Dombey und Sohn. Charles Dickens

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Dombey und Sohn - Charles Dickens страница 42

Автор:
Серия:
Издательство:
Dombey und Sohn - Charles Dickens

Скачать книгу

Kapitän augenblicklich zu einem der kleinen Vorderfenster heraussah – den Glanzhut bereits auf dem Kopf und den segelartigen Hemdkragen sowohl, als den weiten blauen Anzug ganz in gewöhnlicher Art –, fühlte sich Walter vollkommen überzeugt, daß der Kapitän stets so sein müsse; als sei dieser Mann selbst ein Vogel, zu dem die Kleidung das Gefieder bildete.

      »Wal'r, mein Junge!« sagte Kapitän Cuttle. »Nur standhaft und noch einmal geklopft. Tüchtig, es ist Waschtag.«

      Walter ließ in seiner Ungeduld den Klopfer mit Macht niederfallen.

      »So, das wäre kräftig genug!« sagte Kapitän Cuttle und zog augenblicklich seinen Kopf zurück, als ob er einen Sturm erwarte.

      Und er hatte sich nicht getäuscht, denn eine verwitwete Dame, deren Ärmel bis zur Schulter aufgerollt waren, und deren mit Seifenschaum überzogene Arme von heißem Wasser dampften, entsprach der Aufforderung mit erstaunlicher Raschheit. Ehe sie Walter ins Auge faßte, besichtigte sie den Klopfer. Dann aber maß sie ersteren von Kopf bis zu den Füßen und sagte, sie wundere sich nur, daß noch etwas daran übrig geblieben sei.

      »Ich weiß, Kapitän Cuttle ist zu Hause«, ergriff Walter mit einem versöhnenden Lächeln das Wort.

      »Ist er?« versetzte die verwitwete Dame. »Wirklich?«

      »Er hat eben mit mir gesprochen«, sagte Walter mit verhaltenem Atem.

      »Hat er?« entgegnete die verwitwete Dame. »Dann seid Ihr vielleicht so gut, ihm von Mrs. Mac Stinger einen Gruß auszurichten und ihm zu sagen, wenn er das nächste Mal sich und seine Wohnung so weit herabwürdige, zum Fenster hinaus zu sprechen, so werde sie es ihm Dank wissen, wenn er auch selber herunterkomme und die Tür öffne.«

      Mrs. Mac Stinger sprach sehr laut und horchte, ob sich nicht etwa aus dem ersten Stock herab eine Bemerkung vernehmen lasse.

      »Ich werde es besorgen«, sagte Walter, »wenn Ihr so gut sein wollt, mich einzulassen, Ma'am.«

      Er sah sich nämlich durch eine hölzerne Befestigung ausgeschlossen, die sich quer vor der Tür hindehnte und daselbst angebracht war, um die kleinen Mac Stingers zu hindern, daß sie in ihren Erholungsaugenblicken nicht die Treppe herunterpurzelten.

      »Ich sollte meinen«, entgegnete Mrs. Mac Stinger verächtlich, »ein junger Mensch, der mir die Tür einschlagen kann, sei auch imstande, darüber wegzukommen.«

      Walter nahm dies für eine Erlaubnis einzutreten und stieg darüber hinweg; aber Mrs. Mac Stinger fragte ihn nun, ob das Haus einer Engländerin ihr Schloß sei oder nicht, und ob sie es sich gefallen lassen müsse, daß der erste beste in dieses einbreche. In dieser Sache war ihr Durst nach Belehrung noch immer sehr aufdringlich, als Walter bereits durch den künstlichen Waschnebel, der das Treppengeländer mit einem klebrigen Schweiß bedeckte, nach Kapitän Cuttles Zimmer hinaufgelangt war, wo dieser Herr hinter der Tür auf der Lauer lag.

      »Bin ihr nie einen Penny schuldig geblieben, Wal'r«, sagte Cuttle in gedämpfter Stimme und mit sichtlichen Spuren der Angst auf dem Gesicht, »sondern habe ihr im Gegenteil eine ganze Welt voll guter Dienste geleistet – den Kindern obendrein. Gleichwohl, sie ist immer eine Hexe. Puh!«

      »Dann würde ich ausziehen, Kapitän Cuttle«, versetzte Walter.

      »Kann's nicht. Wal´r«, entgegnete der Kapitän. »Sie würde mich ausfindig machen, wohin ich auch ginge. Nehmt Platz, was macht Gills?«

      Der Kapitän genoß eben aus seinem Hut ein Stück kalten Hammelbraten, Porter und einige dampfend heiße Kartoffeln, die er selbst gekocht hatte und die er je nach seinem Bedarf aus einer kleinen Pfanne von dem Feuer holte. Zur Essenszeit pflegte er seinen Haken abzuschrauben und an dessen Statt ein Messer einzusetzen, mit dem er bereits eine Kartoffel für Walter zu schälen begonnen hatte. Seine Räume waren sehr klein und rochen stark nach Tabak, sahen aber anständig genug aus, da alles so gut untergebracht war, als habe man regelmäßig jede halbe Stunde ein Erdbeben zu gewärtigen.

