Die Narben aus der Vergangenheit. Sabine von der Wellen

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Die Narben aus der Vergangenheit - Sabine von der Wellen Die Narben aus der Vergangenheit

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faucht: „Sie ist immer noch meine Schwester und du hast ihr und mir gar nichts zu sagen. Wenn ich mit dem Finger schnippe, bist du wieder im Knast, wo solche wie du hingehören. Ich weiß alles über dich! Also pass auf, was du tust oder sagst. Ich werde nicht zulassen, dass sie an so etwas wie dir hängen bleibt. Carolin und ich sind Geschwister und werden immer Geschwister bleiben, auch wenn solche wie du schon längst Schnee von gestern sind. Sie wird das irgendwann einsehen. Sie kann mich nicht ewig ignorieren. Also stell dich nicht zwischen uns.“

      Ich starre ihn nur an, und er dreht sich um und geht. Jeden anderen hätte ich platt gemacht. Aber hier, heute und bei Julian stehe ich nur da, als wäre ich festgewachsen.

      In mir brodelt etwas auf. Er weiß alles über mich und mit einem Wort kann er mich bei ihren Eltern in Misskredit bringen. Und das erscheint mir schlimmer, als die Drohung, mich wieder in den Knast zu bringen.

      Daher erscheint mir dann auch der Deal, den wir am späten Nachmittag für Walter zu erledigen haben, wie eine unnötige Gefahr. Das sind die Momente, in denen Julian leichtes Spiel hätte, wüsste er davon. Aber woher soll er das wissen? Bisher hatte er sich angeblich nur bei Mitschülern über mich und Daniel erkundigt, was mir allerdings schon als schlimm genug erscheint. Selbst das, was er da zu hören bekommen könnte, soll Carolins Eltern auf keinen Fall zu Ohren kommen.

      Aber bei dem Auftrag verläuft alles reibungslos und Daniel und ich gehen sofort in meine Wohnung hoch, weil in Daniels nicht mal Licht brennt.

      Tatsächlich finden wir Ellen dort, die uns gleich entgegenspringt, Daniel küsst und ihn aufgedreht fragt: „Schatz, gehen wir gleich zur Kirmes? Die andern sind da heute Abend auch.“

      In mir schrillen sofort alle Alarmglocken. Ich tue so, als hätte ich das überhört und suche Carolin. Aber sie ist nirgends.

      „Wo ist Carolin?“, brumme ich eiskalt. Wenn Ellen nur diesen Scheiß im Kopf hat und Carolin nicht abgeholt hat, ist was los!

      „Hier, Schatz!“, kommt es vom Badezimmer her und ich atme auf.

      „Gut“, raune ich beruhigt. „Ich dachte schon, Ellen hätte dich vergessen. Die hat wieder nur Partys im Kopf!“

      Carolin kommt zu mir und küsst mich, was mich ein wenig meine aufgekeimte Wut schlucken lässt. Aber dass die Mädels schon wieder losziehen wollen, lässt meine Wut nicht ganz verrauchen.

      „Nah und? Dann wäre ich auch allein nach Hause gegangen“, sagt sie und schenkt mir ein beruhigendes Lächeln.

      Ellen sagt schmollend: „Wenn ich sage, ich hole sie, dann mache ich das auch.“

      Wir gehen in die Küche und Carolin ruft, um die Stimmung etwas zu heben: „Wochenenddrink!“

      Aus dem Kühlschrank nimmt sie zwei Bier und zwei Alster und verteilt sie. Zu meinem Leidwesen startet Ellen erneut: „Gehen wir heute zur Kirmes? Bitte! Die Mädels sind auch da.“

      „Können wir“, sagt Daniel und stupst sie an ihre Nasenspitze. Seine blauen Augen funkeln sie spitzbübisch an. „Aber dann fährst du auch mit mir Karussell.“

      „Was immer du willst“, sagt sie grinsend und sieht sich ihrem Ziel schon ganz nah.

      „Wir nicht“, sage ich nur und trinke mein Bier.

      Zu meiner Überraschung trinkt Carolin nur ihr Alster und sagt nichts. Sie scheint tatsächlich meine Antwort zu akzeptieren.

      Aber Ellen will das nicht gelten lassen. „Natürlich kommt ihr mit“, knurrt sie.

