Ein verhängnisvoller Wunsch. Sabine von der Wellen
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„Ich glaube schon. Ich meine, ich weiß es. Es ist wohl mein Fehler. Ich habe das verbockt.“ Isabel seufzte betroffen und fing sich einen beunruhigten Blick von Tanja ein. Sie wusste, dass Isabel im letzten Jahr einige Fehler gemacht hatte, die nicht alle im Verborgenen gehalten werden konnten.
Das kommt nur wegen der Männer. Du läufst schon seit Monaten mit einem Brett vor dem Kopf durch die Welt und hast wirklich lange gebraucht, endlich etwas zu begreifen.
„Jaja!“
„Was sagst du?“, rief Tanja mit einem seltsamen Blick.
„Ach nichts!“ Isabel winkte schnell ab.
Das Telefon läutete und sie nahm den Hörer in die Hand, der tonnenschwer war, und meldete sich. Nach einem kurzen Gespräch stellte sie zu ihrer Chefin durch.
Für sie stand fest, dass sie Cornelia noch am selben Vormittag ihren Patzer beichten musste. Sie schluckte schwer. Diese Fehler kamen in letzter Zeit einfach zu häufig vor. Sie wusste schon, was dann kommen wird …
„Ich glaube, du hast ganz dringend einen längeren Urlaub nötig. Seit vier Jahren lässt du dir das meiste davon ausbezahlen, ohne wirklich mal länger auszuspannen. Das kann doch nicht gut gehen. Sieh das doch mal ein!“
Isabel hasste das Wort Urlaub. Das hieß morgens aufstehen, nichts mit seinem Tag anfangen zu können, herumzulungern, traurig, überflüssig und nutzlos zu sein.
Sie brauchte diese Firma. Sie brauchte die Menschen hier und die Arbeit. Zuhause war sie nur einsam. Sie hasste diese Einsamkeit, diesen Frust. Es reichte ihr schon, dass sie am Samstagnachmittag oft früh nach Hause gehen konnte und sonntags frei hatte. Sie traf sich dann zwar mal mit Freunden oder ging abends zu einer Geburtstagsparty. Aber ihr Bekanntenkreis bestand immer mehr aus Ehepaaren, die zum Teil schon Kinder hatten, Pärchen, die schon ewig zusammen waren oder den wenigen Singles, bei denen sich das, wie bei ihr, nie ändern wird. Manchmal beneidete sie diese verheirateten, verlobten, verliebten. Doch wie oft wurde sie schon Zeuge von Tragödien. Es hatte schon bitterböse Scheidungen gegeben und Zänkereien. Sie mochte diese Traurigkeit bei anderen nicht, weil sie dann immer mitlitt.
Liebe ist doch nur etwas für Schwachköpfe. Nur ein Mittel, um sich zu Quälen.
Isabel musste erneut an Silvester denken und die vielen Tränen, die sie geweint hatte. Es war auch wirklich zu dumm, dass man nicht in der Lage war, Gefühle aus dem Spiel zu lassen. Eine Beziehung ohne Liebe und Gefühle … nur blanker, wilder Sex …
Schön wärs, wenn das ihr Ding wäre. Aber der bloße Gedanke daran trieb ihr die Schamröte ins Gesicht. Außerdem musste sie feststellen, dass solche Begegnungen meist ziemlich unbefriedigend verliefen. Es musste schon mehr sein. Sie musste wenigstens das Gefühl haben, dass sie ihrem Bettgefährten auch wirklich echte und aufrichtige Gefühle entgegenbrachte … oder ihn zumindest irgendwie mochte. Meistens entpuppte sich das zwar sehr schnell als Fehlfunktion einer ihrer Gehirnregionen, aber der Sex wurde damit zumindest angenehmer.
„Isabel, es klingelt. Soll ich abnehmen?“
Isabel griff schnell zum Hörer und meldete sich. Tanja sollte nicht merken, dass sie mit ihren Gedanken wieder einmal weit weg gewesen war.
Auch das zweite Telefon läutete und Tanja übernahm. Langsam wurde es rege. So liebte Isabel das. Dann wurde sie zumindest von ihren Gedanken abgelenkt. Außerdem gewann sie so Zeit, um sich eine plausible Erklärung für die erneut aufgetretenen Missstände auszudenken, die sie ihrer Chefin noch beichten musste.
Aber ewig konnte sie das nicht hinausschieben und was dann geschah würde sich zeigen.
