Der Attersee in der Literatur des 19. Jahrhunderts. Franz Roither (Hrsg.)
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Ich rathe Ihnen daher, um alle Gefahr jenes Ehemannes zu vermeiden, der an der Schönheit seiner zärtlichen Gattin Langeweile bekam, den Attersee nicht der Länge nach zu befahren; sondern bey Undrach in seiner grössten Breite, die ungefähr 5/4 Stunden beträgt, überzusetzen. Da übersehen Sie ihn in seiner ganzen weiten meergrünen Länge hinauf, und die Eintönigkeit seiner Hügel verschmilzt in dem Ideale einer Seebucht, an deren Eingang der kuglige Buchberg einen schönen Vordergrund bildet. Die steilen Wände der Burgau, und die Wand der rauhen Scharte, die seinen südlichen Horizont begränzen; in der westlichen Ferne der abgerissne Gipfel des Schafberges und der Drachenstein und der Schober beleben in tausendfältigen Formen das grosse Tableau, das hier, aber auch nur hier, der Attersee gewährt. Ich habe meine Seen in Oberösterreich studirt: verzeihen Sie mir meine Schwatzhaftigkeit, wenn ich von ihnen zu sprechen komme. Mir gewährte dieses Studium hohen Genuss ; ich suchte Monate lang im Jahre zu Hause der Wahrheit nach; warum sollt es mir nicht vergönnt seyn, mit eben dieser Gewissenhaftigkeit aufzuspüren, was schön ist in der Natur, und, wo ich es gefunden habe, die Freunde des Schönen einzuladen zum Genusse, und ihnen denselben zu erleichtern. Ich habe viele wackere Künstler verführt, an diese Seen zu kommen: sie haben mir es gedankt; und ich hoffe, das Publikum wird es Ihnen danken, dass sie hier studirten.
Wenn der Westwind Ihren Segel schwellet, so sind Sie in einer halben Stunde in Weissenbach, einem Weiler am östlichen Ufer des Sees in einer düsteren Gegend. Hier können Sie nun den Stürmen trotzen: denn es mag stürmen, wie es will, so kommen sie trockenen Fusses durch die Fichtau in vier Stunden nach Gmünden. Aber auch nur dann, wann es stürmt auf den Seen, rathe ich Ihnen diesen Weg einzuschlagen. Sie treffen zwar sehr schöne Waldpartieen auf diesem Wege, und in jedem anderen Lande, als im Salzkammergut, würde die Fichtau, und die ganze Strecke, die die Landenge zwischen dem Attersee und dem Gmündner See bildet, eine paradiesische Gegend heissen, die man von fern her besuchte: allein das Salzkammergut hat Thäler von höherem Werthe.
Lassen Sie also den guten dicken Wirth in Weissenbach seine eben so gut genährten Rappen mit dem rothen Federnbusche – es ist eine allgemeine Sitte in Oberösterreich, die mich immer an Italien erinnerte, den Scheitel des Pferdes mit einem kleinen rothen Federbusche oder einer Quaste zu zieren. Nirgendwo als in Oberösterreich sah ich diesen Zierrath – einspannen, und sich nach dem vorderen Weissenbache an der Traun hinfahren. Sie rollen durch prächtige Waldpartien hin, erst einem Waldbach entgegen, dann neben den schäumenden Wogen eines anderen hinab, der das herrliche Schauspiel eines kleinen aber schönen Wasserfalles gewährt. Vergessen Sie nicht, Ihren Fuhrmann bey dem sogenannten Aufzuge halten zu lassen, und besehen Sie sich hier die sinnreiche Vorrichtung, durch die man Holz über Berg und Thal bringt. Ich habe sie in meinen Briefen an Hrn. Hofrath Beckmann umständlicher beschrieben.
Ohne alle barometrische Messungen werden Sie auf diesem kurzen Wege von beiläufig 2 Stunden bemerken, dass der Attersee höher liegt, als der Gmündner See. Sie müssen an mehreren Stellen, die Sie vom hinteren Weissenbach herabfahren zur Traun, ein Rad sperren, und nie werden Sie diese Umständlichkeit auf dem Wege von der Traun zum hinteren Weissenbache nöthig haben.
Josef Eduard Mader
Doktor Josef Eduard Mader war der älteste Sohn des Prager Rechtsgelehrten und Numismatikers Joseph Ritter von Mader. 1809 erschien in Prag das Buch „Reise von Böhmisch=Krumau durch das Oberennsische Salzkammergut nach Salzburg und Berchtesgarden. Im Herbste 1807.“ In der Einleitung schrieb Mader: „Ich reißte weder als Oekonom, noch als Naturforscher, oder als Publizist, sondern als Menschenfreund, und als ein warmer Verehrer der schönen Natur, der vielleicht nicht immer mit unbefangenen Augen sieht, sich bisweilen von seinem Eifer hinreissen läßt, und auf jeden Fall nur die Eindrücke schildern will, welch die Gegenstände auf ihn machten, die Gefühle womit sie seine Seele erfüllten. An den Attersee kam Mader leider nicht.
