Seefahrt in den 1960-70er Jahren auf Bananenjägern und anderen Schiffen. Klaus Perschke

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Seefahrt in den 1960-70er Jahren auf Bananenjägern und anderen Schiffen - Klaus Perschke maritime gelbe Buchreihe

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hatten, eine Dosis Antineuralgicum-Tabletten und zwei Kapseln Aureomycin geben. Als Vorbeugung, konnte ja nicht schaden, denn ich durfte in den nächsten drei Tagen nicht schlapp machen.

      Und dann kam dieser verdammte 13. März, „Freitag, der 13. März!!!“ Die meisten Seeleute sind abergläubisch, ganz besonders die Kollegen aus der Fischerei. In Cuxhaven, meiner Heimatstadt, lief, als ich noch ein junger Bengel war, an einen Freitag, dem 13. zwischen 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr kein Fischdampfer aus. Ich weiß das von einem Schulfreund, dessen Vater Fischdampferkapitän war. Und auch ich hatte meine Probleme mit einem Freitag, den 13. März; in unserem Fall war das der auf uns zu kommende Probefahrtablauf. Schwebte doch irgendein Unheil über unserem Schiff? Aber was soll es? Sollte irgendetwas Grauseliges auf uns zukommen, dann kommt es eben auf uns zu! Schicksal! Wir waren alle hellwach!

      Unser Zweiter Ingenieur und seine Leute hatten die Hauptmaschine betriebsklar gemacht, der Werftkapitän war auf der Brücke erschienen, wo wir nautischen Offiziere bereits „stand-by“ standen. Es kam der Befehl „klar vorn und achtern“, zwei Hafenschlepper nahmen uns auf den Haken, dann rief der Werftkapitän „die letzten Leinen los“ und schon zogen uns beide Schlepper von der Kai hinaus auf die Trave. Natürlich fuhren wir jetzt mit „Maschine ganz langsam voraus“, damit das Schiff noch steuerfähig blieb. Querab von Travemünde hieß es „beide Schlepper los“, und sofort danach wurde der Maschinentelegraf auf „Maschine langsam voraus“ und später in der Neustädter Bucht auf „Maschine halbe voraus“ gelegt. Hier in der Bucht wurden diverse „Fahrmanöver“ durchexerziert, z. B. wie lange es dauerte, bis die Hauptmaschine von „STOPP auf Halbe zurück“ benötigte, desgleichen von „STOPP auf Voll zurück“, wie lang war eine Stoppstrecke, was man nur mittels einer „Boje mit Radarreflektor“, die über Bord geworfen wurde, ermitteln konnte. Weiterhin wurden diverse Voraus- und Rückwärtsmanöver getestet. Die Ingenieure wurden ganz schön auf Trab gehalten. Irgendwann war die Testserie abgeschlossen, der Werftkapitän blieb an Bord, übergab Kapitän Melzer das Kommando, und dieser setzte die letzte Etappe um die Insel Fehmarn herum nach Kiel fort. Das Wetter war saukalt, diesig bis neblig, es wehte ein stürmischer Ostwind. Kapitän Melzer ließ den Chiefingenieur die letzten Pferde aus der Maschine herauskitzeln, die „BRUNSKOOG“, mit vollen Ballasttanks, raste mit 22,5 Knoten bis vor die Kieler Förde, wo uns am 14. März der Seelotse eine Seemeile vor dem Eingang der Kieler Förde in Empfang nahm, die „BRUNSKOOG“ bis vor die Kanalschleuse brachte und dort das Schiff vor Anker legte. Beide Schleusenkammern wurden gerade mit Fahrzeugen aus dem Kanal, die in die Ostsee wollten, aufgefüllt. Wir lagen auf meiner Wache um 00:40 Uhr vor Anker, als dann das vorausgeahnte Unglück doch noch in Erscheinung trat.

      Ein Maschinenassistent kam auf die Brücke und erkundigte sich nach mir. Mein Glück, dass Kapitän Melzer noch bei mir war. Der Maschinenassistent sollte unten in der Maschine einen Hilfskessel in Betrieb nehmen, also anstecken. Dazu musste der Hilfskessel vorher gründlich durchgelüftet werden, anschließend wurde 180 Grad erhitztes Heizöl unter hohem Druck eingespritzt und versprüht. Dieses Öl-Luftgemisch sollte er mit einer Lunte zünden. Irgendetwas war aber schief gegangen. Vielleicht hatte der Assi den Hilfskessel doch nicht stark genug gelüftet. Als er die Lunte in die Feuerklappe hinein schob, schlug ihm eine heftige Stichflamme ins Gesicht und gegen die Brust. Er hatte sofort Verbrennungen dritten Grades. Seine Haare auf dem Kopf waren weggesengt, desgleichen waren seine Augenbrauen und die Haut von Gesicht und Brust stark gerötet. Er stand unter Schock und hatte starke Schmerzen. Kapitän Melzer fluchte und war stinksauer, schickte mich aber sofort mit dem Assi ins Schiffslazarett, wo ich sofort kaltes Wasser in die Badewanne einfüllte und dem Assi befahl, sich mit seinen Klamotten ins kalte Wasser hineinzulegen. Unter Wasser knöpfte ich sein Hemd auf und zog ihn aus. Er durfte nur zum Luft holen mit den Kopf aus dem Wasser kommen.

