Ricarda Huch: Deutsche Geschichte 2 Zeitalter der Glauben-Spaltung - Band 2 - bei Jürgen Ruszkowski. Ricarda Huch
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Gregor von Heimburg (* Anfang des 15. Jahrhunderts) war ein deutscher Jurist, Humanist und Staatsmann. Um 1430 erhielt er den Doktortitel beider Rechtswissenschaften an der Universität Padua.
Gregor von Heimburg hatte sich von keinem Sieger Dank und Lohn verdient, er blieb der schlichte Syndikus des Rates der Stadt Nürnberg, hatte aber als solcher bald neue Gelegenheit, seinen Rittersinn auf weithin sichtbarer Bühne zu betätigen. Bei den Bemühungen, ihren Grundbesitz zu erweitern, stieß die Stadt Nürnberg auf den Widerstand eines fürstlichen Nachbarn, des Markgrafen Albrecht Achilles von Brandenburg, der einen bedeutenden Anteil an allen Reichsfragen nahm und sich nach Art vieler Deutschen der damaligen Zeit in den Krieg wie in ein Fest stürzte, wo man sich berauschte und austobte. Er sagte Nürnberg Fehde an, siegte in vielen Schlachten und wollte Frieden nur gegen Zahlung einer unverhältnismäßig großen Summe gewähren. Als der Streit vor das kaiserliche Hofgericht kam, berief er sich auf ein Gesetz der Goldenen Bulle, wonach Fürsten nur von ihresgleichen könnten vorgeladen werden. Die Entrüstung über diese Dreistigkeit befeuerte Heimburg zu einer schneidenden Rede. Hätte dies Gesetz Gültigkeit, sagte er, so wäre die Gerechtigkeit unter uns vernichtet, so wäre nichts mehr da, was man Römisches Reich nennen könnte. „Denn dieses einzige Gesetz ist es, das alle anderen Gesetze aufhebt, das Reich zerstört, die Völker unterdrückt, fast unzählige Tyrannen unserem Nacken aufbürdet. O blindes, unvernünftiges Deutschland, dass du dich weigerst einen Kaiser anzuerkennen und dich tausend Herren unterwirfst! Denn was ist es anders, wenn ein Fürst nicht vorgeladen werden darf, als dass jeder in seinem Land Kaiser ist? Über 600 Jahre waltet über uns das Kaisertum; wenn schon in engere Grenzen eingeschlossen, so haben wir länger die Herrschaft geführt als Griechen und Römer; vielleicht ist nun das Ende unseres Ruhmes da, wie Gott ja keine Macht auf Erden ewig währen lässt. Ich fürchte, ich fürchte, es kommen andere und nehmen uns Land und Leute hinweg, denn es ist bekannt, dass Ungerechtigkeit König- und Kaiserreiche zerstört, von Volk zu Volk übergehen macht. In unseren Händen ist das Reich geschwächt worden und vernichtet. Unsere Nation, zerrissen und zerschlagen, findet zu keiner Stunde Ruhe, überall ertönt Kriegslärm, nirgends ist Sicherheit, jedermann lebt vom Raub … Das ist die Folge unbilliger Gesetze. Das ist es, was die Ungerechtigkeit der Fürsten erzeugt, welche, indem jeder von ihnen als Kaiser sich benimmt, das Kaiserreich zugrunde gerichtet haben.“ Diese Rede, die noch heute, nach fast 500 Jahren, uns trotz der unvermeidlichen lateinischen Rhetorik bewegen kann, bewegte von den anwesenden Fürsten nur drei; den Markgrafen von Baden und die Bischöfe von Regensburg und Eichstätt. Der Kaiser setzte diesem wie jedem Ansturm seine monumentale Stumpfheit entgegen und befreite sich von der unangenehmen Sache durch Aufschub. Nürnberg blieb nichts übrig, als sich der fürstlichen Erpressung zu unterziehen.
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Der Streit um das Bistum Brixen
Der Streit um das Bistum Brixen
Um diese Zeit bereiteten an sich unbedeutende Vorfälle an den Grenzen des Reiches, in Tirol, Ereignisse vor, die die drei Freunde vom Baseler Konzil noch einmal zu grundsätzlichem Kampf zusammen und gegeneinander führen sollten. Im Jahr 1450 starb der Bischof von Brixen, und ein anderer wurde vom Kapitel gewählt. Der Papst, obwohl er die Rechtmäßigkeit der Wahl anerkannte, setzte anstatt dessen den Kardinal Nikolaus von Cusa ein, den er aus bestimmten Gründen für geeigneter hielt, den Platz auszufüllen.
Sigismund von Tirol Si(e)gmund oder Sigismund genannt der Münzreiche, auch Herzog Siegmund von Tirol (* 26. Oktober 1427 in Innsbruck; † 4. März 1496.