[...] Den 4ten Tag hätten wir die Gegen zwischen dem Man- und Attersee untersucht, den schönen Wasserfall bey Undracht besehen, und hätten diesen Riesen unter den Oberensischen Seen, der 10.300 Klafter lang, und 1745 breit ist, in seinem längsten Durchschnitte bis Schörfling befahren. Von hier wollten wir über Wolfegg und Grieskirchen und Efferding, um von dort aus auf dem weiter unten beschriebenen Wege nach Böhmen zurückzukehren. Sed Dii non voluerunt!
Eine Verrenkung meines Freundes, die ihn zum Gehen untüchtig machte, zertrümmerte dieses schönen Pläne, und nöthigte uns, den folgenden Morgen mit einer Linzer Retourgelegenheit auf der langweiligen Poststraße gerade nach Wels zu fahren.
Wir passirten Neumarkt, einen überaus schönen, vier Stunden von der Hauptstadt [Salzburg] entfernten Markt, an der Gränze zwischen Salzburg und dem Innviertel, Straßwalchen, Frankenmarkt, Vögglmarkt, und Vögglabruck, und übernachteten in Schwanstadt (Schwanastadt, in der Schwane). Eine fruchtbare, anmuthige Ebene war die Gegend, soweit das Salzburgische Gebiet reichte, obschon der neblige Morgen uns viel von ihren Reizen entzog. [...]
Mittags speisten wir zu Frankenmarkt, der Oesterreichischen Einbruchstazion im Traunviertel, und dem Postwechsel zwischen Neumarkt im Salzburgischen, und Vögglabruck in Oberösterreich, wo die Zöllner uns so genau durchsuchten, als wenn wir Juden wären, die auf den nächsten Jahrmarkt wollten.
Der Markt besteht fast aus lauter Wirthshäusern, und die Einkehr macht bei dem starken Waarenzuge auf dieser Strasse die Hauptnahrung der Einwohner aus, da mir die Gegend sehr ärmlich scheint, und meist nur Kartoffeln und Flachs hervorbringt. Durch angenehmer Wälder eröffnete sich die weitgedehnte Ebene, in der Vögglabruck liegt, eine landesfürstliche Stadt am Flusse der Vöggl, die bey ihrer vortheilhaften Aussenseite mich durch die Oede und Stille in ihrem Innern um so mehr überraschte, als sie auf einer Hauptkommerzialstrasse liegt, der Postwechsel zwischen Lambach und Frankenmarkt ist, und hier immer eine bis zwey Kompagnien Soldaten liegen.
Franz Sartori
Doktor Franz Sartori veröffentlichte 1813 im „Verlage bey Anton Doll“ das Buch „Die österreichische Schweiz; oder mahlerische Schilderung des Salzkammergutes in Oesterreich ob der Ens“.
Wir wollen das schönere Horn dieses Sees [= Mondsee], das östlich von Scherfling gen Undrach hinabrudern. Da sieht uns der Drachenstein nach, der uns im Rücken bleibt; der Thurm von Lorenzen verschwindet uns bald mit seiner westlichen Ebene, und wir sehen im Spiegel des Sees verdoppelt die schroffe Kienbergwand, und das graue Steingebirge in der Ferne. Kreisend tanzen die grünen Wogen um uns, und schaukeln den hohlen Baum, der uns trägt, hinab in die freundliche Aue. So heißt das Dörfchen, das in der Ebene vor uns da ligt am östlichen Ufer des Sees, wo wir landen.
Da rauscht ein mächtiger Bach (der Atterbach), in dem der See sich ergießt, den wir befuhren, hinab an den Felsenwänden der rauhen Scharte, und ein freundlicher Landweg führt uns durch Labyrinthe von lebendigen Zäunen und Obstgärten, die murmelnde Quellen durchsprudeln, in nicht gar ¾ Stunden nach Undrach, einem artigen Dörfchen von einigen 60 Häusern.
Da steht man nun an dem schönsten Hafen des österreichischen Oceans, an dem meergrünen Attersee. Weiter als dritthalb Meilen weit sieht man eine seladongrüne Wasserfläche vor sich ausgegossen: ein hellgrüner lichter Streifen, der durch seine ferne Mitte queer durchfährt, scheint seinen Horizont zu theilen und gibt ihm das große Ansehen einer weiten Meeresbucht, die tief in das Land hineinzieht. Der Wind muß gut seyn, der einen in 4 Stunden von Undrach nach Kammer, die ganze Länge des Sees von Süden gen Norden hin, steuern läßt: trifft man widrigen Wind, so kann