Im Schatten der Dämmerung. Marc Lindner
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„Danke Herr“, verneigte sich der Diener mit einem leicht belustigten Anzeichen eines Lächelns. „Ich zweifle auch nicht an meiner Macht, Herr, aber um König zu sein, bedarf es anderer Größe, mein König. Ich würde die Bürde nicht annähernd so gut tragen wie ihr. Es ist nicht die Krone, die den König schmückt. Es ist der König, der ihr Glanz verleiht. Ich fürchte mein bleiches Antlitz würde mehr Angst als Ehrfurcht verbreiten. Ihr seid der wahre König, mein Herr.“
„Und wieder hast du recht. Verzeih mir! Diese politischen Debatten ermüden mich und machen mich weich.“ Im Gegensatz zu seinem Diener war die Stimme des Königs wohlklingend und sein Ton so rund und voll, dass man ihm ergeben zuhören musste. Selbst, als die Worte seine Sorgen mit sich trugen. Die Sorgen, die er vor keinem anderen jemals würde aussprechen. Er hatte ein Königreich voller Diener aber einzig Thanatos vertraute er blind. Dabei war er nicht einmal einer seiner Untertanen, sondern Mitglied des Blauen Turms und somit zur Neutralität verpflichtet.
„Der neutrale Ring kann den Druck nicht mehr halten. Ich erhalte Berichte, dass die Stadtherren nicht mehr Soldaten aufnehmen können und doch schlüpfen immer mehr Flüchtlinge durch unsere Netze. Ich fürchte das Bündnis der Türme kann auch nicht mehr tun.“
„Der Bogen ist gespannt, mein Gebieter. Ihr habt recht, im nächsten Winter würde die Situation nicht mehr zu kontrollieren sein. Alles ist auf Messerschneide, aber zur rechten Zeit. Wir können die nächste Phase einleiten.“
„Dann stehen die Zwerge bald mit uns im Krieg?“, wollte der König wissen und klang so entschlossen, wie es sich für einen König gehörte.
„Schon bald Herr. Unser Informant hat gute Dienste geleistet. Es ist uns gelungen den Hauptmann der königlichen Wache gefangen zu nehmen. Er wird in diesem Moment nach Sanyna gebracht. Ich selbst breche gleich dorthin auf. Sobald er zurückkehrt, wird der Krieg unausweichlich sein.“, verkündete Thanatos. „König Momos kommt mit seinen Kriegsvorbereitungen gut voran, und freut sich, dass ihr ihm eure Truppen als Unterstützung entsenden werdet, wenn es so weit ist.“
Triton musste leise lachen. Es klang eher bedrückt als belustigt. König Momos war in vieles eingeweiht, und war in die Vorstellung vernarrt, das Volk der Zwerge auszulöschen. Aber er kannte nicht den großen Plan.
„Dann wirst du ihn laufen lassen?“ Der König klang überrascht.
„Nein, er wird fliehen“, erklärte Thanatos in seinem nüchternen Tonfall.
„Was macht dich da so sicher?“, wunderte sich der König, obwohl er es doch hätte besser wissen müssen.
„Verrat, mein Herr. Ein wahrlich treuer Diener. Mächtiger gar als Angst.“ Der Vertraute des Königs brachte schließlich doch noch ein schwaches Lächeln zustande.
„Wahrlich finster diese Zeiten“, wandte sich der König dem Feuer zu, sodass der Magier seine Sorgenfalten nicht sehen konnte. „Die Feuer sind gelegt, damit der Schatten unseren Weg erhellt?“, sprach der König zu den Flammen. „Hoffnung und Liebe sind der Grundstein aller Kraft.“
„Es ist alles vorbereitet.“
„Er muss verletzlich werden. Wir müssen ihn wieder lehren zu hoffen. Ich fürchte er hat vergessen, wie das geht.“ Der König stocherte gedankenvertieft in den Flammen. Er muss sich der Rebellion anschließen, sonst war all die Vorbereitung umsonst.“
„Wir wissen von zwei Windreitern unter den Rebellen. Der Schatten hält sich derzeit im Norden auf und er scheint unseren Spuren zu folgen. Masborn wird ihn schließlich in die Berge treiben.“
„Dann wird es Zeit unsere Bündnisse zu erneuern. Ich höre schreckliche Berichte aus den anderen Königreichen. Jeder Funke könnte einen Flächenbrand entzünden. Wir müssen Zeichen setzen und ihnen Hoffnung schenken.“
„Der neutrale Ring ist darauf vorbereitet. Ihr selbst könnt bald die frohe Kunde verkünden. Bereitet alles für eine lange Reise vor.“ Thanatos reichte ihm eine winzige Pergamentrolle und verneigte sich. „Ich entsende euch zwei meiner Meister, damit sie bei den Vorbereitungen helfen. Sie werden euch treue Dienste leisten. Es ist in letzter Zeit still geworden, es ist jetzt wichtig, dass wir in Kontakt bleiben.“ Abermals verneigte sich der Magier, ohne dass der König es sah, und verließ mit gemessenem Schritt die Halle.
