Kampf um Katinka. Thomas Pfanner
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Im Laufe der Zeit und ganz ähnlich vorgehend wie Menschenaffen, nämlich durch Versuch und Irrtum, hatte man in zahllosen katastrophalen Fehlversuchen die ideale Größe für einen Schlachtkreuzer herausgefunden, in dem Gewicht, Manövrier- und Beschleunigungsfähigkeit, Energiebedarf und Maschinenleistung, sowie der Platzbedarf der Crew in optimalem Verhältnis zueinanderstand. Das Ergebnis sah so aus, dass um die sechzig Prozent des Rauminhaltes eines Schiffes für Energie und Antrieb reserviert wurden. Unglücklicherweise handelte es sich sowohl bei den Planern als auch bei den Offizieren der Schiffe um Adlige, die ihren Anspruch auf einen gewissen Lebensstandard in ihre Berechnungen einfließen ließen. Nach der reinen Lehre, wenn man also alle subjektiven Argumente und egoistische Motive außer Acht ließ, lag der Quotient für Energie und Antrieb bei etwas über fünfundsechzig Prozent. Zudem könnte die Panzerung stärker ausgeführt und ein paar zusätzliche Features eingebaut werden, die auf der einen Seite eine nicht geringe Unbequemlichkeit für die Mannschaft mit sich brachten, auf der anderen Seite jedoch einen nicht zu unterschätzenden Vorteil in der Schlacht bedeuten konnten. Glücklicherweise wurden alle Schiffe von Adligen geplant und befehligt, die aus prinzipiellen Erwägungen heraus lieber in der Schlacht starben, als sich nur einen Tag lang irgendwelchen Unannehmlichkeiten auszusetzen.
Zum nicht geringen Entsetzen der Feinde Horaves existierte jedoch eine Ausnahme: die Grizzly.
*
Das Verzögerungsmanöver war sehr brutal verlaufen. Da ein Schlachtkreuzer nur einen Ionenhammer besaß, der aus rein praktischen Gründen das Heck bildete, konnte die Grizzly nur in die Richtung beschleunigen, in die die Nase zeigte. Die Verfolgung eines anderen Schiffes geriet wegen dieses Umstandes zu einem wahren Eiertanz. Das Schiff beschleunigte eine Zeit lang, bis es einen komfortablen Geschwindigkeitsüberschuss gewonnen hatte. Um nicht mit hohem Tempo an der Jacht vorbei zu orgeln, musste es auch wieder abgebremst werden, damit bei Erreichen des anderen Schiffes die gleiche Geschwindigkeit anlag. Dazu wurde die Grizzly um hundertachtzig Grad gedreht, anschließend volle Triebwerksleistung gegeben und dann das Ganze retour. Die Jacht versuchte natürlich, auf jede mögliche Weise ihre Flucht zum Erfolg zu führen. Deshalb führte sie einige Manöver aus, beschleunigte, bremste auch wieder ab, versuchte schließlich eine sich immer weiter zuziehende Hundekurve, damit die Grizzly nicht mehr rechtzeitig abbremsen konnte und vorbeiflog. Dies alles zwang Nazifa dazu, jedes Manöver des Flüchtlings mitzugehen, die Vektoren und Beschleunigungen anzupassen. Im Ergebnis tanzte das Schiff hin und her, drehte sich ständig, bremste, beschleunigte, passte den Kurs an. Natürlich hatte die schwächer motorisierte Jacht keine Chance, dennoch wurde die Verfolgung gerade im Endanflug zu einem waghalsigen Unterfangen. Glücklicherweise kompensierten die Negatoren auch die raschen Drehbewegungen.
»Noch sechzig Sekunden bis Waffenreichweite.«
Nazifa starrte hoch konzentriert auf das Holo, mit einem halben Auge auf ihr kleines Datenfenster und schaffte es nebenbei auch noch, Istvan kurz anzulächeln.
»Alle Waffensysteme klar zum Gefecht«, meldete er kurz und versenkte sich in seine Anzeigen.
