Dombey und Sohn. Charles Dickens

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Dombey und Sohn - Charles Dickens страница 43

Автор:
Серия:
Издательство:
Dombey und Sohn - Charles Dickens

Скачать книгу

hatten, wo der unglückliche hölzerne Midshipman mit seinem Instrument vor den Augen den ganzen Horizont zu mustern schien, ob sich nicht irgendwo ein Freund zeige, der ihm aus seiner Drangsal helfe.

      »Gills!« rief der Kapitän in das Hinterstübchen eilend und seinen alten Freund ganz zärtlich bei der Hand fassend. »Legt Euern Schnabel nur gut an den Wind und wir wollen uns schon durchkämpfen. Ihr habt weiter nichts zu tun«, fügte der Kapitän mit der Feierlichkeit eines Mannes bei, der eine der kostbarsten praktischen Weisheiten von sich gegeben hat, die nur je von menschlicher Weisheit entdeckt wurden; »nur den Schnabel gut an den Wind gelegt, und wir fechten uns durch.«

      Der alte Sol erwiderte den Händedruck und dankte dem Sprecher.

      Kapitän Cuttle legte sodann mit einer Würde, die ganz im Einklang mit der Natur des Anlasses stand, die beiden Teelöffel, die Zuckerzange, die silberne Uhr und das bare Geld auf den Tisch, worauf er Mr. Brogley, den Trödler, fragte, wie hoch sich der Schaden belaufe.

      »Nun, wie hoch schlagt Ihr ihn an?« fragte Kapitän Cuttle.

      »Ei, Gott behüt' Euch«, entgegnete der Trödler. »Ihr glaubt doch nicht, daß mit diesem Eigentum da abgeholfen ist?«

      »Warum nicht?« fragte der Kapitän.

      »Warum nicht? Es ist die Rede von dreihundertsiebzig und etlichen Pfunden«, versetzte der Trödler.

      »Was tut das!« erwiderte der Kapitän, obschon durch die Zahl augenscheinlich sehr eingeschüchtert. »Schätzt wohl, es ist alles Fisch, was in Euer Netz kommt.«

      »Jawohl«, sagte Mr. Brogley: »aber Ihr wißt, Sprotten sind keine Walfische.«

      Die Weisheit dieser Bemerkung schien den Kapitän wie ein Blitz zu treffen. Er ging eine Minute mit sich zu Rat, faßte inzwischen den Makler mit der Miene eines tiefen Geistes ins Auge und rief dann den Instrumentenmacher beiseite.

      »Gills«, sagte Kapitän Cuttle, »wie steht es mit dieser Sache? Wer ist der Gläubiger?«

      »Pst!« entgegnete der alte Mann. »Kommt weiter weg. Sprecht nicht vor Wally. Es betrifft eine Bürgschaft für Wallys Vater – eine alte Bürgschaft. Ich habe schon viel davon abbezahlt, Ned, aber die Zeiten sind für mich so schlecht, daß ich jetzt nicht weiter kann. Ich habe es vorausgesehen, konnte es aber nicht ändern. Doch ja kein Wort vor Wally – nicht um die ganze Welt.«

      »Ihr habt doch einiges Geld – oder nicht?« flüsterte der Kapitän.

      »Ja, ja – o ja – ich habe einiges«, erwiderte der alte Sol, indem er zuerst seine Hände in die leeren Taschen steckte, dann aber damit seine welsche Perücke zusammendrückte, als glaube er, etwas Gold herausringen zu können: »aber ich – das wenige, das ich habe, ist nicht umsetzbar, Ned; ich kann es nicht flüssig machen. Ich habe versucht, etwas damit für Wally zu tun – aber ich bin aus der Mode gekommen und hinter der Zeit zurück. Es ist da und dort, und – und – kurz, es ist so gut wie nirgends«, fügte der alte Mann bei, indem er verwirrt umherschaute.

      Er hatte dabei ganz das Aussehen eines irren Menschen, der sein Geld an verschiedenen Plätzen versteckt, aber das Wo vergessen hatte, so daß ihm der Kapitän mit den Augen folgte, nicht ohne eine kleine Hoffnung, es könnte ihm einfallen, daß etliche hundert Pfund im Schornstein droben oder im Keller drunten versteckt seien. Aber Solomon Gills wußte es besser.

