Die Narben aus der Vergangenheit. Sabine von der Wellen
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die Narben aus der Vergangenheit - Sabine von der Wellen страница 6
Wir seifen uns gegenseitig ein und Carolin versucht mich immer wieder mit sehnsuchtsvollen Küssen zu locken. Aber ich weiß, ich darf nicht zu hochfahren. Ich habe noch viel vor und will in dieser Erwartungshaltung noch einige Zeit verharren. „Warte“, hauche ich deshalb und kann über ihren Schmollmund nur lächeln. Selbst beim Abtrocknen muss ich sie ein wenig zurückweisen und dann, als ich sie ins Wohnzimmer ziehe, sieht sie, was ich vorbereitet habe. Ihre Augen funkeln in freudiger Erwartung, als ich Blueneck anstelle. Ich puste eine Kerze aus und decke das Display mit einem Handtuch ab.
Die Wohnung wird nur noch vom Schein einer Kerze erhellt. Langsam drehe ich mich um und sehe Carolin an, die dasteht, als wäre sie festgewachsen. Ihre Augen funkeln.
Ich gehe langsam auf sie zu und meine innere Anspannung steigt. Mir ihre Konturen einprägend, trete ich an den Tisch heran.
„Erik?“, haucht Carolin verunsichert.
Ich bücke mich und puste auch das letzte Licht aus.
Mich packt sofort die Erregung und als meine Hände sich auf ihre Arme legen, ist alles wie an dem Abend, als ich sie zu diesem Deal nötigte, der der Anfang von allem war. Jede meiner Berührungen entlocken ihr ein Seufzen und ich erforsche ihren Körper in dieser Dunkelheit und erinnere mich daran, wie es beim ersten Mal war. Bloß diesmal ist meine Anzahl an Küsse nicht begrenzt und ich schiebe ihr meine Zunge zwischen die Lippen, wann immer ich sie treffe.
„Komm!“, locke ich sie und lege ihre Hände auf meine Brust. Auch sie beginnt mich zu streicheln, zu fühlen, zu genießen … mit allen Sinnen, die die Dunkelheit bis ins Unermessliche steigert. Selbst unsere Küsse werden zu einem Erlebnis der besonderen Art. Wir streicheln uns und küssen uns mit einer Leidenschaft und Hingabe, als wäre es wirklich das erste Mal und doch mit der Intensität, die man nur in einer längeren Beziehung erreicht. Wir lassen nichts aus und in mir tobt das Verlangen wie ein Buschfeuer. Irgendwann ziehe ich sie durch die Dunkelheit ins Schlafzimmer.
Carolin lässt sich ins Bett fallen und zieht mich mit.
Auch diesmal erobere ich sie so wie beim ersten Mal, als sie selbst unseren Deal ausbaute und mir ihr Ja gab, sie ganz besitzen zu dürfen. Und die Erinnerung daran lässt mich kurz das Atmen vergessen.
Was mir damals als ein Erfolg der besonderen Art erschien, den ich erst nicht glauben konnte und daher fast panisch umsetzte, lasse ich jetzt mit allen Sinnen mich noch einmal erleben. Und mir wird zum ersten Mal bewusst, was dieses Ja von ihr wirklich bedeutet hatte. Ich besaß sie damals schon so viel mehr, als mir bewusst war.
Und Carolin ist diesmal nicht zurückhaltend und wird diesmal nicht von einem schlechten Gewissen gequält. Sie erwidert meine Liebe mit einer Hingabe, die ich damals nur erahnen konnte. Jetzt weiß ich um diese Stärke und fordere diese komplett für mich. Carolin gehört jetzt mir und das darf sich niemals ändern.
Am Montagmorgen habe ich Schwierigkeiten, sie in die Welt zu entlassen. Sie wirkt blass und müde und auch mir gibt die Zeitumstellung, die an diesem Wochenende erfolgte, ein Gefühl der Müdigkeit und Unzulänglichkeit mit.
Sie an mich ziehend, raune ich ihr mit belegter Stimme ins Ohr: „Ich lasse dich so ungern gehen. Am liebsten würde ich mit dir für immer hier in dieser Wohnung bleiben.“ Dabei schweift mein Blick durch unsere vier Wände, die für mich durch Carolin wieder zu einem Zufluchtsort wurden und mit denen ich mittlerweile die schönsten Zeiten meines Lebens verbinde. Hier und bei ihr geht es mir gut.
