Ein verhängnisvoller Wunsch. Sabine von der Wellen

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Ein verhängnisvoller Wunsch - Sabine von der Wellen

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ihr.

      Sie sah ihn fassungslos an. Es war das erste Mal, dass er sich von seinem entfernten Stützpunkt in die Chefetage verirrte. Dabei versuchte sie zu erfassen, was der Telefonteilnehmer am anderen Ende ihr mitteilte.

      „Hm, das ist in der Tat etwas seltsam. Ich werde das gleich überprüfen und Frau Albers ausrichten. Sie wird sie dann verlässlich zurückrufen. Und ich werde Ihnen die nötigen Unterlagen zusenden“, versuchte sie den Kunden zu beruhigen und fühlte sich schon am ersten Tag des neuen Jahres überfordert. Sie warf Hardy einen düsteren Blick zu und sah zu dem freien Schreibtisch hinüber, der noch auf seinen Einsatz wartete, und zu Cornelias Tür, die gottseidank verschlossen war.

      „Das tut mir wirklich leid. Ich werde sehen, was da schiefgelaufen ist und wir melden uns dann bei Ihnen so schnell es geht. Auf Wiederhören!“

      Isabel warf den Hörer auf das Telefon und fauchte Hardy an: „Was willst du hier? Dass du dich noch unter meine Augen traust!“

      „Aber Mäuschen! Es tut mir schrecklich leid wegen Silvester. Ich wollte gerade zu dir, als meine Eltern überraschend vorbeikamen. Ich konnte ihnen doch nicht sagen, dass ich noch auf Silvester ausfahre, während meine Frau mit den Kindern Zuhause bleibt. Versteh doch! Meine Eltern sind in solchen Dingen echt spießig. Bitte verzeih mir. Ich mache alles wieder gut.“

      Isabel war einen kurzen Moment versucht, ihm wirklich zu verzeihen. Doch dann hörte sie wieder das Gelächter und die laute Musik, die sie gehört hatte, als sie fast schon früh am Morgen bei ihm angerufen hatte. Sie glaubte ihm kein Wort.

      „Verschwinde! Ich möchte nicht mehr, dass wir uns treffen. Hast du verstanden?“ Sie wollte ihrer Stimme etwas mehr Nachdruck und einen bösen Unterton verleihen, aber sein verletzter Gesichtsausdruck ließ ihre Stimme nur traurig und niedergeschlagen klingen. So setzte er auch gleich an, es noch einmal zu versuchen. Doch Isabel winkte ab: „Vergiss es. Es ist mir wirklich ernst. Ich brauche keinen von euch Trotteln. Ihr seid es doch alle nicht wert, sich mit euch einzulassen.“

      Puh, das klang gar nicht nett. War sie in der letzten Nacht etwa zu einer emanzipierten Frau herangereift, die wirklich meinte, was sie sagt?

      Irgend so ein hirnloses Männchen in ihrem Inneren schrie: „Vergib ihm! Sonst bist du wieder völlig allein und deine vielleicht letzte Chance ist vertan.“

      Nur mit Mühe konnte sie diese Stimme überhören. Die Sache mit der starken Frau gefiel ihr.

      Geschlagen drehte Hardy sich um und ging langsam zur Tür. Bevor er sie hinter sich zuschlagen ließ, drehte er sich noch einmal um. Sein Blick war herzerweichend.

      „Trotzdem Danke für die schönen Rosen. Aber es ist besser so“, rief sie ihm hinterher und setzte sich an den Schreibtisch.

      Über sein Gesicht schob sich einen kurzen Moment lang ein überraschter Ausdruck. „Welche Rosen?“ Doch als Isabel schnell abwinkte, ging er.

      Also waren die Rosen nicht von ihm.

      Wieder wurde die Tür aufgerissen und Tanja kam im Eilschritt herein. „Hallo. Ein frohes Neues wünsche ich dir! Ich hatte doch glatt einen Platten … und das im neuen Jahr. Das fängt ja gut an.“

      Sie hing ihre Jacke auf und setzte sich an den Schreibtisch, um den Computer hochzufahren.

      „Was wollte dieser Kerl denn hier drinnen?“ Sie wies mit dem Kinn auf die Tür, hinter der Hardy kurz vorher verschwunden war. „Du hast doch nichts mit dem, oder?“

      Isabel schüttelte den Kopf und erwiderte aufgebracht: „Wie kommst du denn darauf? Der ist doch verheiratet!“

      „Ich meine nur. Was ich von dem schon alles gehört habe. Naja, ist auch egal. Ist die Chefin schon drinnen?“

      „Ja, aber wir sollen noch keine Gespräche durchstellen. Aber … was … was hast du denn von dem gehört?“ Isabels Hand wedelte in Richtung Tür, hinter der Hardy verschwunden war, als wäre das eigentlich gar nicht von Belang. Aber ihr Herz begann unruhig zu schlagen.

