Sisgard und Alveradis. Norbert Wibben

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Sisgard und Alveradis - Norbert Wibben Eila - Die Leuchtende

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kalten Licht. Hin und wieder ist das entfernte Gebell von Hunden zu hören, die dem Donnern antworten. Albin bleibt davon aber ungerührt. Er läuft ruhig vor ihnen her. Als sie in dem dichten Regen die ersten Häuser eines kleinen Ortes erkennen, beschließen sie, dort das Unwetter vorüberziehen zu lassen. Vor ihnen dringt gelber Lichtschein aus den Fenstern eines Gasthofs, den sie erleichtert betreten. Im Vorraum schüttelt Albin sich ausgiebig, während die jungen Zauberer ihren Regenschutz ausschütteln. Ihre Hosen sind an den Beinen völlig durchnässt, obwohl ihre Oberkörper trocken geblieben sind.

      Den Gastraum betretend, empfängt sie die wohlige Wärme eines großen Kaminfeuers. Dankbar stellen sie sich davor und reiben ihre klammen Hände. Nach einer Weile bemerken sie, dass der vorher leere Raum wohl nicht mehr ihnen allein gehört. Sie drehen sich um und blicken in das freundliche Gesicht eines gemütlich wirkenden Gastwirtes.

      Er zeigt ein breites Lächeln, als er sie fragt: »Wo soll es denn bei diesem Wetter hingehen? Da wird doch nicht einmal ein Hund vor die Tür gejagt.« Er grinst nun etwas. »Einer offensichtlich schon, aber er ist ja nicht alleine unterwegs. – Was kann ich für euch tun, möchtet ihr eine heiße Suppe? Es gibt heute Linsensuppe nach Art des Hauses, das heißt mit ordentlich durchwachsenem Speck darin und hausgemachten Bratheringen dazu.«

      »Das hört sich verlockend an! Wir möchten davon zwei große Portionen. Unser Hund hätte aber sicher gerne ein ordentliches Stück Wurst oder Fleisch« antwortet Finley, nachdem Eila zustimmend genickt hat. »Wir sind auf der Reise zu unseren Großeltern an der Südküste«, ergänzt er, wobei er einen kleinen Ort nennt.

      »Da habt ihr aber noch eine große Strecke vor euch. So wie das aussieht, wird sich das Wetter heute nicht mehr ändern. Wollt ihr vielleicht hier übernachten? Ich habe zwar keine Gästebetten, dafür ist das Heu im Stall aber trocken und wärmt ganz ausgezeichnet.«

      »Wir möchten eigentlich heute noch weiter, da der vor uns liegende Weg noch weit ist. Trotzdem Danke für das Angebot. Vielleicht nehmen wir es ja doch noch an. Zuerst möchten wir uns noch etwas aufwärmen und natürlich die Linsensuppe versuchen.« Finley ist vorsichtig. Der Wirt wirkt nicht gefährlich, aber sie könnten noch einen halben Tagesmarsch zurücklegen, wenn sie nicht hierbleiben.

      Sie setzen sich in die Nähe des Feuers an einen Tisch. Albin hat sich bereits zufrieden vor dem offenen Feuer ausgestreckt. Der Wirt verschwindet durch eine Tür, um das Gewünschte herbeizuholen.

      Nach wenigen Augenblicken bringt er dem Hund eine Schüssel mit Wasser und fragt seine Gäste: »Möchtet ihr auch Wasser oder etwas anderes?«

      »Wir nehmen gerne heißen Pfefferminztee, falls sie welchen haben«, antwortet Eila.

      »Natürlich, ich nehme die Blätter dafür frisch von Pflanzen in meinem Garten. Eine gute, alte Bekannte liebt diesen Kräutertee über alles, also habe ich genügend davon vorrätig.« Während dieser Worte schaut er sie etwas lauernd an. Oder war das nur Einbildung? Eila ist sich nicht sicher. Der Wirt eilt geschäftig hinaus, um ihnen bald darauf den belebend duftenden Tee in zwei Steinguttassen zu bringen.

      »Falls ihr mögt, könnt ihr etwas Honig hineingeben, ich bevorzuge ihn aber ungesüßt.« Lächelnd stellt er einen kleinen Steinguttopf auf den Tisch, aus dem ein runder Holzstiel hervorschaut. »Die Suppe kommt in zehn Minuten, sie muss noch einmal kurz aufkochen.«

      Nach dem Essen fühlen sich die jungen Leute ausgeruht, so dass sie beschließen, trotz des Regens das Angebot zur Übernachtung nicht anzunehmen. Außerdem fühlen sie sich hier nicht wohl, der Wirt erscheint ihnen zu redselig. Sie bedanken sich und erstehen etwas Proviant für den weiteren Weg. Dann brechen sie auf. Der Himmel ist jetzt nicht mehr so dunkel, aber aus der geschlossenen, grauen Wolkendecke schüttet ein andauernder Landregen herab.