„Das würde ich mit dir auch lieber“, antwortet sie. „Aber wir müssen los und auch das Leben da draußen meistern.“ Sie sieht mir ins Gesicht und ich weiß, was sie meint. Ich hatte das ganze Wochenende ohne Drogen überstanden und sie ist stolz auf mich. An diesem Morgen hatte ich ihr eine Erwiderung auf das gegeben, was sie mir am Samstag in der Küche gesagt hatte. Als wir fest umschlungen uns noch einige Minuten in unserem Bett gönnten, sagte ich ihr, dass sie meine Droge ist und ich keine andere brauche, solange sie bei mir ist. Sie hatte mir daraufhin geantwortet, dass sie aber nicht ständig bei mir sein kann. Das ist mir natürlich klar, aber ich hatte nur in meiner alten, grimmigen Erikmanier geknurrt: „Ich weiß!“ und fühlte mich wie ein störrisches Kind. Ginge es nach mir, würde ich das ändern.
Nun stehen wir eng umschlungen zusammen im Flur und ihre Augen strahlen in meine. „Hier ist unser Treffpunkt! Hier findest du mich! Und ich habe mein Handy an und wir telefonieren heute Mittag, wenn ich zur Arbeit laufe, okay?“, sagt sie mit diesem Blick, der mir einen wohligen Schauer über den Körper treibt. Doch er kann mir nicht das ungute Gefühl nehmen, gleich ohne sie zu sein.
Ich nicke unzufrieden und mein Blick bleibt grimmig. „Und du passt auf dich auf. Jede Minute des Tages!“, zische ich und küsse sie noch einmal.
An der Wohnungstür klopft es schon ungeduldig und ich weiß, Ellen will sie mitnehmen.
„Natürlich!“, antwortet Carolin lächelnd, greift hinter sich zur Türklinke und öffnet Ellen die Tür.
„Guten Morgen!“, ruft die uns gut gelaunt zu. Aber dann legt sich sofort ein genervter Ausdruck über ihr Gesicht. „Mein Gott, ihr tut ja so, als müsstet ihr euch für Wochen trennen. Komm Erik, lass Carolin los. Es wird Zeit.“
Ich löse meine Umarmung und Carolin gibt mir noch einen schnellen Abschiedskuss. „Bis heute Abend, Schatz“, sagt sie und streicht mir noch einmal über meine Wange.
„Ich hole dich ab“, brumme ich, und Ellen verdreht die Augen.
Ihr geht das alles wieder einmal viel zu langsam und sie zerrt Carolin am Arm von mir weg. „Was ist los? Können wir jetzt endlich?“, brummt sie.
Auf der Treppe geht Daniel an ihnen vorbei. Wir wollen noch schnell einen Kaffee trinken, bevor wir losfahren.
„Hallo Daniel“, begrüßt Carolin ihn.
Er nickt ihr nur zu und kommt zu mir. Ich halte ihm die Tür auf und er brummt ein: „Hey Alter, alles klar?“ und begrüßt mich mit unserem alten Handschlag.
„Sicher“, murmele ich, und gehe ihm voraus in die Küche, um uns einen Kaffee zu kochen.
Schwerfällig lässt Daniel sich auf einen Stuhl sinken und murrt: „Was für ein Wochenende. Echt ätzend langweilig und dazu noch so ein scheiß Wetter. Und die Zeitumstellung gibt einem den Rest.“
Ich drehe mich nicht zu ihm um und lasse die zweite Tasse Kaffee durchlaufen. Mein Wochenende war, trotz dem schlimmen Beginn am Freitagabend, wirklich nicht langweilig und schon gar nicht ätzend und das schlechte Wetter hatte ich nur am Rande registriert.
„Nah, Carolin hat wenigstens das mit Julian gut weggesteckt, wie es scheint“, brummt er, als ich nicht antworte.
Ich stelle die Kaffeetassen auf den Tisch und hole Milch und Zucker. „Ja, hat sie. Sie ist wirklich ein Stehaufmännchen, wie du schon sagtest.“
Daniel schüttelt den Kopf. „Dass dieser Typ ihr Bruder ist!“
„Ja, unglaublich. Sie ist so hell und er so dunkel. Aber er ist ja auch nur ihr Halbbruder. Er muss wohl schwer nach dem Vater gehen … wie Tim“, antworte ich und lasse Zucker in meine Tasse rieseln.
„Geht Carolin denn nach ihrem Vater?“, fragt Daniel mich und ich hebe nur unwissend die Schulter. Ich kenne ihre Mutter nicht und weiß nicht, wem sie wirklich ähnelt.
Wir