Ricarda Huch: Deutsche Geschichte 2 Zeitalter der Glauben-Spaltung - Band 2 - bei Jürgen Ruszkowski. Ricarda Huch

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Ricarda Huch: Deutsche Geschichte 2 Zeitalter der Glauben-Spaltung - Band 2 - bei Jürgen Ruszkowski - Ricarda Huch gelbe Buchreihe

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Jahrhundert die Hussiten, die sich besonders in den Böhmen benachbarten Gebieten ausbreiteten, vielfach verschmelzend mit den Waldensern. In der großen, reichen und gebildeten Stadt Nürnberg hatten die Hussiten viel heimliche Anhänger; war doch Huss auf seiner verhängnisvollen Reise nach Konstanz in Nürnberg mit Ehren empfangen worden.

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      Jan Hus, * um 1370, † 1415 und das tschechische Nationalbewusstsein Böhmen war das einzige Königreich im Heiligen Römischen Reich. Prag war zu Hus’ Zeit kaiserliche Residenzstadt.

      Würzburg und Bamberg, wo die Stadt uneins mit ihrem Bischof zu sein pflegte, waren zuweilen voll von Ketzern. Den größten Bestandteil der Sekten bildeten die Handwerker, stille fleißige Leute, denen nichts Böses nachzusagen war, als dass sie vor lauter Arbeiten, Lehren und Lernen nicht genug zum Beten kämen. Aber auch ein Markgraf von Brandenburg wurde hussitischer Ketzerei verdächtigt, und auf dem Baseler Konzil wurde einmal die Befürchtung ausgesprochen, es würden sich, wenn man nicht bald und durchgreifend reformiere, alle Bauern zu den Hussiten schlagen. Denn die Hussiten wollten nicht nur eine kirchliche, sondern auch eine soziale Revolution; Tausende von hoffenden Menschen scharten sich im Jahre 1476 um den jungen Pfeifer von Niklashausen im Taubergrund, der ihnen eine paradiesische Republik vormalte, wo alle Menschen durch die Aufteilung der geistlichen Güter gleich und glücklich sein würden, nachdem man die Pfaffen totgeschlagen hätte.

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      Hans Böhm oder Hans Behem, Pauker von Niklashausen (* um 1458 in Helmstadt; † 19. Juli 1476 in Würzburg) – auch als Pfeifer von Niklashausen , Pfeiferhannes, Pfeiferhänslein oder Henselins bekannt.

      Es gibt jederzeit in den staatlichen und kirchlichen Einrichtungen Schäden, die bekämpft werden, die vielleicht auch zu ernstlichen Beeinträchtigungen führen; sie gehören zu den unlöslichen Resten des Lebens und können mitgetragen und ausgeglichen werden, wenn die Grundlage des Gesamtorganismus fest und seine Konstruktion im Allgemeinen gesund ist. Im 15. Jahrhundert aber war das Reich, das mittelalterliche Gottesreich, in dem Kirche und Staat ineinander verflochten waren, so durch und durch im Verfall, dass die Notwendigkeit einer Wiederherstellung offenkundig war. Die Reformation an Haupt und Gliedern, wie man es nannte, war die Aufgabe der Zeit. Fürsten und Volk, Priester und Laien, Gelehrte und Ungelehrte sprachen davon und gaben sich damit ab. Man lebte im Reich wie in einem sehr alten Bau, wo man zuweilen bei Nacht ein schauerliches Rieseln im Gemäuer zu hören und ein Schwanken unter den Füßen zu spüren glaubte.

      * * *

      Drei Freunde

       Drei Freunde

      Auf dem Konzil zu Basel, das im Jahre 1431 eröffnet wurde, lernten sich drei junge Männer kennen, die zu den hervorragendsten Begabungen ihrer Zeit gehörten und deren ineinander verschlungene Lebensläufe wie in einem Sinnbilde die Geistesströmungen der Zeit darstellen.

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      Papst Pius II., geborene Enea Silvio Bartolomeo Piccolomini, (geb. 18.10.1405, corsignano [jetzt pienza], republik siena – gest. 14/15.08.1464, ancona, päpstlicher Staat), war vom 19. August 1458 bis zu seinem Tod Oberhaupt der katholischen Kirche und Herrscher des Kirchenstaates.

      Einer von ihnen war ein Italiener, Enea Silvio Piccolomini aus Siena, zwei waren Deutsche: Nikolaus Krebs, aus Cues an der Mosel gebürtig, daher gewöhnlich Cusa oder Cusanus genannt, und Gregor von Heimburg, ein Franke aus adligem Geschlecht, das schon im 11. Jahrhundert blühte. Piccolomini hatte von den Talenten dieses jungen Juristen, der, wie es scheint, als Privatmann das Konzil besuchte, einen so starken Eindruck, dass er ihn beschäftigte, wozu er als Mitglied eines Ausschusses Gelegenheit hatte.