Mit eben diesen Gründen hing es wohl zusammen, dass Siegmund, der Herzog von Tirol, die päpstliche Wahl bestritt, indem er sich auf das im Jahr 1439 auf dem Reichstag zu Mainz abgeschlossene Konkordat berief, wonach die Kapitel das Recht hatten, den Bischof zu wählen. Den Hintergrund der Entzweiung bildeten folgende Umstände: um ein zentralisiertes Landesfürstentum zu begründen, wollte der Herzog von Tirol die beiden Bistümer Trient und Brixen, selbständige Staaten in seinem Staat, nach Möglichkeit in den seinigen hineinziehen. Er pflegte zu sagen, für sein Land und für die Bistümer könne Sicherheit nur erlangt werden, wenn die Verwaltung der bischöflichen Temporalien, also der weltlichen Rechte, so eng mit der Verwaltung seines Landes verknüpft wäre, dass dieselbe einheitlich geführt werden könne, nicht durch die Regierung der Bischöfe getrennt würde. Die geistlichen Angelegenheiten möchten immerhin von den Bischöfen verwaltet werden. Im Hinblick auf das Bistum von Trient hatte das Baseler Konzil das Bestreben des Herzogs unterstützt, ohnedies hatten die Bischöfe, die häufig durch die Stadt Trient bedrängt worden waren, die landesfürstliche Oberhoheit des Herzogs bereits weitgehend anerkannt. Um nun zu verhindern, dass der Herzog das Bistum Brixen in derselben Weise an sich ziehe, wünschte der Papst eine verlässliche und unbeugsame Persönlichkeit an der Spitze desselben zu sehen und erlas dazu Nikolaus von Cusa. Zunächst ließen Herzog und Bischof sich die Vermittlung des Erzbischofs von Salzburg gefallen, die festsetzte, dass der Herzog den päpstlichen Bischof anerkennen, und der Bischof versprechen solle, sich gegen den Herzog so zu verhalten wie seine Vorgänger. Schon nach zwei Jahren trübte ein unscheinbarer Vorfall die empfindlichen Beziehungen zwischen den beiden Fürsten. Das hoch über Bruneck gelegene Frauenkloster Sonnenberg befand sich schon lange mit dem Bischof von Brixen im Streit wegen der Gerichtsbarkeit über einige Täler. Als nun die Äbtissin Verena von Stuben mit einem Teil ihrer Untertanen Händel bekam, suchten diese Schutz bei dem Bischof, der auch für sie eintrat und zugleich die oberste vogteiliche und richterliche Gewalt über das Kloster in Anspruch nahm.
Äbtissin Verena von Stuben geboren um 1410, gestorben nach 1472
Nein, sagte Verena von Stuben, diese Gewalt stehe dem Herzog zu und wandte sich hilfesuchend an Siegmund; es versteht sich, dass dieser nicht zögerte, den Schirm zu übernehmen. Dass der Streit sich zuspitzte, war die Folge von Cusas reformatorischem Eifer, mit dem er das überall so heillos gelockerte Klosterleben zur ursprünglichen Strenge zurückführen wollte. Er bedachte nicht, dass im Lauf der Jahrhunderte die Lebensführung überhaupt sich geändert hatte und dass von dieser Entwicklung auch die Klöster berührt werden mussten, in die ja meist Angehörige adliger Häuser eintraten. Die Äbtissin Verena, eine unerschrockene Frau, gab zu, dass das Kloster in geistlichen Dingen dem Bischof unterstehe, versprach auch, sich mit den Nonnen der Reformierung zu unterziehen; aber die Freiheit zu reisen und auch mit Männern über die Angelegenheiten des Klosters sich zu besprechen mochte sie nicht aufgeben und hielt es auch für unmöglich, eine Umwandlung des Lebens, wie Cusa sie verlangte, mit einem Schlag durchzuführen.
So suchte sie die Sache hinzuziehen und stützte sich dabei auf ihren Schirmherrn, den Herzog. Auch bei anderen erregte die Strenge des Bischofs Widerwillen; zum Beispiel verbot er den Tanz auf Kirchweihtagen, und dass die Männer in Wehr und Waffen dabei erschienen, wie es üblich war. Dadurch brachte er nicht nur das Volk gegen sich auf, sondern auch gewisse Edle, die das Recht hatten, die Kirchweihtage einzuberufen und zu überwachen. Nachdem der Streit zwischen Bischof und Äbtissin sich durch drei Jahre ergebnislos hingezogen hatte, tat der Bischof die stolze Jetzabel, wie er sie nannte, in den Bann. Auf der Schwelle der Kirche, in der der Bann ausgesprochen war, schleuderten die Geistlichen nach alter Weise die ausgelöschten Kerzen gegen das Kloster hin zum Zeichen der ewigen Verdammnis, in die Gott hingegeben habe Datan und Abiram, die das Erdreich lebendig verschlang.