Seefahrt in den 1960-70er Jahren auf Bananenjägern und anderen Schiffen. Klaus Perschke

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Seefahrt in den 1960-70er Jahren auf Bananenjägern und anderen Schiffen - Klaus Perschke maritime gelbe Buchreihe

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Das langsam rückwärts driftende Schiff holte die Kette steif und hielt. Anschließend war „Ende der Reise“. Wir, der Zimmermann und ich, verließen die Back, Kapitän und Pilot die Brücke. Natürlich bekam der Pilot statt des obligatorischen „Kännchen Kaffee“ heute ein wohltemperiertes Glas „Becks-Bier“. Ich wage zu behaupten: fast alle Pilots des Panama-Kanals sind überwiegend Gewohnheits-Schluckspechte! Auf jeden Fall wurde unser Pilot sofort drei Oktaven „deutsch-freundlicher“ als vorher, als er an Bord gekommen war. Nach Unterzeichnung der Lotsenpapiere und nachdem das Agencyboat längsseits gekommen und der Agent die erwartete Schiffspost dem Kapitän ausgehändigt hatte, gab es zum Abschied noch eine kühle Flasche Becks-Bier für den Heimweg, damit der Pilot auf dem Wege nach Hause nicht vom Kurs abkommen würde.

      Ja, Becks-Bier und auch Holsten-Bier sind begehrte Biermarken, sowohl bei den deutschen Seeleuten als auch bei allen amerikanischen Lotsen und Hafenarbeitern. Und ein gutes „Schmiermittel“, wenn unser Bootsmann während der Hafenliegezeit in einem amerikanischen Hafen etwas vom amerikanischen Schiffsvormann erledigt haben wollte. Diese Erfahrungen hatte ich schon auf den Schiffen der Hanseatischen Reederei gemacht. (Band 58) Da wird sogar der härteste amerikanische Deutschenhasser und Hafengewerkschaftsfunktionär kooperativ wie ein guter Kollege. Ein gut gekühltes Becks-Bier wirkte Wunder in den amerikanischen Häfen der Ostküste und im Panamakanal!

      Doch zurück nach Cristobal-Anchorage. Endlich kam der Canal-Pilot, auch „Bush-Pilot“ genannt, an Bord. Ein gemütlicher, freundlicher, zigarrenrauchender Pilot. „We get to move into the next lock, they are ready to take us in. Let´s heave the anchor now!” Das war das Signal, sowohl für die Maschine als auch für uns. Der Zimmermann und ich spurteten wieder nach vorn auf die Back, die Ankerkettennuss wurde eingekuppelt, und dann „hiev up“ mit „full power!“ Die Kette kam tight, die E-Winde jaulte, langsam bewegte sich das Schiff voraus, sodass das Hieven wieder leichter wurde. Kurze Zeit später kam der Anker erst aus dem Grund und tauchte kurz darauf über der Wasseroberfläche auf. Oben auf der Brücke wurde der Hebel auf „Maschine voraus langsam“ gelegt. Kaum war der Anker in der Klüse, wurden die Bremsbacken fest angezogen und die Nuss wieder ausgekuppelt. Irrtümlicher Weise wurde „Klar vorn achtern“ befohlen, die Jan Maaten erschienen auf der Back und achtern an Deck. Wir staunten aber nicht schlecht, als ein weiteres Speedboat uns mit einer „Festmachercrew“ entgegen kam. Kaum neben der Bordwand, kletterte die Gang an Bord. Alles Schwarze. Unsere Leute konnten wieder von der Back und vom Achterdeck verschwinden. Die Panamakanalbehörde unterteilten ihre im Kanal tätigen Angestellten immer noch nach rassistischen Vorurteilen.

      Zum Beispiel mussten die bei der Panamakanal-Behörde angestellten Afroamerikaner die am schlechtesten bezahlten Jobs verrichten, die weißen US-Amerikaner dagegen erledigten die am höchst besoldeten Tätigkeiten. Wie zum Beispiel: die Panamakanal-Pilots, die sich im amerikanisch verwalteten Panamakanal vor Ort wie Gott in Frankreich aufführten. Von denen glaubte jeder, dass die amerikanische Herrschaft über diesen weltweit bedeutendsten Schifffahrtskanal nie aufhören würde. Leider war das ein großer Irrtum: Bereits wenige Jahre später befreite sich das panamesische Volk von den Unterdrückern und jagten sie aus ihren Land. Das hatten ihnen die Amerikaner nie vergessen.

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       Alte Ansichtskarten von der Kanalzone

       aus Band 17 – Schiffskoch Ernst Richter

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       Alte Ansichtskarten von der Kanalzone

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      Die Schwerstarbeiter auf allen Schleusen, die E-Lokomotiven mit ihren zwei Festmacherdrähten, mit denen sie zusammen mit fünf weiteren E-Loks je ein Schiff durch alle drei Schleusenkammern ziehen.