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       Nikolaus von Kues wurde im Jahr 1401 als Nikolaus Krebs (oder auch Cryfftz) in dem Ort Kues an der Mosel geboren und verstarb 1464.

      Wenn der Italiener ihn einen der drei gelehrtesten Männer des Konzils nennt, möchte man annehmen, dass er mit dem anderen sich selbst, sicher ist, dass er mit dem dritten Nikolaus von Cusa meinte. Heimburg hatte neben den Rechten die Humaniora studiert, was damals noch eine Ausnahme war, ein stattlicher Wuchs empfahl ihn, man rühmte sein heiteres, offenes Gesicht, frühe Kahlheit ließ seine Stirn noch mächtiger erscheinen. Seine Lebensführung gab nie zu Tadel Anlass, jugendliche Ausschweifungen konnten ihm nicht vorgeworfen werden; Enea Silvio dagegen gab sich unbekümmert den Genüssen des Lebens hin und pochte mit einer gewissen liebenswürdigen Frivolität auf das Recht, die natürlichen Triebe auszuleben. Er verstellte sich nicht und tat das Unerlaubte mit Bildung und Geschmack. Aufgewachsen inmitten der neuen italienischen Richtung, die das Natürliche und Schöne feierte, die kaum ein höheres Ziel kannte, als die lateinische Sprache nach dem Muster der besten altrömischen Schriftsteller zu reinigen und sich anzueignen, die Kenntnis der antiken Welt zu vertiefen und anderen zu vermitteln, war er entzückt, in Basel zwei jungen Männern zu begegnen, die ihm an Bildung und Verstand gleich waren und die in der die Welt bewegenden Frage der kirchlichen Reform eines Sinnes mit ihm waren. Alle drei hingen der vom Konzil zu Konstanz überlieferten Ansicht an, dass der Papst der im Konzil vertretenen Christenheit unterworfen sei, einer Ansicht, die der damalige Papst, Eugen IV., hartnäckig bestritt.

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      Papst Eugen IV., geborene Gabriele Condulmer (* 1383, † 1447), war vom 3. März 1431 bis zu seinem Tod Oberhaupt der katholischen Kirche und Herrscher des Kirchenstaates. Condulmer war ein Venezianer und ein Neffe von Papst Gregor XII. 1431 wurde er zum Papst gewählt.

       Von den drei Freunden war Nikolaus von Cusa die interessanteste Persönlichkeit und der bedeutendste Denker. Dieser merkwürdige Mann, in dem das Denken die stärkste Leidenschaft war, der er nicht widerstehen konnte, hat für Jahrhunderte vorausgedacht. Es gibt kaum einen Philosophen der folgenden Zeit, von dem sich nicht annehmen ließe, er habe von Nikolaus von Cusa Anregung empfangen. In der Schule der ‚Brüder vom gemeinsamen Leben’ erzogen, teilte er ihre freieren Auffassungen und stand er dem Papsttum zunächst kühl, teilweise ablehnend gegenüber. Er verurteilte die Alleinherrschaftsansprüche des Papstes im Verhältnis zum Klerus und zum Staat und die Seelenführung der Kirche, die sich mit Äußerlichkeiten begnügte. Er hätte nicht nur der Bekämpfer der alten Kirche, sondern der Vorkämpfer für einen neuen, freieren Glauben werden können. Seine Gedankengänge führten ihn zu der Einsicht, dass jeder Mensch Gott nur so weit erkennen könne, wie es seinen geistigen Kräften entspreche, und dass deshalb das Gottesbild eines rohen Volkes anders ausfallen müsse als das eines hochentwickelten. Er zog daraus nicht den Schluss, auf den Denker einer späteren Zeit verfielen, dass der Mensch sich Gott mache, dass Gott nur das in den Himmel geworfene Spiegelbild des Menschen sei; denn er ging von Gott als von der sichersten Tatsache aus; aber er folgerte daraus die Hoffnung, dass einst vielleicht alle Völker sich in einer gemeinsamen Religion vereinigen würden, wenn sie begriffen, dass sie alle nur eine mittelbare Kenntnis des Einen, Unerreichbaren hätten, dessen von ihren Vätern ahnungsvoll erschautes Bild sie anbeteten. In seinem Werk De pace seu concordantia fidei lässt er Gottvater, umgeben von Engeln und Seligen, die Herstellung der Glaubenseinheit beschließen und 17 Nationen im Himmel der Vernunft friedlich vereinigen. Würde ein Löwe Gott ein Antlitz geben, sagt er, so würde es wie das eines Löwen ausfallen, bei dem Adler wie das des Adlers. „Wie ein jeder eine Brille auf der Nase hat, also erscheint und ist ihm Gott“ drückte es später volkstümlich Sebastian Franck aus.

      Indessen je enger Cusas Denken die Idee Gottes, die absolute Vernunft umkreiste, desto deutlicher wurde ihm die Ohnmacht

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