Kampf um Katinka. Thomas Pfanner

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Kampf um Katinka - Thomas Pfanner

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es beschrien, ertönte die weiche Stimme Nagama Tais: »Die haben uns bemerkt. Ionenhammer wird hochgefahren. Beschleunigung setzt ein.«

      »Also schön. Dwight, drei Minuten bis X-Beschleunigung.«

      Der riesenhafte Füsilier knurrte nur abschätzig, stemmte sich aus dem Sessel und marschierte mit raumgreifenden Schritten davon. Die Brückencrew überprüfte still noch einmal peinlich genau die Gurte. Nazifa drehte den Kopf zur Seite, nahm Blickkontakt zu Nagama Tai auf, die etwas erhöht an der Seite der Brücke ihren Platz hatte, nahm ihr Nicken auf und sagte:

      »Die Jacht ist uns unterlegen. Die in der Datenbank aufgeführten acht g übertrifft sie nicht. Mit augenblicklicher Beschleunigung verlängert sich die Aufholjagd um mehr als eine Stunde. Ich schlage vor, wir gehen auf x plus drei und verkürzen um dreißig Minuten.«

      Sie musste die Gründe und die daraus erwachsenen Schwierigkeiten für die Besatzung nicht erwähnen, zu oft waren derartige Manöver schon notwendig gewesen.

      »Gut, zwei Minuten dreißig. Schwerer Beschleunigungsalarm.«

      Der Erste Offizier berührte eine winzige Taste und schon dimmte die Beleuchtung auf ein fahles Halbdunkel, einzelne Lampen begannen zudem, in düsterem Gelb zu blinken. Gleichzeitig raste ein Alarmton durch Schiff, der an das Kratzen an einem rostigen Eimer erinnerte. Durch den Alarm machten sich alle Besatzungsmitglieder binnen Kurzem bereit, größere Belastungen zu ertragen. Normalerweise schaffte der Ionenhammer etwa zwanzig g, soviel vermochte der Gravitationsnegator auszugleichen. Eine höhere Beschleunigung war möglich, in diesem Fall reichte die Energie jedoch nicht aus, das mehr an Beschleunigung auszugleichen. X plus drei bedeutete, drei g mehr vom Antrieb abzurufen, als der Negator aufzufangen in der Lage war. Die Besatzung würde also für die nächste Zeit drei Mal soviel wiegen wie üblich.

      »Fangen wir sie ab, bevor sie den Bereich für Krümmung erreichen?«

      »Auf jeden Fall, Skipper, sie bewegen sich von uns weg und wir kommen aus der Krümmungszone. Bis sie auf der anderen Seite des Systems wieder in den sicheren Bereich gelangen, haben wir sie auch zu Fuß eingeholt.«

      Tadeusz Duda antwortete flapsig, offensichtlich wollte er dem Ersten ein wenig nacheifern. Tanner schnaufte amüsiert durch und wandte sich an den Waffenoffizier: »Istvan, du weißt, was das Ziel ist. Sanfte Gewalt ist das Gebot der Stunde. Erst bewegungsunfähig machen, dann ein schönes Loch schneiden, möglichst weit weg von der Zentrale. Zum guten Schluss ein tiefer Schnitt in den Antriebskanal. Kriegst du das hin?«

      Eine rein rhetorische Frage, dennoch musste sie gestellt werden. Der kleine Mann lächelte spitzbübisch und machte eine wegwerfende Geste: »Kein Problem. Eine Jacht ist kein ernsthafter Gegner.«

      »Schon richtig. Wollen wir hoffen, dass die Burschen da drüben auch zu dieser Erkenntnis kommen.«

      Tanner zog seine Stirn in Falten. Das womöglich bevorstehende Gefecht bereitete ihm keine ernsthaften Sorgen. Wesentlich konkreter erschien ihm dagegen die Möglichkeit, die Leute da drüben könnten sich noch kurz vor knapp ihrer brisanten Fracht entledigen. Sollte sich die Prinzessin tatsächlich an Bord befinden und sollte der Teil der Besatzung, der erst für die Notwendigkeit des Notrufs und anschließend für das abrupte Ende desselben gesorgt hatte, sich dazu entschließen, die Prinzessin über Bord gehen zu lassen, dann würde es wirklich übel werden. Auf große Entfernung war es reine Glücksache, mit den Sensoren einen kleinen menschlichen Körper zu entdecken. Der Kommandant zweifelte keinen Augenblick daran, wer am Ende die Verantwortung für den Tod des Kaiserlichen Sprösslings angehängt bekäme.

      Die Zeit lief ab, Nazifa führte einige Kommandos mit ihren Händen und Unterarmen aus, die von außen nicht sichtbar waren. Sie starrte wieder in ihren Holo, im Zentrum das eigene Schiff, ein gutes Stück voraus und leicht nach rechts unten versetzt die Jacht. Im Holo wurde auch die Ionenspur abgebildet, ein guter Indikator für die eingeschlagene Richtung. Der Lärm an Bord veränderte sich nicht, doch allmählich wurden die Besatzungsmitglieder in die Sitze gepresst. Langsam, dann nach und nach schneller werdend, verringerte sich der Abstand zur Jacht.

