Augusta - Ihre Ehe mit Wilhelm I.. Helmut H. Schulz

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Augusta - Ihre Ehe mit Wilhelm I. - Helmut H. Schulz страница 20

Augusta - Ihre Ehe mit Wilhelm I. - Helmut H. Schulz

Скачать книгу

Professor Curtius und Hoffmann, ein Chemiker, also immerhin Bürgerliche, nicht Hoffähige. Gereicht wurde Tee, Früchte, Eis. Die Prinzessin führte das Wort, ganz im Bewusstsein ihrer geistigen Gaben, einer bestimmten Überlegenheit, die auch vor Fachfragen nicht anhielt. Manchmal zeigte ihr Gesicht schon die gespannte Aufmerksamkeit der späteren Kaiserin, die zuhörte, auf dem Sprung, ihren Spruch loszuwerden, einzugreifen, sich Geltung zu verschaffen. Und die anderen, die Herrschaften ihres Hofes, der Graf Perponcher, Albedyll, Herr von der Goltz, die Flügeladjutanten, zu deren ureigensten Aufgaben stets gesellschaftliche Verpflichtungen gehört hatten. Aber die Situation ihrer Ehe war verändert; trat Wilhelm jetzt herein, dann empfand ihn Augusta als einen Feind oder Fremdkörper. Sie war verletzt, und konnte sich nicht von dem inneren Druck befreien, der anwuchs, wie sie wohl fühlte. Noch zwang sie sich zur Liebenswürdigkeit, der sie fähig war, wenn sie es wollte. Sie ließ ihren Geist glänzen, spielte sich auf den bewunderten Mittelpunkt herauf, sich der Schwäche ihrer Rolle genau bewusst. Was sie kaum geahnt hat, ist die Wirkung, die ihre Glanzrolle auf ihn inzwischen hatte.

      Schon im ersten Ehejahr hatte Wilhelm, dem es nicht etwa an Verständnis für die Geistesgaben und den scharfen Verstand seiner Frau fehlte, Augusta ersucht, sich nicht zu tief in Diskussionen einzulassen, die seiner Ansicht über ihre Sachkenntnisse hinausgingen. Er pflegte vor allem den Altersunterschied herauszustellen. Was er selber aus Standesbewusstsein für sein Recht gehalten hätte, einem älteren Professor einfach ins Wort zu fallen, das wollte er bei seiner Frau nicht dulden. Man hat sich hierzu eine Runde hoch gelehrter Geister und tief talentierter Künstler vorzustellen, alles, was die eigentlich neue Gesellschaft Berlins oder Preußens ausmachte, um über Politik, Philosophie, Technik und Kunst zu debattieren. Die Lebhaftigkeit seiner jungen Frau ärgerte ihn, sie griff ihm zu oft als Gleiche unter Gleichen ein, stritt sich mit Fachleuten, wie Wilhelm die Sache ansah. Eine Fürstin sollte an ihrem Stand genug haben, und anderen die Kärrnerarbeit des Geistes überlassen; eine Prinzessin musste nicht auch nur annähernd Bescheid über irgendetwas wissen, zumindest aber ihre Vorstellungen nicht mit all und jedem auf eine Ebene auszutauschen suchen. Diese Haltung ging nicht allein auf eine seiner Schrullen zurück; sie gehörte zum Standesdenken; es hatte sich die Fürstin dem Fürsten unterzuordnen, nicht aber mit ihm zu messen, und er spürte genau, welche Nachricht sie ihm mit der Feststellung ihrer geistigen Überlegenheit zukommen lassen wollte. Wilhelm räumte vor anderen auch ein, dass sich seine Frau mit scharfer Urteilskraft und gereiftem Verstand wohl in die anstehenden Streitereien mischen konnte. Was ihm daran nicht gefiel, liegt nicht einmal bloß auf dem Gebiet seiner schwer zu ergründenden Eitelkeiten. Sein erzener Standesbegriff hinderte ihn daran, den Gesprächen einfach aufgeschlossen zu folgen, Argumente gegeneinander abzuwägen, und für sich selbst Gewinn aus einem tieferen Gespräch zu ziehen. Wäre die Befehlsebene ganz praktisch zu Gunsten einer menschlich freien Gesellschaft aufgehoben worden, und eine Meinung, auch eine völlig richtige und zutreffende, hätte es der Genehmigung einer anderen Ansicht durch einen Fürsten eben nicht mehr bedurft. Dies aber empfand Wilhelm als den Anfang vom Ende der Lebensgrundlagen des Fürstenstaates, und seine Frau dachte ebenso. Musste schon eine Fürstin eigentlich nichts anderes sein als Fürstin, um wie viel mehr ein Prinz unter Prinzen und Inhaber eines Generalkommandos. Und irgendwie stößt die Bemerkung Wilhelms zum Verhalten seiner Frau auf ein weiter gehendes Problem. Widerspruch war bereits Majestätsbeleidigung, und da es Gebiete gab, in denen das Machtverhältnis wirkungslos blieb, hielt sich der Inhaber der Befehlsgewalt aus der bürgerlichen Debatte besser heraus, in der er nicht bestehen konnte. Augusta hingegen liebte den belebenden Dialog auch im Streit; in ihren Vorstellungen büßte sie nichts an dem ihr zukommenden Respekt ein, wenn sie im Gespräch korrigiert wurde. Eigenartig, diese Frau, deren persönlicher Hochmut tief verletzen konnte, bewegte sich mit anderen, unter anderen mühelos in diesem Streitelement.