Erschöpft und unzufrieden fuhr Isabel am Abend in die Garage, die sie vor zwei Monaten endlich mieten konnte. Damit war ihr heißgeliebter Beetle nicht mehr schutzlos dem Wetter ausgesetzt.
Sie nahm die Tüte mit dem gebratenen Huhn in süßsaurer Soße vom Beifahrersitz und ging über den Hinterhof, um das Haus herum, zur Eingangstür. Noch bevor sie ihren Schlüssel aus der Handtasche geklaubt hatte, wurde die Tür von innen aufgezogen und ein Mann sprang ihr eilig entgegen.
Isabel stolperte erschrocken zur Seite und umklammerte ihr Huhn in Soße.
„Guten Abend!“, meinte sie gehörte zu haben und sah dem Davoneilenden hinterher. Doch ihr Blick erhaschte nur noch die dunkelblonden, welligen Haare und die große, schlanke Gestalt in einem ziemlich konservativen Anzug.
Schnell schlüpfte sie durch die Tür ins Haus und ließ sie kopfschüttelnd zuschlagen. Sie hatte diesen Typ hier noch nie gesehen. War das ein neuer Nachbar?
„Ist doch egal“, ermahnte sie sich aufgebracht, weil ihr Innerstes schon wieder zu lechzen begann, wie ein Hund nach einem fleischigen Knochen in erreichbarer Höhe.
Schnell ging sie die Treppe zu ihrer Wohnung hinauf, wo ihre Atemwege immer noch einen aufregenden, männlichen Aftershaveduft wahrnahmen. Sie reagierte schon immer besonders auf Aftershaves und dieses war extrem angenehm.
Als wolle ihr Gewissen sie an andere Aftershaveerlebnisse erinnern, kam ihr Carsten in den Sinn. Der hatte sich immer so viel eines furchtbar süßen Duftes ins Gesicht, und auch sonst wohin, geschmiert, dass ihr davon regelmäßig schlecht wurde. Als sie ihm das sagte, meinte er nur, dass sie ihn nicht wirklich lieben würde, wenn sie seinen Duft nicht ertrug, - und ging.
An ihrer Wohnungstür angekommen, wurde ihr bewusst, dass immer noch dieser Duft in der Luft lag. Isabel sah sich um. War dieser Mann vielleicht hier oben vor ihrer Tür gewesen? Nichts deutete darauf hin und sie verwarf den Gedanken. Mehr als ihren Namen auf dem Klingelknopf gab es hier auch nicht zu sehen. Wahrscheinlich war er in einer der unteren Wohnungen gewesen und der Duft war bis hier heraufgezogen.
Sie schloss aber dennoch beunruhigt die Tür auf und betrat vorsichtig die Wohnung. Doch hier war dieser Geruch definitiv nicht vorhanden.
Schnell schloss sie die Tür wieder zu, um ihn gar nicht erst in ihre Wohnung ziehen zu lassen. Dort hatte Männerduft nichts zu suchen … vor allem nicht, wenn der dazugehörige Mann ausblieb.
Sie warf ihre Jacke über den Küchenstuhl und setzte ihr Tütenhuhn auf den Tisch. Im Wohnzimmer drückte sie den Anrufbeantworter an, der zwei Anrufe anzeigte und hörte sich kurz das Band an. Das erste war ihre Mutter, die sie für Sonntag zum Essen einlud. Das zweite war von Susanne, die ihr mitteilte, bei wem sich diese Woche der Handarbeitsclub traf.
Isabel holte einen Teller und Besteck und setzte sich seufzend an den Küchentisch. Sie aß ohne viel Appetit das Huhn. Vielleicht sollte sie sich diese Woche einmal aufraffen und ihre gehäkelte Spitze einpacken und wieder einmal hingehen. Sie hatte es in dem letzten halben Jahr auf ganze zehn Zentimeter Spitze gebracht und würde das Ding wohl in hundert Jahren nicht fertigbekommen. Sie muss an geistiger Umnachtung gelitten haben, als sie sich dazu überreden ließ, dort mitzumachen.
Sei nicht albern. Ein Treffen mit ein paar Frauen wird dir ganz guttun. Wo es keine Männer gibt, gibt es auch keine Probleme.
Blödsinn! Bei diesen Frauentreffen wurden doch Probleme erst zu welchen gemacht. Fühlte man sich vorher kerngesund, wurde man dort über alle möglichen Erkrankungen, und vor allem