Roscoe Tanner tippte auf ein Feld neben dem rechten Display, mit dem er die interne Kommunikation steuerte: »Füsiliere: bereitmachen. In zwei bis vier Minuten erfolgt Ausschleusung.«
Die knarzende Stimme Anheusers quittierte knapp. Er klang gerade so, als ob er bereits an seiner Leine zerrte und die verbleibende Wartezeit als ungeheuer nervend empfand. Die Füsiliere befanden sich bereits an Bord der Sturmboote, winzige, stark gepanzerte Nussschalen, die unbedarften Normalbürgern klaustrophobische Panikattacken verschafften. »Die Jacht stellt den Ionenhammer ab«, meldete Nagama, horchte in den Ohrstecker hinein, um anzuschließen: »Sie rufen uns.«
Tanner schüttelte den Kopf und stützte ihn sodann in den linken Arm, die für ihn typische Geste, wenn er fassungslos und erstaunt, aber nicht besorgt war.
»Aufschalten.«
Das jeweils linke Display vor dem Kommandantensessel und den Sitzen des Ersten und Zweiten Offiziers wechselte von reiner Datenanzeige zur durchsichtigen Variante. Durch die sich langsam bewegenden Kurven und Textzeilen war nun das Bild eines Mannes zu sehen, dem man die skrupellose Brutalität förmlich ansehen konnte. In einem runden, mit Schweiß bedeckten Gesicht glitzerten tückische Augen, die sich unruhig bewegten. Eigentlich wirkte er wie der Prototyp des professionellen Gewalt-Verbrechers, inklusive der wie arrangiert wirkenden Narbe auf der linken Wange. Eine frische Platzwunde an der rechten Augenbraue, gerade ausgeblutet und noch ohne Kruste, störte das Bild jedoch erheblich. Offenbar hatte der Kerl seinen letzten Kampf nicht mit der zu erwartenden Souveränität gewonnen. Irgendwo tief verborgen hinter der unbewegten Miene schien die gehetzte Ruhelosigkeit des in die Enge getriebenen Tigers hindurchzuscheinen. Nach außen gab der Mann den arroganten Großkotz. Mit leicht näselnder Stimme, die ein ganz klein wenig quengelig wirkte, spuckte er große Töne: »Das ist nahe genug, Horave. Wir haben die Prinzessin. Also macht nichts falsch, ja? Ein Schuss von euch und ich schneide das Früchtchen in Stücke. Ihr werdet die Nase wegdrehen und hübsch kräftig abbremsen. Bestätigen Sie.«
Tanner biss die Zähne aufeinander, um nicht zu grinsen. Er mochte falsch liegen, aber die abfällige Bezeichnung für eine Kaiserliche Tochter und die Platzwunde mussten einfach in Bezug zueinanderstehen. Im Grunde verabscheute er die Adligen wegen zahlreicher Dinge, unter anderem, weil sie allesamt Feiglinge waren. Die Prinzessin schien da etwas anders gestrickt zu sein. Und zu seiner nicht geringen Freude durfte er heute seine Abscheu über die Kaiserin im Rahmen seines taktischen Konzeptes frei ausleben. Bei aller Gefahr für seine Zukunft und die seiner Besatzung erlaubte er sich dennoch, seine Freude für den Kerl hörbar werden zu lassen. Mit triefendem Sarkasmus gab er ihm den Blues: »Junger Freund, ich fürchte, Sie müssen sich etwas anderes überlegen. Dies ist zwar ohne jeden Zweifel ein Schiff der Kaiserlichen Flotte. Ich bin aber nicht im Mindesten adlig. Ich bin Captain Roscoe Tanner. Dies ist die Grizzly. Ergeben Sie sich, oder Sie werden zerstört. Mit allem, was sich an Bord befindet. Entscheiden Sie sich jetzt. Wie ist mir furzegal.«
Das war natürlich glatt gelogen, aber das konnte der Kerl auf dem Display nicht wissen. Was er wusste, ließ ihn auf der Stelle erbleichen. Kaum jemand kannte die Wahrheit, alle kannten die Legenden, die sich um die Grizzly rankten. Das gefürchtete Außenwelter-Schiff! Schlachtschiff der Hölle! Nie hatte es gegenüber hochgestellten Gegnern auch nur den Hauch von Gnade gegeben. Der Captain drohte niemals, um damit etwas kampflos zu erreichen, er setzte es immer in die Tat um. Immer!
Dem namenlosen Verbrecher wurde schlagartig bewusst, dass er eine Geisel hatte, die er gegenüber jedem Schiffskommandanten Horaves beliebig einsetzen konnte. Nur gegen einen überhaupt nicht, und genau dem war er begegnet. Tanner betrachtete den nun sehr blassen und stark schwitzenden