      „Nein, wir bleiben heute zu Hause. Morgen gerne. Aber nicht heute! Carolin war schon den ganzen Tag unterwegs und jeden Freitag passiert etwas. Sie ruht sich aus und morgen können wir machen, was sie möchte“, antworte ich Ellen mit unerbittlichem Blick.

      Und Carolin sieht mich zufrieden an und murmelt: „Ich bin auch wirklich ziemlich kaputt.“

      Ich werfe ihr einen schnellen, unsicheren Blick zu. Kein Widerstand heute? Unglaublich!

      Daniel beschwichtigt Ellen, weil die schon wieder an die Decke zu gehen droht: „Süße, wir gehen einfach alleine. Morgen kommen die beiden dann mit. Carolin hat wirklich ein strenges Wochenprogramm und es soll ihr doch nicht alles zu viel werden.“

      Ellen sieht ihn an, als wolle sie ihn fressen. Doch dann scheint sie die Ausweglosigkeit zu erkennen, in der sie ihr Anliegen von vornherein hätte sehen müssen und nickt nur schmollend. Dafür trinkt sie nun schnell ihre Flasche leer und mahnt zum Aufbruch.

      Daniel kann nur genauso schnell sein Bier hinunterkippen und verabschiedet sich von uns, eine wegwerfende Handbewegung machend. Dabei grinst er mich an und ich nicke nur, froh, dass die beiden endlich gehen. Ich bringe sie sogar noch zur Tür und verabschiede sie.

      Ellen geht, ohne mich auch nur anzusehen.

      Als sie endlich weg sind, rauche ich am Wohnzimmerfenster stehend erst mal eine Zigarette, während ich Carolin in der Küche hantieren höre.

      Die Backofentür schlägt zu und Carolin kommt aus der Küche ins Wohnzimmer. Ich sehe ihr entgegen, unschlüssig, ob ich ihr erzählen soll, was heute vorgefallen war.

      Ihr Gesichtsausdruck wandelt sich sofort in besorgt. „Okay, spucks aus. Was ist los?“, fragt sie ohne Umschweife und ich bin irritiert. Woher weiß sie, dass etwas nicht stimmt?

      Um Zeit zu schinden, nehme ich eine weitere Zigarette für sie, zünde sie an und schiebe sie ihr zwischen die Lippen. Ich mache das immer noch gerne. Es ist ein Zeichen der Zusammengehörigkeit und ich muss immer daran denken, wie ich es das erste Mal tat und sie so gerne küssen wollte. Und ihren Blick damals …

      Mir wird bewusst, dass wir eine Woche keinen Sex hatten, weil Carolin seit dem Wochenbeginn ihre Tage hat. Mir fehlt dieser Teil unserer Zusammengehörigkeit.

      Um mich davon abzulenken, entscheide ich mich dazu, ihr von meiner heutigen Begegnung mit Julian zu erzählen. Den Blick wieder aus dem Fenster richtend, raune ich: „Julian!“

      „Was ist mit dem?“, fragt Carolin und verschluckt sich fast an dem Zigarettenrauch.

      „Er ist heute bei uns aufgekreuzt und hat Ärger gemacht“, murmele ich nur.

      „Wie? Was hat er denn gemacht?“, fragt sie.

      In mir kocht die Wut bei dem Gedanken hoch, wie er mich zusammengestaucht hatte und ich mich von ihm niedermähen ließ.

      „Blöde Sprüche hat er losgelassen. Dass ich dich nicht davon abhalten soll, ihn zu treffen und dass er mich ohne weiteres aus dem Weg räumen könnte, wenn er wollte.“

      „Was?“ Es ist fast wie ein Aufschrei, den Carolin entsetzt ausstößt.

      „Er hat sich nicht weiter darüber ausgelassen, was er meint. Aber ich habe schon gehört, dass er Mitschüler über mich und Daniel ausfragt. Und ich weiß, was man von mir sagt“, füge ich leise hinzu.

      Fassungslos sieht sie mich an. „Was genau kann ihm zu Ohren gekommen sein?“, fragt sie beunruhigt.

      Ich antworte nicht sofort. Aber es nützt nichts. Es ist besser, sie weiß Bescheid.

      „Drogen, Schlägereien, Knast, nicht

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