Dombey und Sohn. Charles Dickens

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Dombey und Sohn - Charles Dickens

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Begleiter, ohne weiter zu zögern, nach dem Kutschen-Einschreibebureau und tröstete ihn unterwegs zu wiederholten Malen mit der Versicherung, er werde ihm mannhaft und ritterlich zur Seite stehen.

       Zehntes Kapitel. ENTHÄLT DIE FOLGEN, DIE DAS UNGLÜCK DES MIDSHIPMAN NACH SICH ZIEHT.

      Major Bagstok hatte oft und lang über den Prinzessinnenplatz hinüber durch seinen doppeltstarken Fernstecher unsern Paul beobachtet und hatte durch den Eingeborenen, der deshalb einen beharrlichen Verkehr mit dem Dienstmädchen der Miß Tox unterhielt, täglich, wöchentlich und monatlich ausführliche Berichte über den fraglichen Gegenstand erhalten. So gelangte er zu dem Schlusse, daß Dombey, Sir, ein Mann sei, den man kennenlernen müsse, und daß J.B. diese Bekanntschaft nicht versäumen dürfe.

      Miß Tox jedoch behauptete ihr zurückhaltendes Benehmen und wies den Major mit großer Kälte zurück, so oft er sie – was zu verschiedenen Malen geschah – über diesen Gegenstand auszuforschen versuchte. Der Major wollte daher, trotz seiner angeborenen Zähigkeit und Schlauheit, lieber die Erfüllung seines Wunsches einigermaßen dem Zufall überlassen, der, wie er in seinem Klub kichernd zu bemerken pflegte, »fünfzig gegen einmal stets zugunsten des Joey B. stand, Sir, seit sein älterer Bruder in Westindien an dem gelben Jack starb.«

      Es dauerte lange, bis er ihm in dem gegenwärtigen Falle zu Hilfe kam. Am Ende aber hatte er doch Glück. Als der schwarze Diener mit allen Einzelheiten berichtete, daß Miß Tox im Brightondienst abwesend sei, wandelten den Major plötzlich zärtliche Erinnerungen an seinen Freund Bill Bitherstone in Bengalen an, der ihm geschrieben hatte, wenn er je in diese Gegend käme, möchte er doch seinen einzigen Sohn besuchen. Zur Zeit übrigens, als derselbe schwarze Diener meldete, Paul befinde sich bei Mrs. Pipchin. Dadurch gab er dem Major Anlaß, sich des Briefes zu erinnern, den ihm Master Bitherstone bei seiner Ankunft in England überreicht hatte. Zwar war er damals nicht entfernt geneigt, diesem je Aufmerksamkeit zu schenken. Der ehrenwerte Krieger lag nun gerade an einem Gichtanfall danieder, und er wurde über die Meldung so wütend, daß er zum Dank dem Schwarzen einen Fußschemel nachwarf und hoch und teuer schwur, er wolle den Kerl noch eigenhändig umbringen – eine Drohung, die der Schwarze mehr als halb zu glauben geneigt war.

      Endlich war der Anfall vorübergegangen, und der Major begab sich eines Sonnabends, den Eingeborenen hinter sich, nach Brighton hinunter, unterwegs stets Miß Tox anredend und über der Aussicht die Augen aufreißend, daß er jetzt den ausgezeichneten Freund, mit dem sie so geheimnisvoll getan und um dessen willen sie ihn verlassen hatte, im Sturm erobern könne.

      »Meint Ihr, Ma'am – meint Ihr?« sagte der Major, von Rachsucht glühend, während die dicken Adern seines Kopfes noch mehr aufquollen. »Glaubt Ihr, Ihr könnt Joe B. den Laufpaß geben, Ma'am? Es ist noch nicht so weit, Ma'am, noch lange nicht! Zum Teufel, noch nicht, Sir. Joe hat die Augen offen, Ma'am. Bagstok ist wachsam. J.B. versteht sich auch auf einen und den andern Schachzug, Ma'am. Ihr werdet Josh zäh finden, Ma'am. Zäh, Sir, zäh ist Joseph und verteufelt schlau.«

      Sehr zäh fand ihn jedenfalls Master Bitherstone, als er diesen jungen Gentleman zu einem Spaziergang mitnahm. Der Major nämlich mit seinem Gesicht wie ein Stiltonkäse und seinen Augen ähnlich denen eines Kabeljaus streifte, völlig gleichgültig gegen Master Bitherstones Unterhaltung, umher und schleppte ihn mit sich, während er sich allenthalben nach Mr. Dombey und dessen Kindern umsah.

      Da er übrigens zuvor von Mrs. Pipchin unterrichtet war, so erspähte er bald Paul und Florence, auf die er unverzüglich zusteuerte. Sie hatten einen stattlichen Gentleman (ohne Zweifel Mr. Dombey) in ihrer Gesellschaft. Während er mit Mr. Bitherstone in das Herz dieses kleinen Geschwaders brach, traf es sich natürlich, daß der kleine Begleiter die Genossen seiner Leiden anredete. Der Major machte sofort halt, um ihnen seine Aufmerksamkeit und Bewunderung zu schenken, erinnerte sich erstaunt, daß er sie bei seiner Freundin Miß Tox auf dem Prinzessinnenplatz gesehen und gesprochen habe, meinte, Paul sei ein verteufelt hübscher Bursche und sein kleiner Freund, fragte, ob sich dieser des Majors Joey B. entsinne. Schließlich wandte er sich, plötzlich die gesellschaftliche Etikette berücksichtigend, an Mr. Dombey, um sich gegen ihn zu entschuldigen.