      Gegen Abend lässt er langsam nach, um schließlich ganz zu versiegen. Viele Pfützen stehen auf dem unebenen Weg, denen sie aber ohne Probleme ausweichen können. Jetzt sehen sie vermehrt mit Steinmauern oder Weißdorn umgrenzte Weideflächen, auf denen Schafherden grasen. Bevor es ganz dunkel ist, sehen sie auf einer der Weiden einen baufälligen Schafstall. Sie beschließen, dort die Nacht zu verbringen. Die Wände bieten Schutz vor dem aufkommenden Wind. Das Dach weist allerdings viele Lücken auf. Das eintönige Tropfen der letzten Feuchtigkeit vom Dach herab lässt sie bald einschlafen.

      In der Nacht wachen sie von Albins warnendem Grollen auf. Sie erheben sich und blicken an einer Wand vorbei hinüber zum Weg. Dort sehen sie eine dunkle Masse. Sie hören ein leises Wiehern und Schnauben von Pferden und deutliche Menschenstimmen.

      »Wir sollten den alten Unterstand untersuchen, dort könnten sie Schutz gegen den Wind gesucht haben.«

      »Vielleicht sind sie aber doch Richtung Süden unterwegs?«

      »Ich schaue jedenfalls hier nach«, worauf sich ein kleinerer, dunkler Schatten auf sie zubewegt.

      Schnell entschlossen wendet Eila ihre erprobten Sprüche an. »Torpor« stellt Albin ruhig. Sie berührt Finley und Albin und murmelt »Cuddio diogelu.« Nun befinden sie sich im Boden des Schafstalls. Eila streckt ihre Hände nach oben und beschreibt mit ihnen eine Kuppel, während sie: »Occulo magus, Firmo defensio, Anghofio, Miscere und Sgiath«, murmelt. Während der Sprüche knistern und leuchten ihre Haare erneut mit einem rotgoldenen Schimmer an den Spitzen. Erst nach geraumer Zeit erlischt er.

      Finley flüstert ihr zu: »Du musst etwas gegen das Leuchten deiner Haare unternehmen. Irgendwann verrät dich das!«

      »Wie, meine Haare erhellen sich? Das ist mir bisher nicht aufgefallen. Ich habe wohl ein Kribbeln verspürt, was ich als Folge meiner Konzentration auf den jeweiligen Zauber gedeutet habe. Erdmuthe hat mir davon auch nie etwas gesagt«, flüstert Eila erschrocken. »Hoffentlich war das jetzt nicht draußen zu sehen!«

      In diesem Moment kommen zwei Schatten um die Mauerecke. Sie durchsuchen den Unterschlupf und leuchten mit Windlichtern in jeden Winkel, finden aber nichts.

      »Ich hätte schwören können, dass hier gerade noch ein Lichtschein zu sehen war.« Sie erkennen diesen Mann an seiner Stimme, es ist der Wirt aus dem Gasthaus.

      »Die beiden werden harmlose junge Leute sein, die tatsächlich auf dem Weg nach Süden sind«, antwortet der andere.

      »Ich bin mir nicht sicher. Ich meinte, dass mich das Mädchen forschend anblickte, als ich die alte Bekannte mit ihrer Vorliebe für Pfefferminztee erwähnte. Ich hatte gehofft, falls jemand zur Ausbildung bei Erdmuthe gewesen ist, wird er sicher auf meine scheinbar harmlose Bemerkung reagieren.«

      »Könnten die beiden doch von Erdmuthe kommen und sich so gut verstellt haben, dass sie dich täuschen konnten?«

      »Kann sein, darum sollten wir noch weiter in Richtung Osten suchen.«

      »Aber wenn sie aus Richtung der Klosterruine gekommen wären, hätten sie unsere Sperre passieren müssen. Haben die beiden etwas darüber erzählt?«

      »Das haben sie nicht. Sie sahen auch nicht so aus, als wenn sie eine Auseinandersetzung mit den Wölfen der Sperre gehabt hätten. Selbst wenn sie Zauberer sein sollten, wären sie erst Zauberlehrlinge, so jung wie sie aussahen. Gegen neun Wölfe hätten sie nicht ohne kleinere Schrammen bestehen können.«

      »Das spricht doch dafür, dass wir umkehren können. Warum sollen wir auf diesem Weg weitersuchen?«

      »Dies ist die kürzeste Verbindung zu einer möglichen Ausbildung bei Sisgard. Wenn wir sie bis zum Morgen aber nicht finden, werden sie doch wohl keine Zauberlehrlinge sein. Bearach hat uns dann unnötig um unseren Schlaf gebracht.«

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