselkuchen. Die Kunst der Entwickler konzentrierte sich auf die Anordnung der Schwachstellen. Diese wurden mit Masse rundum am Heck, an den Seiten und am „Bauch“ positioniert, der Bug, der idealerweise zum Gegner zeigte, wies eine andere Art von Schwachstelle auf: die Bewaffnung.
Durch einen Blendenmechanismus im Normalzustand verborgen, fuhren die Waffen im Kampf aus ihrer eigenen Panzerung heraus. Das Gefecht wurde üblicherweise auf nahe Distanz geführt,