INDOCHINA. Der lange Weg nach Dien Bien Phu. Thomas GAST

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INDOCHINA. Der lange Weg nach Dien Bien Phu - Thomas GAST

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Grunde ein Segen, denn im Rhythmus, in dem die Zeit verging und die Zahl der Toten und Verletzten stieg, schmiedete sich eine homogene, im Kampf erprobte und solide Einheit zusammen. Man vertraute einander, wusste, es gab immer einen Kameraden, der einen aus einer verfahrenen Situation heraushaute. Und was noch wichtiger war: Es entstanden Freundschaften, die ein Leben überdauern würden. Die Solidarität unter Fallschirmjägern der Legion, dieses blinde Vertrauen und die enge Verbundenheit einer ganz speziellen Truppe, das waren plötzlich nicht nur mehr Worte, die einige verkalkte Stabsoffiziere gar nicht gerne aussprachen: Nein! All das wurde peu à peu Realität. Auch der Mantel der gemütlichen Gediegenheit alter Zeiten einer alternden Truppe wich, verdrängt von einer extremen Mobilität und einer Führergilde, die schnelle und richtige Entscheidungen traf. Was blieb, war eine Truppe, die den Feind überraschte. Die Kompaniechefs, durch die Bank erfahrene auch im Kampf erprobte Offiziere, hatten so viel Charisma, dass man nur von der Kompanie Caillaud, Cazaumayou oder der Kompanie Verguet sprach. Das war wahrhaftig ein Phänomen. Diese Offiziere, Leutnant Cabiro nicht vergessend, hauchten den Paras der Legion des 2. BEP einen dynamischen Geist ein, der schon bald darauf überall in Indochina von sich reden machen würde.

       Anm. d. A: Es gab im Bataillon im Laufe der Jahre einige Umgruppierungen. 1951 wurde das 2. BEP zum ersten Mal reorganisiert. Weitere Umgruppierungen oder Reorganisationen folgten. Namen tauchen plötzlich auf und verschwinden wieder. Letzteres ist ein normaler, wenn auch bedauernswerter Prozess. Ein Legionär - egal welchen Dienstgrad er innehat - fällt, der Nächste rückt nach, füllt die entstandene Lücke.

Bild 10

       Flughafen Tan Son Nhut, Saigon 1951.

      Die ersten Aufträge des 2. BEP waren vielseitiger Natur und so kam es, dass die Kompanien teils in Saigon Dienst taten, teils nach Phnom-Penh als Eskorte für diverse Konvois abgestellt wurden oder zum Schutz der Kolonialstraße-1 beitrugen. Mindestens eine der Kompanien, zu Beginn war es die ´Dritte`, war ständig auf dem Gelände des nahen Flughafens Tan Son Nhut in der Hauptstadt untergebracht. Eine nach der anderen unterstanden die Einheiten der Halbbrigade der kolonialen Fallschirmjäger als Interventionstruppe, was hieß, sie befanden sich in ständiger Alarmbereitschaft: Die Feuerwehr für Kambodscha und Cochinchina! Es herrschte eine angenehme, wenn auch manchmal angespannte, Ruhe. Doch der Schein trog. Keiner mochte es wahrhaben, aber eines zeichnete sich unter der Nase der Kolonialherren deutlich ab: die Zeit des Vietminh war gekommen!

      Philippeville

       Nous sommes les hommes des troupes d'assaut. Soldats de la vieille Légion. Demain brandissant nos drapeaux. En vainqueurs nous défilerons. - Wir sind die Männer der Sturmtruppen. Soldaten der alten Legion. Morgen wird unsere Fahne im Winde wehen. Als Sieger werden wir defilieren.

      Algerien, Oktober 1949. Die dreimotorige Ju-52 stotterte am Ende der Piste und es sah fast so aus, als würde sie abheben. Doch bevor es soweit kam vollführte sie eine 180 Grad Wendung, rollte im Schritttempo in die entgegen gesetzte Richtung davon, wo sie schließlich mit brummenden Motoren vor der in Doppelreihe wartenden Kolonne zum Stehen kam. Im knöcheltiefen Gras stehend, wartete der Zug der Fallschirmspringer des 3. BEP darauf, endlich die Maschine zu besteigen. Mit einem Stich Neid sah der Ausbilder auf das brandneue grüne Beret der Legionäre, das eine beflügelte Kralle mit einem Dolch zeigte.

      »Helme auf, es wird ernst.«

      Der Helm wog schwer, das Gurtzeug drückte doch Zeit zum Klagen gab man den Legionären kaum. Die Ausbildung musste schnell gehen. Die Kommandeure des 2. BEP vor allem aber des 1. BEP, warteten händeringend auf neue Soldaten, denn die Situation in Indochina spitzte sich langsam zu.

