Mörderischer Handel. Ute Dombrowski
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Am Ende des Weges öffnete er das kleine Türchen und trat auf die Stufen hinaus, die in das schmale Ufer des Baches eingelassen waren. Früher hatte er die Tür fest verschlossen, denn die kleine Beatrice war verrückt nach Wasser gewesen. Er hätte es sich niemals verziehen, wenn sie in Gefahr geraten wäre. Bei dem Gedanken daran fiel ihm sofort wieder Timur ein und seine Machenschaften, die niemand durchschauen konnte.
Die beiden hatten sich auf einem Weinfest kennengelernt und bei Beatrice war es Liebe auf den ersten Blick gewesen. Sie schwärmte von ihrem Traummann, der nicht nur gut aussah, sondern auch ein richtiger Mann war. Gerne las sie ihm jeden Wunsch von den Augen ab und schon damals hatte Peter gedacht, dass es falsch war. Timur scheuchte seine Frau hin und her und ließ sich bedienen wie ein Pascha. Der Pfarrer konnte es kaum mit ansehen, aber er hatte große Angst, dass sich seine Tochter von ihm abwendete, wenn er gegen den Freund intervenieren würde. Also schaute er zu und sah, wie sich seine kluge und selbstständige Tochter immer mehr zu einem kleinen Hausmütterchen entwickelte.
„Wenn das mal kein böses Ende nimmt“, murmelte er leise und sah dem Wasser zu, das heute sanft in seinem Bachbett dahinfloss.
Es hatte schon Jahre gegeben, da stand das Wasser im hinteren Teil seines Gartens. In diesem Jahr allerdings herrschte eine große Trockenheit und der Bach war zu einem kleinen Rinnsal geworden. Manchmal, wenn sein Beruf zu stressig war, saß er nach Feierabend auf den Stufen und schloss die Augen, um dem Plätschern zuzuhören und das stimmte ihn dann milde und gab ihm die innere Ruhe zurück.
Früher hatte er mit seiner Frau hier gesessen. Ines Jischeck und er hatten zwanzig wunderbare Jahre gehabt, bis die Krankenschwester bei einem Autounfall getötet wurde. Peter hatte lange getrauert, aber der Gedanke, dass sie bei Gott war und er so guten Kontakt zu ihm hatte, hatte ihm geholfen, das Unveränderliche zu ertragen. Er ging sonntags mit Beatrice auf den Friedhof und brachte Ines eine Rose.
Als der Unfall vor zehn Jahren ihr Leben veränderte, hatte Beatrice gerade angefangen zu studieren, weil sie unbedingt Deutschlehrerin werden wollte. Timur hatte sie davon überzeugt, das Studium abzubrechen. Peter wollte sich nicht einmischen, denn der Verlust von Mutter und Ehefrau wog schwer. Heute sagte er sich oft: Wäre ich doch dagegen angegangen.
Der Pfarrer schloss das kleine Türchen und ging ins Haus.
5
Bianca war beim Staatsanwalt gewesen und der hatte wie erwartet gewettert und geschimpft. Als Bianca drohte, den Oberstaatsanwalt um Rat zu fragen, hatte er der Ermittlung knurrend zugestimmt.
„Der hat doch tatsächlich gedacht, er kann die Ermittlung verhindern“, sagte sie jetzt zu Ferdinand und schüttelte den Kopf. „Man könnte glauben, der hängt da mit drin. Aber wahrscheinlich hat er nur keine Lust zum Arbeiten.“
„Na, das wäre doch mal was, wenn wir unseren Dr. Rosenschuh verhaften könnten.“
Ferdinand grinste.
„Aber lass mal“, fuhr er fort, „wer weiß, was für ein Affe dann kommt. Lieber den als irgendeinen, den man nicht einschätzen kann.“
Bianca nickte. Ja, der Staatsanwalt war zwar merkwürdig und unangenehm, aber er war auch durchschaubar. Bei ihm wusste man immer, dass man mit Gegenwind rechnen musste.