       Foto: Klaus Perschke

      Sechs E-Lokomotiven, also drei an Backbord- und drei an Steuerbordseite, gaben nacheinander ihre Stahltrossen vorn und achtern an Bord, wo sie befestigt und anschließend seitens der E-Loks-driver „tight-gehievt“ wurden. Langsam zogen uns die E-Loks in die Vorschleusenkammer hinein und in Position. Sobald wir drinnen lagen, wurde das „seeseitige Schleusentor“ geschlossen und der Wasseraustausch wurde vom Kanal her eingeleitet. Die Gatun-Locks-Anlage hatte drei Schleusenkammern, die hintereinander in Stufen angeordnet waren. Durch diese Stufenkammern wurden wir, von der Karibik kommend, pro Kammer 10 Meter rasant hochgepumpt, bis wir das Wasserstandsniveau des Panamakanals erreicht hatten. Die sechs E-Loks zogen uns durch alle bis in die oberste Kammer mit dem Kanalniveau, wo sie sich anschließend ausklinkten und wir in den Kanal entlassen wurden.

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      Die Ausfahrt in den Kanal hinein bildete zunächst eine ziemlich große Bucht, der Gatun Lake, der als Ankereede für alle in Richtung Atlantik bestimmten Schiffe diente. Der Canal-Pilot wurde über UKW von einer Canal-Zentrale beraten. Er lotste uns durch den Ankerliegerpulk (Ansammlung von Ankerliegern) hinein in die mit Leuchttonnen markierte Fahrrinne durch den Gatun Lake in Richtung Canal zur Pacific-Seite, also Richtung Balboa. Übrigens, im Gegensatz zu den deutschen Elb-, Nordostseekanal-, Weser- und Emslotsen, die nur beratende Funktionen ausüben, übernimmt der Canal-Pilot die volle Verantwortung über das Schiff und die Navigation im P-Canal. Die Fahrt durch den Kanal ist außer-gewöhnlich beeindruckend, wenn man das erste Mal durch den Panamakanal fährt. Allein das Passieren zweier aufeinander zulaufende Schiffe erzeugt jedes Mal ein prickelndes Gefühl, bei dem man sich in die Hose pinkeln könnte. Jeder Kapitän wächst in solch einem Moment am Maschinentelegraph fest. Nützt aber alles nichts, der Canal-Pilot erteilt die Steuer- und Fahrtgeschwindigkeitskommandos. Und dadurch läuft alles auch ohne „German Master“ wie geschmiert.

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      Unsere Flussreede von Guayaquil

      Unser nächster Ladehafen war Guayaquil in Equador, knapp eine Tagesreise von Balboa aus.

      Nachdem wir aus den Miraflores-Locks ausgelaufen waren, den Canal-Pilot abgegeben und die Continental-Bridge über den Kanal bei Panama-City passiert hatten, gab Kapitän Melzer den Befehl „Maschine Volle Kraft Voraus“, und schon stürmte die „BRUNSKOOG“ wie eine Korvette ungefähr auf dem 80° Längengrad gen Süden davon in Richtung Äquator. Zunächst in Richtung Punta Santa Elena, wo wir bei Salinas in den Golfo de Guayaquil einschwebten und bei Isla Pund den Canal de Jambel bis Guayaquil langsam hochfuhren und dort auf dem Rio Guayas vor Anker gingen. Dort sollten wir laut der Routenplaner von Bruns in Hamburg theoretisch am 1. April eintreffen und vielleicht noch am gleichen Tag, also am 1. April mit dem Laden beginnen. Kein April-Scherz. Doch Planung und Realität liegen im Leben oft auseinander. Unsere Ankunft sollte sich um einen Tag verzögern. Unser Agent in der Bananenrepublik war Messrs. Investamar S.A., Casilla 5173, Guayaquil – Equador.

      Wir waren nicht der einzige Bananenjäger, der dort auf Reede lag und Bananen laden sollte.

      Kaum lagen wir in der City von Guayaquil auf dem Fluss vor Anker und hatten unser Steuerbord-Gangway ausgeklappt und bis einen Meter über der Wasseroberfläche weggefiert, da kam auch schon ein schnittiges Motorboot vom Ufer auf uns zugebraust und machte bei uns an der Gangway fest.

      Der Agent erschien zusammen mit mehreren Zollbeamten an Bord, um das Schiff einzuklarieren. Wir betrachteten die Zöllner als windige staatliche „Abstauber“, die in ihren Kaki-Fantasieuniformen auftauchten und unter anderem unser Zolllager versiegeln sollten. Jeder hatte eine Aktentasche bei sich, die bei ihrer Ankunft an Bord noch leer war. Wenn

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