      *

      Datenbankauszug 1201

      Kurz vor dem Untergang der Erde gaben einige Erfindungen der Menschheit die Möglichkeit in die Hand, den Planeten in nennenswerter Zahl zu verlassen. Die Hast bei der Entwicklung führte dazu, dass etliche Fragen in Bezug auf die neuen Techniken offenblieben. Durch den Exodus ging dann noch zusätzlich eine große Menge Hintergrundwissen verloren und das für immer, da auch die verantwortlichen Wissenschaftler nicht überlebten. Man kann Maschinen bedienen, ohne viel Ahnung über die inneren Vorgänge zu haben. Praktisch jeder kann zum Beispiel eine Pistole abfeuern, einige Hochbegabte schaffen es, anhand des Anschauungsexemplars Ersatzteile oder auch eine ganze Waffe zu fertigen, fast niemand wird die physikalischen Grundlagen und die prinzipielle Funktionsweise bis ins Letzte verstehen. Um aber das vorhandene Design in entscheidenden Punkten zu verbessern, wäre ein Team bestens ausgebildeter und mit allem notwendigen Wissen ausgestatteter Spezialisten erforderlich. Diese Spezialisten existierten jedoch schlicht und ergreifend nicht, auf keinem der Planeten, die von der ersten Welle erreicht werden konnten. Der Umstand, dass nach dem Exodus im ersten Jahrhundert auf jedem Planeten der Überlebenskampf alle verfügbaren Ressourcen auffraß und niemand die Zeit fand, über Weiterentwicklungen der technischen Grundlagen nachzudenken, trug nicht zur Verbesserung der Situation bei. Nachdem die jeweiligen Bevölkerungen ihre Lebensgrundlage soweit gesichert hatten, dass sie ihren Blick nach draußen richten konnten, begannen unverzüglich die Kriege, die sich bis in die heutige Zeit nahezu pausenlos hinzogen. Erzeugt wurde die Situation durch die unglaublich schlimmen Zustände auf den Planeten. Wohin sich die von der Erde geflüchteten Menschen auch wandten, den Garten Eden fanden sie nicht. Die zur Besiedlung ausgesuchten Planeten wehrten sich gegen die neuen Herren und brachten den nicht übermäßig zahlreichen Siedlern hohe Verluste bei. Die verzweifelte Situation bewirkte eine Veränderung der Herrschaftsstruktur. Es zeigte sich, dass die Tradition der Demokratie zu kurz und zu zerbrechlich gewesen war, um der Rückkehr der in den Jahrtausenden zuvor herrschenden Diktaturen ernsthaften Widerstand entgegensetzen zu können, zumal unter den gegebenen Umständen. Die jeweilige Ausprägung der totalitären Regime variierte von Planet zu Planet, im Ergebnis konnte es der Bevölkerung egal sein. Überall setzte sich eine kleine Gruppe durch und unterdrückte den großen Rest mit aller Härte. Zwar begünstigten die kurzen Entscheidungswege und das rücksichtslose Einsetzen entrechteter Menschenmassen das Überleben als Ganzes, gleichzeitig wohnte jeder Diktatur bereits der Keim für weiteres Elend inne. Im Moment der Wiederaufnahme der Raumfahrt begegneten sich Herrschaftssysteme, die weder willens waren, irgendwelche Kompromisse einzugehen, noch darin Übung hatten, sich mit einem gleichrangigen Konkurrenten in friedlicher Diskussion auseinanderzusetzen. Die Kriege zogen sich schier endlos in die Länge, weil der technische Stand bei allen gleich geblieben war. Die Grundlage der Weltraum- und Waffentechnik entsprach immer noch voll und ganz der, die am Tag des Exodus mit ins Weltall genommen worden war. Die Bevölkerungszahlen der einzelnen Planeten waren einigermaßen vergleichbar und damit auch die militärische Stärke und die industriellen Ressourcen.

      Für Raumschlachten und ganz allgemein für die Raumfahrt ergaben sich mithin zwei Probleme, die seit Urzeiten niemand zu lösen sich die Mühe gemacht hatte, weil der Wissensstand nicht ausreichte und bei pausenloser Kriegsführung weder genug Menschen noch finanzielle Mittel für Grundlagen-Forschung zur Verfügung standen, von der notwendigen Geduld ganz zu schweigen: Energie-Erzeugung und Energie-Transport. Etwas Effizienteres als eine Wasserstoff-Helium-Fusionsmaschine stand nie zur Verfügung. Der für den Normalraum üblicherweise zum Einsatz kommende Antrieb war der Ionenhammer. Dieser benötigte enorm viel Energie, um eine Beschleunigung zu bewirken, die wenigstens im Ansatz militärischen Ansprüchen genügte. Um ab einem gewissen Punkt die Beschleunigungswerte für die Besatzung erträglich zu machen, brauchte es den Gravitationsnegator, der wiederum in puncto Energieverbrauch alles

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