Die Narben aus der Vergangenheit. Sabine von der Wellen
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Читать онлайн книгу Die Narben aus der Vergangenheit - Sabine von der Wellen страница 9
„Alles Dinge, die Julian auch verbuchen kann. Zumindest auf die eine oder andere Weise“, meint sie nur. „Außerdem hat er noch versuchten Mord auf der Liste“, fügt sie noch hinzu.
Ich weiß, sie will mich beruhigen. Aber sie versteht nicht, was mich so verzweifeln lässt. „Darum geht es nicht. Was meinst du, wenn er das deinen Eltern erzählt?“, murmele ich.
Sie scheint nicht glauben zu können, dass mich das interessiert und meint dazu nur: „Nah und?“, und fügt etwas belustigt hinzu: „Du willst doch in nächster Zeit nicht um meine Hand anhalten, oder? Also was stört es dich?“
Ich sehe sie ernst an. Sie versteht mich einfach nicht. „Ich möchte dich nicht verlieren“, erkläre ich und schlucke den Kloß hinunter, der sich im meinem Hals gebildet hat.
Völlig verdattert sagt Carolin: „Erik, uns bringt nichts und niemand auseinander!“ Um das zu besiegeln, küsst sie mich auf die Wange. „Und jetzt essen wir erst was. Komm Schatz, und vergiss Julian. Er ist nur sauer, weil ich immer noch nicht einlenke und wieder die liebe Schwester spiele“, zischt sie und zieht mich in die Küche.
Aus dem Herd strömt uns der Duft von Hawaitoasts entgegen. Zumindest kommt mein Appetit wieder, seit ich keine Drogen mehr nehme.
Carolin wirkt beim Essen besorgt und ich weiß, sie macht sich auch Sorgen darum, wie es mit Julian weitergehen soll.
Ich möchte nicht, dass dieses Thema zu übermächtig wird und sie wieder einem Zusammenbruch entgegensteuert. So lasse ich mich von ihren manchmal ziemlich lustigen Geschichten über ihren Arbeitsalltag fesseln und versuche nicht mehr an Julian zu denken. Carolin scheint das gleiche Ziel damit zu verfolgen.
Und dann erzählt sie mir, wie es damals wirklich war, als ich sie das erste Mal vom Café abholte und bevor wir unser heißes Intermezzo in dem kleinen Hinterraum hatten.
„Du hättest die beiden Frauen sehen sollen, die ich da gerade bediente. Die wussten schließlich nicht, dass wir uns kennen und sie fanden, ich müsse ganz schnell den gutaussehenden, jungen Mann bedienen. Und dann wollten die gar nicht wieder gehen, weil sie miterleben wollten, wie wir beide aufeinander reagieren. So, als wollten sie die Entstehung der ersten großen Liebe zweier junger Menschen hautnah miterleben“, sagt Carolin lächelnd.
Ich muss lachen, als ich daran denke, wie ich mich an den Tisch gesetzt hatte und die Damen, die Carolin bediente, sie auf mich aufmerksam machten.
„Ich habe gehört, wie sie dich zu mir schickten und du so ganz verwegen gesagt hast: Nah, dann will ich den unglaublich tollen, jungen Mann mal bedienen." Ich lache über ihren Gesichtsausdruck und sie erwidert schnippisch: „So, habe ich etwas von einem unglaublich tollen, jungen Mann gesagt?“
„Ja, irgendwie so was. Kann auch der superschöne, unglaublich sympathische gewesen sein“, setze ich noch einen oben drauf.
Carolin schüttelt den Kopf und lacht laut auf. „Nein, war das nicht eher so was wie der muskulöse Adonis mit dem Quotienten von Einstein?“
„Ja, das kann es auch gewesen sein“, grinse ich schelmisch und Carolin steht auf und quetscht sich zwischen den Tisch und mir auf meinen Schoß. Ihre Augen funkeln anzüglich. „Gut Adonis. Dann lass uns die Küche aufräumen und schauen, ob du wirklich so gut gebaut und muskulös bist.“
„Geht das denn wieder?“, frage ich beunruhigt.