      Oft wird Preußentum eo ipso als bildungsfeindlich bezeichnet; das stimmt keineswegs generell. Viel eher zeigt sich der Machtbegriff unverhüllt in der Standesgrenze. Bezeichnenderweise sollte Wilhelm Jahre später dem Präsidenten der verfassunggebenden Nationalversammlung daran erinnern, dass er, Wilhelm, vor allem ein deutscher Fürst sei, dem an der Krone aus den Händen des Volkes, also gewählter Deputierter nicht das mindeste läge. Selbst die Kaiserproklamation hätte an diesem Denken scheitern können, weil Wilhelm nicht als Kaiser von Deutschland gekrönt werden wollte. Dazwischen lag noch eine Handlung, die seiner Selbstkrönung; ein Akt, der alle auf das höchste befremdete. Wir werden den Fall noch zu sehen bekommen.

      War Augusta allen Themen und Personen offen, so kam es ihm bei einem Gespräch vor allem auf die gesellschaftliche Kompetenz an, die durch Stand oder Geburt festgelegt wurde. Er maß den Gesprächspartner immer an seinem Rang, auch wenn er einen notorischen Blödian vor sich hatte; sie hingegen maß jedermann an seinen natürlichen Gaben. Deshalb liest man, er sei ein männlicher Charakter gewesen; das war er, ein schreiender Gegensatz zu seiner lebhaften, beweglicheren Gattin, aber eine femme d’esprit , die Frau vom Geist eines bürgerlichen Salons, durfte eine verheiratete, zumal mit einem Preußen verheiratete Fürstin seiner Ansicht nach nicht sein oder bloß sein wollen, ohne sich was zu vergeben. Sie suchte gesellschaftliche Nähe, er duldete sie; sie ordnete nach Verdienst ein, er nach Geburt, und er mag sie oft genug in diesem Sinne gerügt haben, ritterlich zwar, denn das war er ebenfalls, aber an dieser Art Ritterlichkeit lag ihr bedeutend weniger, als er auch nur ahnte.

      Mancherlei Gerücht kursierte auch über Augusta, und jeder Nachrede hat Wilhelm zeitlebens eine große Bedeutung beigelegt. Überdies stritt sich die junge Augusta auch öffentlich mit ihrem General, wenn sie anderer Meinung war als er, was Wilhelm für vollkommen unzulässig hielt. Eine Jakobinerin, als welche die junge Fürstin in Berliner Hofkreisen galt, war sie natürlich nicht. Jakobinertum dachte sich Wilhelm immer nahe beim Königsmord liegend, aber die Zeit der Herrschaft eines Robespierre und des Revolutionstribunals, die Zeit, in der ein Theoretiker der befreiten Welt bei den Abendsitzungen des Jakobinerklubs seine Reden und vorgeschlagenen Maßnahmen zu testen pflegte, so dass der Klub eines der wichtigsten Machtorgane der Republik geworden war, diese Zeit lag noch keine vierzig Jahre zurück und war in frischer Erinnerung. Der Liberalismus Augustas war nicht Mode und Erziehung. Es erwies sich, dass ihre Grundsätze für die Bildung junger Fürsten noch durchaus auf den in Weimar eingesogenen Vorstellungen beruhten. Bei der Geburt ihres ersten Kindes hatte Goethe, inzwischen hochbetagt, die freundlichste Gratulation geschickt, mitempfindend und im frohen Behagen, wie er schrieb. Sie war also nicht vergessen; auf dieser deutschen Erde lebte noch einer, der sie verstand und mit ihr zu fühlen wusste. Bismarck hat diesen Sachverhalt später scharfsinnig genug erkannt; er führte alle Schwierigkeiten mit der Königin und Kaiserin auf ihre Weimarische Bildung zurück. Von der er selbst wenig hielt, versteht sich. Das Billett des Geheimrates konnte für Augusta in der Tat nur Mahnung sein, sich der Erziehung des Sohnes, der Erfüllung von auferlegten oder selbst gestellten Pflichten nicht billig zu entschlagen, nur weil man hier in Preußen anders über den Wert des Menschentum dachte. Wilhelm verursachte allein schon das Gerücht, seine Frau neige zum Jakobinertum eine Gänsehaut; nicht zu übersehen ist, dass ihr Einfluss auf den langsam denkenden Wilhelm, mit seinem starren Bild von Pflichtauffassung und Standesdenken, in den ersten Jahren ihrer Ehe schwankend war. Die Ehekrisis sollte schneller eintreten, als sie erwartete. Dazu trugen die schwieriger werdenden äußeren Umstände nicht wenig bei, auch die kleinen und kleinlichen, da Augusta mehr Geld für ihre eigene Hofhaltung zu fordern begann, als vordem. Noch war Wilhelm bloß General, noch war er abhängig von seinem obersten Dienstherren und Vater, der seine Wünsche nach wie vor schriftlich in Befehlsform an den Sohn weitergab. Augusta aber hat in diesen Jahren nicht nur begonnen, nach einem eigenen Lebensstil zu suchen, sie tat auch ohne Zweifel einen Blick in das Leben ihres Herren Gemahls. Noch hatte sie nicht aufgegeben. Man reiste, um sich zu ergötzen. Und nicht ganz ohne bestimmtere Absichten. Der Vorfall liegt zurück, vor dem Hausbau und der Geburt des jungen Friedrich Wilhelm.

      Конец ознакомительного фрагмента.

      Текст предоставлен ООО «ЛитРес».

      Прочитайте эту книгу целиком,

Скачать книгу