Feuerblüte II. Катя Брандис
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„Meinst du das ernst?“ Kilian lächelte. „Du warst letzten Winter ja wohl die größte Überraschung! Es war aber auch nicht übel, zu Zarkos Getreuen zu gehören. Schade, dass er uns vor die Wahl gestellt hat – entweder wir dürfen ihm weiter Gefolgschaft leisten oder wir sind mit dir befreundet. Da haben wir uns für dich entschieden.“
„Das war nett von euch“, sagte Alena verlegen und war froh, dass in diesem Moment Jelica zurückkam. Sie wuchtete fünf Krüge Cayoral heran, zwei einfach gekleidete Erdleute zockelten hinter ihr her. Schüchtern blickten die jungen Männer auf den Boden. Anscheinend hatten sie bisher noch nicht viel mit der Feuer-Gilde zu tun gehabt.
„Das sind Bonto und Lollok“, erklärte Jelica, lud sie ein, sich zu setzen, und schob ihnen je einen Krug zu. „Die Burschen leben hier in der Gegend und haben Dhatlas gezüchtet. He, Bonto, erzähl meinen Freunden, was du über die Grenze weißt!“
Bontos Gesicht hellte sich auf, als er Jelica ansah. Kein Zweifel, sie hatte einen neuen Bewunderer. „Tja, das Ding ist in zwei Tagesreisen Entfernung. Man sieht es normalerweise nicht. Die Gegend spiegelt sich sozusagen darin und man erkennt nicht, dass dort die Welt zu Ende ist. Aber jetzt kann man die Grenze auf einen Blick ausmachen. Auf unserer Seite ist es grün, auf der anderen Seite sind nur Steine.“
„Hast du probiert drüberzukommen?“
„Früher natürlich nicht, das ging nicht. Diese Tore waren zu unheimlich.“ Bonto schauderte. „Als die Grenze zusammengebrochen ist, bin ich natürlich auch einen halben Sonnenumlauf lang rübergewandert. Am Tag natürlich. Da sind die Biester verschwunden. Aber da ist nichts. Also bin ich wieder umgedreht.“
Alena, Kilian und Jelica sahen sich an.
„Noch können wir zurück“, sagte Jelica. Ihre Stimme klang angespannt.
„Vergiss es“, meinte Kilian.
„Geh doch.“ Alena merkte, dass das ziemlich schroff geklungen hatte, und fügte hinzu: „Nach einer Weile hört die Wüste bestimmt auf.“
Sie sah, wie Kilian die Hand in die Tasche schob, und wusste, er umklammerte die Karte. Die Karte, auf der mitten im Nichts jenseits der Grenze ein Wort stand. Ein Wort des Alten Volks.
Cchraskar blickte zwischen Alena und Jelica hin und her und zuckte beunruhigt mit den Ohren. „Ssstreiten ist ungesund, das ist es“, sagte er vorwurfsvoll. „Man kann Bisswunden kriegen dabei.“
Alena musste grinsen. „Keine Sorge, wir haben nicht gestritten“, erklärte sie ihm und blickte zu Jelica hinüber. Sie beachtete Alena nicht mehr und unterhielt sich gerade mit einem der Erd-Menschen. „Die verdammten Biester haben alle unsere Dhatlas getötet“, beklagte sich Lollok. „Selbst wenn sie es schaffen, die Grenze zu beleben, sind wir ohne unsere Zuchttiere am Ende.“
„Sie haben eure Dhatlas getötet?“ Kilian starrte ihn an. „Aber die sind doch von oben bis unten gepanzert!“
„Frag mich nicht, wie sie es machen. Ich weiß nur, wir verschwinden von hier. Und zwar bald!“
Hm, das klang nicht gut. Alena legte die Hand auf den Knauf ihres Smaragdschwerts. Erstaunt merkte sie, dass er sich warm anfühlte. Der Stein im Griff hatte begonnen, ganz leicht zu leuchten. Das hatte er bisher nicht oft getan. Was wollte er ihr diesmal sagen? Wollte er sie warnen? Oder ihr – wie der Traum ? sagen, dass sie auf dem richtigen Weg war?
Jelica bemerkte ihren überraschten Blick. „Was ist?“
„Ach, nichts“, sagte Alena und nahm noch einen Schluck Cayoral.