      „Was für eine verrückte Behandlungsmethode“ würden Sie, verehrter Lesen, in diesen Moment denken! Woher hatte ich wohl diese unglaubliche Weisheit, werden Sie sich fragen!

      Unser Hafenarzt an der Seefahrtsschule in Geestemünde, der uns Kapitänsschüler damals in Gesundheitslehre unterrichtete, erzählte uns, dass bei den verheerenden Phosphor-Bombenangriff auf Bremerhaven im Frühjahr 1945 die Überlebenden, deren Körper mit brennendem Phosphor übersprüht waren, auf den Straßen in Richtung des Flusses Geeste liefen und in ihrer Verzweiflung in die eiskalte Geeste gesprungen waren. Diese Opfer spürten, als sie später total unterkühlt aus dem eiskalten Wasser herausgefischt wurden, keinerlei Schmerzen und hatten keinerlei Verbrennungswunden am Körper. Das heißt, die in der Haut aufgestaute Brandhitze wurde durch das eiskalte Wasser sofort aus dem malträtierten Körper abgeleitet, wobei die Schmerzen auch entsprechend schnell nachließen. Die Vorstellung, die verbrannte Haut sofort mit Brandsalbe einzureiben, war seiner Ansicht nach absolut lächerlich. So damals unser Schularzt, Dr. Hildebrandt, der gleichzeitig Hafenarzt von Bremerhaven und Wilhelmshaven war. Unser Assi fand meine Methode auch sehr merkwürdig, aber sie half ihm. Bedingt durch die Kaltwasserbehandlung hatte er nach einer halben Stunde keine Schmerzen mehr und auch die Rötung auf seiner Haut hatte erheblich nachgelassen. Natürlich musste er damals diese Abkühlungsprozedur unter seiner Kabinendusche öfters wiederholen, denn so schnell ließen die Verbrennungsschmerzen nicht nach. Aber es half dem anbrannten Assi sehr gut in dieser Situation.

      Nachdem wir endlich grünes Licht zum Einlaufen in die Schleusenkammer bekommen hatten, der Fördelotse das Kommando „Hiev Anker“ gab, ging alles, auch ohne Schlepper, ganz schnell.

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      „BRUNSKOOG“ in der Holtenauer Schleusenkammer

      Der Ostwind schob uns fast in die Schleuse. In der Schleusenkammer angekommen, hieß es „Leinen an Land“…

      „Maschine voll zurück… Stopp“ und, als der Lotse uns vorsichtig bis kurz vor dem inneren Schleusentor manövriert und zum Stehen gebracht hatte, hieß es „alle Leinen fest und weiterhin stand-by vorn und achtern“. Werftkapitän und Fördelotse verabschiedeten sich von Kapitän Melzer und gingen in der Schleuse von Bord.

      Zehn Minuten später waren der Kanallotse und zwei Kanalsteuerer zugestiegen, hatten sich kurz beim Kapitän vorgestellt und waren anschließend gemeinsam auf die Brücke gestiegen, wo sie auf das Ausschleusen und die Weiterfahrt zunächst zum Bunkeranleger der ESSO warteten. Kapitän Melzer war noch mit einem Vertreter der Agentur im Gespräch, zeichnete die Klarierungspapiere für die Kanalpassage ab, ehe der Agent sich verabschiedete und Kapitän Melzer auf die Brücke eilte.

      Nachdem das Schleusentor sich zum Kanal hin geöffnet hatte, hieß es wieder „Leinen los, Maschine voraus ganz langsam)“ Wie gesagt, zunächst in Richtung Bunkerstation auf der Südseite des Kanals, vor der Prinz-Heinrich-Brücke, denn dort sollten wir noch in allen Fuel-Tanks nachbunkern.

      Der saukalte Ostwind von hinten blies uns regelrecht bis zur Bunkerstation. Bei dem Wetter in Ballast war es recht kompliziert, unser Schiff zu steuern. Wir schafften es trotzdem, ein begleitender Schlepper drückte uns querab der Bunkerstation an die Pier. Das Schiff wurde ganz schnell festgemacht, der Bunkerschlauch an Deck gehievt und am Bunkerstutzen angeschlossen. Erst jetzt konnte ich mich wieder um meinen Patienten kümmern.

      Der Agent hatte bereits die Ambulanz unterrichtet, die den Assi und mich zunächst zum Hafenarzt brachte. Dieser untersuchte unseren Assi, stellte die Diagnose „Verbrennung dritten Grades an Brust und im Gesicht“ fest, ordnete sofortiges Abmustern an und Einweisung ins Hafenkrankenhaus von Kiel. Der Chiefingenieur war stinksauer, als wir bei unserer Rückkehr an Bord ihm die Krankmeldung überreichten. Er meinte gehässig: „Der Assi ist ein Simulant, der hat nur keine Lust zum Arbeiten gehabt!“ Der Assi war vorher arbeitswillig gewesen, packte aber jetzt nach dieser gehässigen Beurteilung des Chiefs verbittert seine Sachen, bekam vom Funkoffizier sein Seefahrtsbuch mit der eingetragenen Abmusterung ausgehändigt und verschwand mit dem Schiffsmakler direkt in Richtung Krankenhaus.

      Nach drei Stunden waren

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