      Tanja sah noch einmal prüfend in einen Spiegel, den sie in ihrer untersten Schreibtischschublade immer bereitliegen hatte, und strich sich das kurze, blonde Haar zurecht. Dann sah sie ihre Tischnachbarin an. Sie machte eine wegwerfende Handbewegung und packte den Spiegel zu den anderen Schminkutensilien. „Ach, das ist so ein Weiberheld. Trotz Frau und Kinder. Der kriegt jede! Das behauptet er zumindest, der Spinner. Der ist sowas von eingebildet, hält sich für den Größten und Schönsten und ist dabei ein völliges Arschloch. Und er macht einen beschissenen Job, habe ich gehört. Wenn er Pech hat, ist er bald seinen Posten als Logistikleiter los, weil er ständig irgendeinen Scheiß fabriziert.“

      „Ach so“, schaffte Isabel nur zu erwidern und starrte auf die vielen Zahlen und Adressen, die der Computer ausspuckte, ohne wirklich etwas zu sehen. Sie wusste nur zu gut, wie es um seinen Einsatz für die Firma stand. Sie selbst hatte den einen oder anderen Fehler von ihm in den letzten vier Wochen ausgebügelt. Aber damit war jetzt Schluss. Und wenn er auch nur einem verriet, dass sie sich von ihm erweichen lassen hatte, dann wird sie sogar selbst dafür sorgen, dass er nicht mehr länger in dieser Firma tätig ist.

      Sie sah in Tanjas blaue Augen, die sie herausfordernd musterten, als sie nichts weiter dazu sagte. Wahrscheinlich wusste sie sowieso schon Bescheid. Wahrscheinlich wussten alle Bescheid!

      Am liebsten würde Isabel sich verkriechen. Warum machte sie sich in den letzten Jahren nur immer wieder zum Gespött der Menschen? Was war nur los? Konnte sie denn wirklich nicht mehr Gut von Böse unterscheiden? War sie nicht mehr in der Lage, vernünftig zu denken? Nah, das wird sich jetzt ein für alle Male ändern.

      Eine blecherne Stimme meldete sich. „Isabel, es können jetzt Gespräche durchgestellte werden. Gab es heute Morgen schon etwas Wichtiges?“

      „Ja, ein Herr Sachser von der Firma Mellcopp fragte nach, warum die letzte Lieferung ausgeblieben ist und wieso noch kein Katalog für dieses Jahr zugesandt wurde. Ich habe ihn erst einmal vertröstet und suche jetzt die Unterlagen heraus. Ich bringe sie dir dann rein.“

      Cornelia bedankte sich nachdenklich und die Verbindung wurde beendet.

      „Weißt du etwas darüber, dass die Firma Mellcopp die letzte Lieferung nicht bekommen hat und warum an die Firma keine neuen Kataloge geschickt wurden? Die haben wir doch schon Anfang Dezember verteilt. Da muss etwas schiefgelaufen sein.“ Isabel sah Tanja fragend an, die aber nur unwissend die Schultern hochzog.

      Ein ungutes Gefühl beschlich sie. Hatte sie die Sache vielleicht verbockt?

      „Mellcopp, Mellcopp …“ Ihr wollte nichts so recht zu dem Namen einfallen. Doch sie war sich darüber im Klaren, dass es durchaus möglich sein konnte, dass sie die Firma irgendwie aus dem Computer gekickt hatte. Auch jetzt fand sie nichts in ihren Listen und sie ging zu dem großen Aktenschrank, um in den alten Karteikarten nachzusehen.

      „Tatsächlich. Da ist sie!“ Isabel wurde blas. Das war eine Firma aus ihrem Ressort. Sie ging mit der Karte in der Hand zu ihrem Schreibtisch zurück und gab die Daten neu ein. Der Computer zeigte ihr an, dass diese Firma in einer anderen Rubrik abgespeichert war. Isabel sah nach und fand sie bei den Importeuren wieder.

      Das konnte doch nicht sein! In welchem seltsamen Wahn hatte sie denn das verbockt?

      „Hast du etwas gefunden?“, fragte Tanja, während sie ihre Finger über die Tastatur jagte, um die Inventur für das vergangene Jahr abzuschließen.

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