Selbst als die Tür geschlossen und der Herrscher dieser Hallen und eines großen Reiches alleine war, blieb dieser am Feuer stehen.
Nach einer Weile öffnete er das Pergament und überflog eine lange Liste. Es waren allesamt Städtenamen, die mit einem Datum versehen waren. Plötzlich lief es dem König eiskalt den Rücken herunter, als ihm bewusst wurde, dass der Tag gekommen war. Er ließ das Pergament sinken. Es würde in der Tat eine lange Reise werden. Unterwegs würde er viel Leid sehen, und nur der Glaube an den großen Plan, schenkte ihm die Kraft, die er dafür würde aufbringen müssen. Es wurde Zeit, dass sein Volk neue Hoffnung schöpfte und in bessere Zeiten geführt wurde. Doch aus irgendeinem Grund, wollte ihn dieser Gedanke nicht trösten. In letzter Zeit ergriff ihn ständig das Gefühl zu frieren, und nun gar war es, als würde eine kalte Vorahnung nach ihm greifen. Noch nie hatte er sich so alleine gefühlt, wie in eben diesem Moment, da er dem gierigen Spiel des Feuers zusah.
Der Zwerg
Da lag er nun schon seit einigen Stunden. Harter Stein drückte sich gegen seinen verkrampfenden Rücken. Die lodernde Wut hatte er schon vor Ewigkeiten vergessen – so kam es ihm zumindest vor. Mehr als die Riemen, die ihn an diese Steinplatte fesselten, war es sein tiefer Groll, den er gegen sich selbst hegte, der ihn schmerzte. Diese Qual ließ ihn verhärten, sodass er der Platte in nichts nachstand.
Doch etwas war seltsam. Noch darüber verwundert, warum er am Leben war, fragte er sich, warum sie ihm nicht mehr Aufmerksamkeit schenkten.
Nicht, dass es seine Art war, aber langsam wurde er unruhig. Ohne es zeigen zu wollen, ließ er seinen Blick durch den Raum gleiten – soweit wie die unnachgiebigen Fesseln es ihm erlauben wollten. Doch außer nackten Wänden und ein paar Ölleuchten konnte er nichts erkennen. Was war eigentlich geschehen? Er konnte sich nur lückenhaft erinnern.
Zu fünft waren sie losgezogen – soviel wusste er noch. Auch dass sie den Wald erkunden wollten, entsann er sich. Er konnte sich an einen heftigen Knall erinnern. Ganz so, als wäre ein hoher Tunnel eingestürzt, nur, dass dieser Lärm von oben kam. Deshalb hatten sie ihre Gänge verlassen. Doch ab dem Moment, da sie den Wald betreten hatten, erschien ihm alles wie ein Traum. Leicht dunstig, und wenn er nach einem Detail greifen wollte, war es, als würde es unter seinen Fingern zu Wasser werden, und verrann bevor er es festhalten konnte. Es war Nacht gewesen, vereinzelte Sterne quälten sich müßig durch das dichte Blätterdach. Aber was war dann passiert?
Er versuchte sich zu beruhigen, um seinen Erinnerungen mehr Raum zu geben. Ein grelles Feuer erschien vor seinem geistigen Auge. Nur schwach drang der Lärm zu ihm durch. Er hörte Schreie. Und Schritte. Hastige, kurze Schritte. Sie liefen, wieder Schreie, dann Stille.
Eine traurige Gewissheit sagte ihm, dass seine Freunde tot waren. Er verfluchte sich, dass er so feige weggelaufen war. Er hätte kämpfen sollen. Besser zu sterben, als nun hier zu liegen und der Ungnade seiner Peiniger ausgeliefert zu sein. Hätten sie ihn doch nur getötet! Denn auch so würde er sterben, nur viel