„Vielleicht geht er ja wirklich fremd. Oder er ist frisch verliebt. Das wäre für mich beruhigender als der Gedanke, dass ein neuer Staatsanwalt alles umkrempeln will. Wollen wir denn jetzt mal den Herrn Immobilienmakler besuchen?“
„Hast du das mit den Kollegen in Frankfurt geklärt?“
„Klar, die freuen sich schon, denn er scheint kein unbeschriebenes Blatt zu sein. Ich habe uns auch einen Termin mit einem Kollegen gemacht, der uns die wichtigsten Informationen geben kann. Er heißt Hannes Britsche. Kennst du ihn?“
„Ja, wir sind uns mal bei einem anderen Fall begegnet. Das ist ein ganz Netter.“
„Ferdinand! Ich lasse mich nicht verkuppeln.“
Sie liefen schweigend zum Auto, aber als sie eine Weile gefahren waren, fing Ferdinand noch einmal an, seine Kollegin von den Vorzügen des netten Kripobeamten zu überzeugen.
„Hannes ist ein Jahr älter als ich und sieht sehr gut aus. Er ist ledig und kinderlos. Außerdem ist der Mann sehr nett und ein guter Polizist.“
„Und da findest du, ich müsste ihn heiraten?“
Bianca lachte, denn Ferdinand hatte mit ernstem Gesicht gesprochen. Er hatte sich wie ein Heiratsvermittler angehört.
„Nein, das habe ich doch gar nicht gesagt!“
„Ich werde mit ihm über dienstliche Angelegenheiten sprechen und sehr freundlich zu ihm sein. In Ordnung?“
„Gut, aber wenn es knallt, dann gehst du mal mit ihm essen.“
„Du wirst es als Erster erfahren, wenn ich hin und weg bin. Jetzt aber Schluss. Weißt du, ich stelle mir diesen Immobilienfritzen schon ganz schrecklich großkotzig vor. So ein drahtiger, sportlicher Anzug-Typ in einem blankgeputzten Büro und auf seinem Schoß eine üppige Blondine, eine teure Uhr am Handgelenk, eine Segeljacht auf dem Mittelmeer. Im Regal eine Reihe ordentlicher Aktenordner mit Exposés von Villen in aller Welt.“
„Ich kann dir sehr gut folgen. Aber vielleicht ist es auch ein kleiner Dicker im düsteren Kellerbüro, der zu geizig ist, seinen Reichtum zu zeigen, damit ihm niemand etwas wegnimmt.“
Sie bogen in eine Straße am Rande von Frankfurt ein, in der es nur Villen hinter hohen Mauern gab. Vor der Nummer zehn hielt Bianca an. Ferdinand und sie stiegen aus und liefen ein Stück die Straße hinauf und wieder zurück.
„Ich glaube, ich habe recht“, sagte Bianca und grinste. „Mal sehen, ob er auch die Blondine hat.“
Ferdinand legte den Daumen auf den Klingelknopf und schaute freundlich in das Kameraauge. Auf dem Messingschild neben dem Eingang stand wieder das, was die beiden auch auf dem Briefkopf bei Peter Jischeck gelesen hatten.
Eine weibliche Stimme meldete sich: „Das Büro ist heute leider nicht geöffnet. Auf Wiedersehen.“
Dann verstummte sie und die beiden Kommissare schauten sich an. Ferdinand holte seinen Dienstausweis heraus und hielt ihn vor die Linse, als er erneut auf die Klingel drückte. Es dauerte einen Moment, dann summte es und das hohe Eichentor öffnete sich wie von Zauberhand.
Bianca und Ferdinand liefen über einen geschotterten Weg bis zu einem gepflegten Herrenhaus, vor dessen Tür eine ältere Frau im grauen Kostüm wartete. Sie blickte aus kalten blauen Augen auf die unerwünschten Besucher herab.
„Die Herrschaften erwarten Sie im Büro, bitte folgen Sie mir“, sagte sie grußlos und ging voran.
Bianca überlegte, ob sie an der Tür die Schuhe