Seefahrt in den 1960-70er Jahren auf Bananenjägern und anderen Schiffen. Klaus Perschke
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Und plötzlich meldete sich der Klabautermann des 13. März zurück: Irgendwann bei Kilometer 95 querab vom Eider-Kanal, rief einer der Kanalsteuerer, der am Ruder stand, aufgeregt zum Lotsen: „Der Ruderanzeiger spinnt, obwohl ich das Ruder hart Backbord gelegt habe wandert das Schiff immer weiter nach Steuerbord aus!“ Der Lotse stoppte sofort die Maschine, das Schiff wanderte wie verhext mit dem Steven trotzdem immer weiter nach Steuerbord aus. Der Voithschneider-Schlepper am Steven versuchte den Steven der „BRUNSKOOG“ noch herumzureißen. Es war aber zwecklos. Der Steven bohrte sich jetzt direkt in die nördliche Kanalböschung, wo er damit das Schiff zum Stehen brachte, aber mit dem Heck weiter zur Südböschung drehte, also zur gegenüberliegenden Seite driftete und damit den gesamten Kanal für den Schiffsverkehr blockieren würde. Der Heckschlepper hatte das sofort erkannt und versuchte mit aller Kraft das Heck zurück nach Steuerbord herumzuziehen. Der Ostwind war zu stark und drückte das hoch herausragende Schiffsheck jetzt immer weiter nach Backbord bis das Schiff fast an der südlichen Backbordböschung des Kanals auflief, so dass wir fast quer im Kanal zu liegen kamen.
Zufällig lag an der Bunkerstation ein weiterer, ziemlich starker Seeschlepper mit sehr viel mehr Power, und dessen Kapitän hatte von Anfang an unsere missliche Lage aufmerksam beobachtet. Er ließ sofort die Maschine seines Schleppers starten, die Leinen losschmeißen und kam mit Volldampf auf unser Heck zugefahren. Dort legte er sich auf unserer Steuerbord-Seite bei Luke vier gegen die Bordwand, gab seinen Schleppdraht zu uns hoch an Bord und zog, als wir ihn achtern über einen Poller befestigt hatten, mit aller Kraft gemeinsam mit dem anderen Schlepper unser Heck vom südlichen Kanalufer ab, um es wieder in Fahrtrichtung zu jonglieren. Alle drei Schlepper drückten die „BRUNSKOOG“ zunächst an die nördliche Böschung des Kanals und mit dem Maschinenmanöver „Ganz langsam zurück“ nahm der Lotse die Vorausfahrt aus dem Schiff. Es war verdammt kritisch, denn wir mussten sowohl den entgegenkommenden Verkehr als auch die mitlaufenden Schiffe, die uns passieren wollten, im Auge behalten, damit sie uns rechtzeitig ausweichen konnten. Während dieses ganzen Trubels kam von der Brücke der Befehl: „Klar bei Anker!“ Unser junger Zimmermann auf der Back verstand aber: „Letgo Anker!“ Er drehte die Bremse des Backbord-Ankers los und…um ein Haar wäre der nur durch seinen kurzen Schleppdraht verbundene und uns abtauende Voithschneider-Schlepper vom fallenden Anker getroffen und garantiert vorn an Backbord-Seite des Stevens versenkt worden. Der Schlepperkapitän war schockiert und hatte jetzt die Nase gestrichen voll. Er schrie über UKW den Lotsen an. Kapitän Melzer, eigentlich ein eiskalter Draufgänger, wurde durch die andauernden Missgeschicke vorn auf der Back langsam nervös und rief wütend gereizt über die Wechselsprechanlage: „Was macht ihr Vollidioten da vorn auf der Back? Bin ich denn hier in einem Irrenhaus gelandet? Herr Perschke, Sie sind mir eine Erklärung schuldig!“ Der Vor- und beide Achterschlepper jonglierten uns nach diesem Zwischenfall anschließend in die vor uns liegende Kanalweiche und drückten uns an die Dalben, wo wir jetzt mit beiden Ankern und den uns an die Pfähle drückenden Schleppern den Kanal für die übrige Schifffahrt passierbar machten.