      »Aber mein kleiner Freund hier, Sir«, sagte der Major, »macht mich wieder zu einem Knaben. Ein alter Soldat, Sir – Major Bagstok, Euch zu dienen – scheut sich nicht, dies einzugestehen.« Der Major lüftete dabei seinen Hut. »Gott verdamm' mich, Sir«, fügte der Major mit unerwarteter Wärme bei, »ich beneide Euch.« Dann besann er sich jäh und sagte: »Entschuldigt meine Freimütigkeit.«

      Mr. Dombey bat ihn, nicht davon zu reden.

      »Ein alter Lagergesell, Sir«, sagte der Major, »ein von Rauch ausgedorrter, sonnverbrannter, verbrauchter, invalider, alter Hund von Major, Sir, wird allerdings nicht zu fürchten haben, wegen seiner Grille von einem Mann, wie Mr. Dombey, verurteilt zu werden. Ich glaube doch, daß ich die Ehre habe, Mr. Dombey anzureden?«

      »Ich bin gegenwärtig der unwürdige Repräsentant dieses Namens, Major«, entgegnete Mr. Dombey.

      »Bei Gott, Sir!« erwiderte der Major, »es ist ein großer Name. Es ist ein Name, Sir«, fügte er mit Bestimmtheit bei, als wolle er Mr. Dombey zum Widerspruch herausfordern, um alsdann die schmerzliche Pflicht zu erfüllen, mit ihm anzubinden, »den man in allen auswärtigen Besitzungen des britischen Reichs kennt und ehrt. Es ist ein Name, Sir, den man mit Stolz tragen darf. Joseph Bagstok hat nichts von Schmeichelei an sich, Sir. Seine Königliche Hoheit der Herzog von York bemerkte bei mehr als einer Gelegenheit, ›Joey ist kein Schmeichler. Joe ist ein einfacher, alter Soldat. Joseph ist zäh, daß man es fast bedauern möchte.‹ Aber es ist ein großer Name, Sir. Bei dem Allmächtigen, es ist ein großer Name«, fügte der Major feierlich bei.

      »Ihr seid gütig genug, ihn vielleicht höher anzuschlagen, als er es verdient, Major«, versetzte Mr. Dombey.

      »Nein, Sir«, sagte der Major. »Mein kleiner Freund hier, Sir, wird es Joseph Bagstok bezeugen, daß er ein durchgreifender, fadengerader, ehrlicher, alter Tropf ist, Sir, weiter nichts. Dieser Knabe, Sir«, fuhr der Major in gedämpftem Ton fort, »wird in der Geschichte leben. – Dieser Knabe, Sir, ist keine gewöhnliche Erscheinung. Tragt Sorge für ihn, Mr. Dombey.«

      Mr. Dombey schien andeuten zu wollen, daß er sich bemühen werde, es zu tun.

      »Da ist auch ein Junge, Sir«, fuhr der Major vertraulich fort und versetzte dem gemeinten einen Stoß mit seinem Rohr. »Sohn von Bitherstone in Bengalen. Bill Bitherstone, vormals einer der Unsrigen, Der Vater dieses Knaben und ich, wir waren geschworne Freunde. Wohin Ihr auch gehen mochtet, Sir, hörtet Ihr von nichts, als von Bill Bitherstone und Joe Bagstok. Bin ich blind gegen die Mängel dieses Knaben? Keineswegs. Er ist ein Einfaltspinsel, Sir.«

      Mr. Dombey blickte nach dem geschmähten Master Bitherstone hin, von dem er wenigstens ebensoviel wußte wie der Major, und versetzte in selbstgefälliger Weise:

      »Wirklich?«

      »Ja, das ist er, Sir«, sagte der Major. »Er ist ein Einfaltspinsel. Joe Bagstok ist nicht der Mann, etwas zu bemänteln. Der Sohn meines alten Freundes Bill Bitherstone in Bengalen ist ein geborener Einfaltspinsel, Sir.« Dabei lachte der Major, bis er fast blau wurde. »Mein kleiner Freund ist vermutlich für eine öffentliche Schule bestimmt?« fügte er hinzu, nachdem er sich wieder erholt hatte.

      »Ich bin noch nicht ganz schlüssig«, entgegnete Mr. Dombey, »Ich glaube nicht. Er ist so zart.«

      »Wenn er so zart ist, Sir«, sagte der Major, »so habt Ihr recht. Nur zähe Kameraden können es in Sandhurst aushalten, Sir. Jeder andere wurde dort eigentlich gefoltert. Wir brieten die neuen Ankömmlinge bei einem langsamen Feuer und hingen sie, den Kopf unter sich, zu einem

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