***
Jorak hinkte, als er in Markabar ankam. Die Schänke war nur ein grüner Hügel zwischen anderen grünen Hügeln – so baute die Erd-Gilde. Er setzte sich an den Fuß des Erdhauses und verzog das Gesicht, als er sich die Sandalen abstreifte. In der Stadt merkt man es kaum, wie man nach und nach verweichlicht, dachte er und betrachtete die Stellen, an denen er sich die Füße aufgerieben hatte. Gut dass mich die Lixantha-Reisen wenigstens ein bisschen abgehärtet haben …
Er war schneller gewandert als jemals zuvor in seinem Leben und es hatte überhaupt keinen Spaß gemacht. Unfassbar, wie manche Leute es schafften, ihm noch auf einer überfüllten Straße aus dem Weg zu gehen. Und nur, weil sie eins von diesen verdammten Gildenamuletten trugen und er nicht!
Mal schauen, ob der Wirt mir ein paar Schluck Wasser gibt, dachte Jorak, ließ seine Sandalen liegen und ging barfuß zur Eingangstür. Der Schankraum war zum Bersten gefüllt. Wie immer sah Jorak sich mit pochendem Herzen gründlich um, jedes Mal voller Hoffnung. Diesmal blieb sein Blick an einem rotbraunen Haarschopf, an einem klaren Profil hängen. Alena.
Sie war es!
Ein Teil von ihm wäre am liebsten auf sie zugegangen und hätte sie in die Arme genommen. Ein anderer Teil geriet in Panik und schlug vor, sofort die Flucht zu ergreifen. Was war, wenn sie ihn jetzt sah? Dann würde sie – wenn sie sich überhaupt an ihn erinnerte – denken: Was macht der grässliche Kerl denn hier? Dann konnte er eigentlich gleich wieder gehen. Wie hatte er jemals auf die Idee kommen können, dass ein Mädchen wie sie, die Tochter zweier berühmter Meister vierten Grades, sich mit einem Gildenlosen wie ihm abgeben würde?
Feigling, Feigling, Feigling, dachte Jorak und begann sich langsam rückwärts zu bewegen. Zwei Atemzüge später stand er wieder draußen.
Er setzte sich hinter das Erdhaus ins Gras. Ich brauche Zeit, ging es ihm durch den Kopf. Und eine zweite Chance. Beim ersten Mal habe ich mich so blöd angestellt, dass ich gleich bei ihr untendurch war. Diesmal darf mir das nicht passieren. Sie darf mich erst erkennen, wenn sie schon einen guten Eindruck von mir bekommen hat und ich sie neugierig gemacht habe.
Tja, aber wie brachte man Frauen dazu, dass sie sich in einen verliebten? Manche mochten sensible Männer. Andere bevorzugten wagemutige Retter oder wortgewandte Denker. Dass Alena sich in Kerrik verguckt hatte, ließ darauf schließen, dass sie den Typus „wagemutiger Retter“ bevorzugte. Jorak stellte sich vor, wie er sie beschützen, ihr helfen würde, und ihm wurde warm ums Herz. Die Sache hatte nur den Haken, dass er eher der „wortgewandte Denker“ war und Alena einen Retter ganz und gar nicht nötig hatte. Nach dem, was er im Palast der Trauer gesehen hatte, war sie mit dem Schwert ungefähr hundertmal besser als er.
Aber es gab ein paar Dinge, in denen er auch nicht schlecht war. Nach ein paar Atemzügen war der Plan in seinem Kopf komplett. Jetzt fehlte nur noch das Zubehör. Mal sehen, wem er es abschwatzen konnte.
***
„Da kommt schon wieder ein Neuer“, sagte Jelica. „Oh, diesmal jemand, der unerkannt bleiben will …“
Unter dem schwarzen Kapuzenumhang konnte man von dem Neuankömmling tatsächlich nicht viel sehen. Es war dunkel im Erdhaus und im Schein der Leuchttierchen lag sein Gesicht im Schatten. Trotzdem sah man, dass der Neue ein junger Mann war. Obwohl er erschöpft wirkte und hinkte, hatte er schnelle, fast ungeduldige Bewegungen. Schwer zu sagen, in welcher Gilde er ist, dachte Alena. Vielleicht Feuer.
„Sieht aus, als hätte er eine längere Reise hinter sich“, meinte Kilian und nahm noch einen Schluck von seinem Cayoral. „Und wir haben noch eine ziemlich lange Reise vor uns. Was ist, wollen wir unser Lager aufbauen gehen?“
„Moment