„Ja. Und ich habe eben die Pille wieder eingeworfen. Wir haben auch einiges nachzuholen und Ellen hätte mich mit nichts heute aus dem Haus gebracht. Nicht, bevor du die Hawaitoasts abgearbeitet hast.“ Sie grinst süffisant.
So ist das also! Sie hatte auch gar nicht vor zur Kirmes zu gehen.
Schnell antworte ich: „Ich bezahle sofort. Hawaitoast … was mag das kosten? Also mindestens ein schönes Vollbad zu zweit, eine heiße Ganzkörpermassage und die halbe Nacht Zuwendungen aller Art“, zähle ich auf. Mir wird heiß und ich kann es gar nicht abwarten, sie endlich wieder in meine Arme zu ziehen und lieben zu dürfen.
Carolin steigt von meinem Schoß. „Ja, klingt gut! Eine angebrachte Bezahlung.“
„Okay, ich lasse das Badewasser einlaufen“, sage ich.
„Und ich schaffe hier eben ein wenig Ordnung. Treffpunkt Badezimmer … in wenigen Minuten. So lange kann ich noch aushalten. Aber keine Minute länger“, sagt sie mit sanfter Stimme, die schon so viel verspricht.
Ich mache einen Schritt auf sie zu, aber sie hebt abwehrend die Hand. „Badewanne“, raunt sie nur.
Ich muss lachen. Würde ich es drauf anlegen … sie hätte keine Sekunde eine Chance. Aber ich füge mich, die Vorfreude auskostend.
Am Samstagnachmittag stehen Ellen und Daniel mit Kuchen vor der Tür.
Ich verstaue gerade die letzten Einkäufe, die ich mitgebracht habe, im Kühlschrank und Carolin beendet die Reinigung des Badezimmers.
Wir hatten am vergangenen Abend, bei heißen Küssen und stürmischen Erkundungen der Körper, das Wasser aus der Wanne verdrängt. Um den Wassermassen auf dem Fußboden Herr zu werden, mussten wir einige Handtücher opfern, die aber das ganze Ausmaß an Staub anzeigten, der sich überall angesammelt hatte. Darum wollte Carolin heute die Zeit nutzen, um die Wohnung zu entstauben und zu wischen. Dafür war ich einkaufen gegangen.
„Kuchen!“, ruft Ellen gut gelaunt und Carolin schickt sie und Daniel zu mir in die Küche, während sie selbst in unseren kleinen Wäscheraum verschwindet.
Daniel begrüßt mich mit unserem Handschlag und wirft einen Blick zurück, ob Carolin in der Nähe ist.
„Und? Alles klar?“, fragt er und ich weiß, er meint, ob ich mit Carolin über Julian gesprochen habe. Warum er allerdings so mit der Tür ins Haus fällt, erfahre ich, nachdem ich bejahe.
„Julian war gestern mit Michaela auch auf der Kirmes. Und nicht nur das! Er war auch den ganzen Abend bei uns“, raunt Daniel leise.
„Glaubst du, das war so geplant, um an Carolin heranzukommen?“, frage ich ihn.
„Ich denke schon.“
„Nah, dann war ja gut, dass wir nicht mitgegangen sind. Und kamst du mit ihm klar?“
„Ging so. Er war den ganzen Abend überfreundlich und hat mich sogar in eins der Karussells eingeladen.“
„Der versucht es auch mit allen Mitteln“, raune ich.
Daniel fügt hinzu: „Aber er ist auf dich ganz schlecht zu sprechen. Er führt sich so auf, als wäre er ein eifersüchtiger Gockel.“ Daniel grinst.
Ich kann nur ernst nicken. Die Gefahr, dass Julian einiges aus meinem Leben den Eltern steckt, ist nicht gebannt.
Carolin kommt zu uns in die Küche und wir beenden das Gespräch sofort.
Ellen sieht ihr lächelnd entgegen. „Bist du schon wieder arbeitswütig?“, fragt sie und kann das scheinbar gar nicht verstehen.
„Ich musste mal wieder sauber machen“, verteidigt Carolin sich und wirft sich auf einen Stuhl.
„Tja,