Grafik 79

       Abzeichen des 1. BEP

      Während zur selben Stunde das 1. BEP im Norden Tonkins nach einem Gefechtssprung in der Nähe des Luong-Phai Pass, einer gebirgigen und teilweise stark bewaldeten Region an der chinesischen Grenze operierte, kämpfte das 2. BEP in Kambodscha diesen Klein-Klein-Krieg, der hauptsächlich darauf abzielte, Basiscamps und Einrichtungen wie Munitionsverstecke der Vietminh im Süden des Landes zu zerstören. Aber noch meinte es Saint Michel, der Schutzpatron der Fallschirmjäger gut mit seinen Söhnen.

      »Los, los. Macht schon.«

      Man bugsierte die jungen Legionäre in die Ju-52, der man den Spitznamen Toucan gegeben hatte und platzierte sie mit Rücken in Flugrichtung in der Maschine so, dass keine Hand dazwischen passte. Damit die Ju optimal abheben konnte, drängten die Absetzer alle Mann soweit Richtung Pilotenkabine, wie nur irgend möglich. Es war ihr erster Sprung, fünf andere sollten folgen. Erst danach konnten sie sich Fallschirmjäger nennen. Joachim Wegener, groß, hager mit dichten, kurz geschorenen Haaren, dachte an gar nichts, sondern fieberte seinem ersten Sprung entgegen. Angst kannte er nicht, nicht nach dem, was er auf der Flucht von Russland bis Südfrankreich alles gesehen und erlebt hatte. Ein stiernackiger Deutscher mit Pfälzer Dialekt zeigte eine Reihe weißer Zähne.

      »Da schlägt mein Soldatenherz.«

      Er trällerte ein Lied ... Rot scheint die Sonne ... schien es gewohnt, den Schirm auf den Rücken zu haben, während einem kleinen Italiener, der zu seiner rechten saß, der Schweiß in Bächen über das Gesicht rann. Ihre Blicke kreuzten sich.

      »War in Eben Emael dabei«, prahlte der Deutsche. »Ganz klar eine Sache für Männer. Uneinnehmbar, von wegen. Denen haben wir's gezeigt. Mit Gleitfliegern, nachts, lautlos und 'm Messer zwischen den Zähnen. Ran an die Bunker und schwere, 50 kg Hohlladungen oben drauf, mein Junge- parachutistes Allemands kennen keine Angst und… «

      »Halts Maul, Fritz. Aufstehen, einhaken.«

      Die Stimme des Absetzers klang wie ein Peitschenknall.

      »Nach vorne aufrücken, macht schon.«

      Fritz sah aus dem Flugzeug nach unten, wurde blass.

      »Der erste, in Sprungposition!«

      Der Absetzer trat beiseite, überließ Fritz den Platz in der Tür. Die D.Z. (Drop Zone - Sprungzone) von Philippeville unter sich, lehnte sich Fritz ein letztes Mal in die Maschine zurück.

      »Ich verwette meinen Arsch, dass mir schon nächstes Wochenende in Indochina eine kleine, schwarzhaarige ....«

      »Go! Go! Go!«

      Fritz ließ sich ins Leere fallen.

      Die Fallschirme amerikanischer Fabrikation öffneten sich mit dem typischen Plopp während die Ju-52 bereits wieder zum Landeanflug ansetzte. Die Paras, einmal in der Luft, prüften zuerst die Kappe des Schirms und hielten dann Rundumschau. Erst danach konzentrierten sie sich auf die Landung, pressten die Ellbogen eng an den Körper, gingen leicht in die Knie, Zehenspitzen nach unten, während der Boden rasch näherkam. Der Deutsche, der von Indochina geträumt hatte, war der Einzige, der beim Sammeln am Boden fehlte. Die Verpackungshülle seines Schirmes war intakt, er selbst starb in den Händen des Kameraden, der ihn zuerst gefunden hatte. Die Zeremonie zur Übergabe der Springerabzeichen des plaque a vélo (Fahrrad-Nummernschild) wurde durch diesen tragischen Unfall nicht weiter gestört. In aller Eile verabreichten einige Offiziere und ein paar ältere Unteroffiziere die Springerabzeichen. Man sang den Boudin, den die jungen Legionäre abends zuvor auswendig gelernt hatten und trank kaltes Bier. Es schmeckte köstlich, denn der Spieß der Kompanie hatte bereits am Morgen beim Antreten die Karten auf den Tisch

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