Was war passiert? Schlimmes war passiert, wie sich herausstellte! Die Rudermaschine hatte zwei elektrohydraulische Ruderkolbenpumpen. Und von der Backbord-Hydraulikpumpe war ein Kolben gebrochen. Ein Materialfehler, den die Einbaufirma beim Einbau nicht feststellen konnte. Erst unter der hohen Belastung der Backbord-Kolbenstange brach diese. Glück im Unglück, die andere Kolbenstange hätte auch noch brechen können. Pech trotzdem: Leider gab es kein Ersatzteil dafür an Bord. Die Schiffsingenieure waren hilflos. Ein Glück, dass das Malheur noch im Bereich der Holtenauer Bunkerstation passiert war. Wir wurden später mit Hilfe der drei Schlepper zurück von der Weiche zum Nordhafen geschleppt und am Bunkerplatz stramm vertäut. Dort warteten wir nochmals auf den Schiffsmakler und auf die Ingenieure der Einbaufirma mit dem Ersatzteil für die Ruderanlage, die aber erst nach zwei Stunden an Bord eintrafen. Alle vorangegangenen Vorfälle und Aktionen wurden entsprechend nach Rücksprache mit Kapitän Melzer im Schiffstagebuch eingetragen. Nach zwei Stunden war die Reparatur von der Firma ausgeführt. Der Chiefingenieur und sogar Kapitän Melzer verfolgten im Rudermaschinenraum den Austausch der Teile und die abschließenden Rudertests. Als die Ruderpumpe mit den neuen Kolben den Test bestanden hatte, also vom Chiefingenieur im Beisein des Kapitäns abgenommen worden war, konnten die Ingenieure der Ruderpumpenfirma ihre Werkzeuge wieder einpacken und von Bord gehen. Vorsichtshalber wurde ein Heckschlepper verpflichtet, zur Begleitung bis nach Brunsbüttel hinter uns herzufahren. Nach diesem unerwarteten Zwangsaufenthalt ging die verpfuschte Jungfernreise weiter durch den Kanal an Rendsburg vorbei weiter bis nach Brunsbüttel. Immer noch mit den unangenehmen eiskalten Ostwind im Nacken. Der „Freitag der 13. März Klabautermann“ hatte seinen Spuk getan, wir waren aus dem Schlamassel noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen. Dieser Schreck ließ uns, Nautiker wie Ingenieure, hellwach bleiben, stets mit dem Hintergedanken „Hoffentlich haben wir nicht noch etwas Blödes übersehen“. Trau keiner Rudermaschine, auch wenn sie tausendmal neu ist!
Ein paar Stunden später liefen wir mit unserem lose, achtern vertäuten Heckschlepper in die Brunsbütteler Schleuse ein. Unser Heckschlepper hatte seine Schuldigkeit getan und wurde entlassen. Der Kanallotse und beide Kanalsteuerer verabschiedeten sich und gingen von Bord. Wir warteten, bis der Elblotse an Bord erschienen war und kurz darauf das Schleusentor zur Elbe hin sich geöffnet hatte.
Schleuse Brunsbüttel von der Elbe aus gesehen
Wieder hieß es: „klar vorn und achtern, alle Leinen los“ und ein. „Maschine ganz langsam voraus!“ Trotz des steifen Ostwinds düsten wir Dank unserer starken Maschinenleistung aus der Schleuse, weiter mit Backbord-Ruderlage um die Ecke elbaufwärts in Richtung Hamburg. Jetzt bekamen wir den eiskalten Ostwind vier Strich von Backbord voraus.
Übernahme der ersten Ladung
Übernahme der ersten Ladung: Volkswagen nach Puerto Rico
Unser Ziel war der „Waltershof“ in Hamburg. Dort sollten wir festmachen und VW-Käfer laden. Das VW-Transportunternehmen suchte damals händeringend jedes sich anbietende Transportschiff, denn Autotransporter in der heutigen Größe gab es damals 1964 in Deutschland noch nicht. Unserem Reeder Willi Bruns war das recht, wenn wir auf der Ausreise nach Übersee eine Schiffsladung Volkswagen mit nach „San Juan – Puerto Rico“ übernahmen. Jetzt auf der kurzen Strecke nach Hamburg ließ der Elblotse die „BRUNSKOOG“ mit „Maschine langsam voraus“ laufen, denn schneller durften wir wegen der an beiden Elbufern mitlaufenden Schwell nicht fahren. Eine Stunde später nahmen uns zwei Hafenschlepper querab von Nienstedten in Empfang, also je einer vorn und achtern. Querab von Finkenwerder schleppten sie uns über Steuerbord in das Hafenbecken von Waltershof hinein zu unserem Liegenplatz gegenüber von Holzmüller. Um 06:00 Uhr war das Schiff im Grenzkanal fest, Ende der verkorksten Verholreise Lübeck – Hamburg-Waltershof.
Um 07:00 Uhr war Schichtbeginn. Zunächst wurden zwei Landkräne, je einer für Luke 1 und 2 und einer für Luke 3 und Luke 4, in Position verholt. Wir hatten in der Zwischenzeit alle vier Luken geöffnet und die Ladebäume nach außenbords getrimmt. Unsere Autoladung war für San Juan in Puerto Rico bestimmt. Um 08:10 Uhr verschwand der erste Käfer an Bord in Luke zwei Unterraum. Kurz nach 13:00 Uhr tauchte der letzte im Zwischendeck von Luke drei unter. Knapp fünf Stunden hatte das Auto-Verladen gedauert.
Der