      »Ich bin längst hinter der Zeit zurückgeblieben«, sagte Sol mit verzweifelter Ergebung. »Es nützt nichts, daß ich mich so weit hintendrein nachschleppe. – Es ist besser, der Vorrat wird verkauft – er ist mehr wert, als diese Schuld – und für mich ist's am ratsamsten, wenn ich gehe und zur Ausgleichung irgendwo sterbe. Ich besitze keine Tatkraft mehr und weiß nichts mehr von diesen Dingen. Es ist am besten, wenn es so endet. Man soll den Vorrat verkaufen und ihn herunternehmen«, fügte der alte Mann bei, indem er matt nach dem hölzernen Midshipman hindeutete; »so ist es mit uns beiden auf einmal aus.«

      »Und was gedenkt Ihr mit Wal'r anzufangen?« fragte der Kapitän. »Hier, hier – setzt Euch nieder, Gills, setzt Euch, und laßt mich darüber nachdenken. Wenn ich nicht ein kleines Jahresgehalt besäße, das bis heute für mich ausreichte, so hätte ich nicht nötig, mich darüber zu besinnen. Aber legt nur Euren Schnabel gut an den Wind«, fuhr der Kapitän in abermaliger Wiederholung dieses unwiderstehlichen Trostspruches fort, »und es wird alles gut werden!«

      Der alte Sol dankte ihm von Herzen und ging hin, um statt des Schnabels den Kopf gegen den Kamin des Hinterstübchens zu lehnen.

      Kapitän Cuttle promenierte eine Weile im Laden auf und ab und zog während seines tiefen Gedankengangs die buschigen schwarzen Augenbrauen so tief zur Nase herab, daß sie wie die umhüllenden Wolken eines Berges aussahen und Walter sich scheute, den Strom seiner Betrachtungen zu unterbrechen. Mr. Brogley, der der Gesellschaft durchaus keinen Zwang antun wollte und einen gar sinnreichen Geist hatte, ging mit leisem Pfeifen unter den Ladenvorräten umher, klopfte an die Wettergläser, schüttelte die Kompasse, als seien sie Pillenschachteln, und hob mit den Magneten Schlüssel auf, schaute durch Teleskope, suchte sich mit dem Gebrauch der Himmelskugeln bekannt zu machen, setzte Parallellineale rittlings auf seine Nase und vergnügte sich mit andern physikalischen Belustigungen.

      »Wal'r!« sagte endlich der Kapitän. »Ich hab's.«

      »Wirklich, Kapitän Cuttle?« rief Walter mit großer Lebhaftigkeit.

      »Kommt hierher, mein Junge«, fuhr der Kapitän fort; »der Ladenvorrat ist die eine Sicherheit. Ich bin die andere. Euer Chef ist der Mann, der das Geld vorschießen soll.«

      »Mr. Dombey?« stotterte Walter.

      Der Kapitän nickte gravitätisch.

      »Schaut ihn an«, sagte er. »Schaut Gills an. Wenn man jetzt alle diese Dinge verkaufen wollte, so würde er den Tod davon haben. Das wißt Ihr so gut wie ich. Wir dürfen keinen Stein unumgekehrt lassen – und da ist jetzt ein Stein für Euch.«

      »Ein Stein! – Mr. Dombey!« – stotterte Walter.

      »Vor allem lauft Ihr nach dem Bureau hin und seht, ob er dort ist«, sagte Kapitän Cuttle und klopfte ihn auf den Rücken, »Rasch!«

      Walter fühlte, daß er gegen diesen Befehl keinen Widerspruch erheben durfte, und wenn ihm auch ein solcher Gedanke gekommen wäre, so würde ein Blick auf seinen Onkel ihn bald eines anderen belehrt haben. Er entfernte sich daher sofort, um den Auftrag zu vollziehen, kehrte aber bald nachher atemlos wieder zurück, um zu melden, daß Mr. Dombey nicht da sei. Es war Sonnabend, und der Chef befand sich zu Brighton.

      »Ich will Euch was sagen, Wal'r!« bemerkte der Kapitän, der auf den Fall von Mr. Dombeys Abwesenheit Bedacht genommen zu haben schien. »Wir gehen auch nach Brighton. Ich will Euch decken, mein Junge. Ich bin Eure Rückendeckung, Wal'r. Wir gehen mit der Nachmittagskutsche nach Brighton.«

      Wenn man sich überhaupt an Mr. Dombey wenden mußte – ein schrecklicher Gedanke –, so würde es Walter vorgezogen haben, das Geschäft allein und ohne Beistand zu übernehmen, als gedeckt von dem persönlichen Einfluß des Kapitäns Cuttle, auf den Mr. Dombey wahrscheinlich keinen sonderlichen Wert legte. Da jedoch der Kapitän ganz anderer Meinung zu sein schien, und sich seine Beteiligung bei der Sache nicht nehmen lassen wollte – da ferner seine Freundschaft zu ernst und eifrig war, als daß ein viel jüngerer Mensch sie geringschätzig hätte behandeln dürfen, so unterließ es Walter, auch nur den mindesten Einwurf zu erheben, Cuttle verabschiedete sich daher hastig von Solomon Gills und steckte – wie Walter mit Entsetzen glaubte – in

Скачать книгу