      »Was macht Gills?« fragte der Kapitän.

      Walter war inzwischen wieder zu Atem gekommen, aber mit dem Feuer, das ihm sein rasches Rennen eingeflößt, hatte er auch allen Mut wieder verloren. Er sah den Frager einen Augenblick an und brach mit dem Rufe »o Kapitän Cuttle!« in Tränen aus.

      Die Bestürzung des Kapitäns bei einem solchen Anblick läßt sich nicht durch Worte beschreiben. Mrs. Mac Stinger schwand davor in ein Nichts zusammen. Die Kartoffel und die Gabel entfielen seiner Hand – mit dem Messer würde es wohl ebenso gegangen sein, wenn es möglich gewesen wäre – und so saß er da, den Knaben anstarrend, als erwarte er im nächsten Augenblick zu hören, in der City habe sich eine Kluft aufgetan, die seinen alten Freund samt dem kaffeefarbigen Anzug, den Knöpfen, der Uhr, der Brille und allem verschlungen habe.

      Nachdem ihm aber Walter mitgeteilt hatte, um was es sich handelte, entwickelte er nach augenblicklichem Nachdenken seine volle Tätigkeit. Er leerte aus einer kleinen Zinnbüchse, die auf dem oberen Sims des Wandschrankes stand, seinen ganzen Vorrat an barem Geld, dreizehn Pfund und eine halbe Krone betragend, und verpflanzte ihn nach einer der Taschen seines weiten blauen Rocks. Ferner bereicherte er dieses Magazin mit dem Inhalt seiner Silbertruhe, bestehend aus zwei abgebrauchten Fragmenten von Teelöffeln und einer abgenutzten zerbeulten Zuckerzange. Dann holte er seine ungeheure doppelgehäusige silberne Taschenuhr aus den Tiefen, in denen sie ruhte, heraus, um sich zu überzeugen, daß dieses wertvolle Möbel gesund und heil war, befestigte den Haken an seinem rechten Handgelenk, ergriff seinen Knotenstock und forderte Walter auf, mit ihm zu kommen.

      Plötzlich während dieser seiner tugendhaften Aufregung fiel ihm übrigens ein, Mrs. Mac Stinger könnte ihm unten auflauern. Er hielt daher plötzlich inne und warf einen Blick nach dem Fenster, als komme ihm der Gedanke, er wolle sich lieber dieses ungewöhnlichen Weges zum Fortkommen bedienen, als seinem schrecklichen Feind in den Weg treten. Zuletzt aber entschied er sich für eine Kriegslist.

      »Wal'r«, sagte der Kapitän mit einem scheuen Blinzeln, »geht voraus, mein Junge. Wenn Ihr in den Flur kommt, so ruft mir zu: ›Lebt wohl, Kapitän Cuttle‹ und schließt die Tür. Ihr könnt dann an der Straßenecke warten, bis Ihr mich seht.«

      Diese Andeutungen beruhten auf einer genauen Kenntnis von der Taktik des Feindes; denn als Walter die Treppe hinunterkam, stürzte Mrs. Mac Stinger wie ein Rachegeist aus der kleinen Hinterküche heraus. Da sie übrigens nicht, wie sie erwartet hatte, den Kapitän traf, so erlaubte sie sich nur eine weitere Andeutung auf den Klopfer und verschwand sodann wieder.

      Es vergingen wohl fünf Minuten, ehe Kapitän Cuttle seinen Mut soweit zusammennehmen konnte, um den Fluchtversuch zu wagen. So wartete Walter an der Straßenecke und sah nach dem Hause zurück, ohne auch nur eine Spur von dem Glanzhut wahrnehmen zu können. Endlich aber brach der Kapitän mit der Plötzlichkeit einer Explosion zur Tür heraus, eilte rasch auf ihn zu und schaute auch nicht ein einziges Mal über die Schulter zurück. Sobald sie weit genug vom Hause weg waren, tat er dergleichen, als pfeife er ein Liedchen.

      »Onkel schwer beigelegt, Wal'r?« fragte der Kapitän im Weitergehen.

      »Ich fürchte es. Wenn Ihr ihn diesen Morgen gesehen hättet, würdet Ihr den Anblick nie vergessen haben.«

      »Geht schnell, Wal'r, mein Junge«, entgegnete der Kapitän, indem er selbst auch seine Schritte beschleunigte, »und haltet es so Euer Leben lang. Laßt Euch das einen guten Rat sein und prägt ihn Euch gut ein!«

      Der Kapitän ward fortan zu sehr von seinen Gedanken an Solomon Gills, vielleicht auch von einzelnen Betrachtungen über

Скачать книгу