Vom Winde verweht. Margaret Mitchell

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Vom Winde verweht - Margaret Mitchell

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zusammen und verwandelten die lange Allee in einen dämmerig en Tunnel. Sobald sie sich dann geborgen fühlte, ging sie langsamer. Sie keuchte noch, denn sie war zu fest geschnürt, als daß sie schnell hätte laufen können. Bald war sie am Ende der Auffahrt draußen auf der Landstraße, aber sie hielt erst an, als sie um die Ecke gebogen war und eine große Baumgruppe zwischen sich und demHause hatte.

      Atemlos und mit erhitzten Wangen setzte sie sich auf einen Baumstumpf und wartete auf ihren Vater. Er hätte schon hier sein müssen, aber sie war froh, daß er sich verspätete, so hatte sie Zeit, Atem zu holen und ihr Gesicht so weit zur Ruhe zu bringen, daß er keinen Verdacht schöpfen konnte. Jeden Augenblick mußte Hufschlag erschallen, und sie würde ihn in seinem halsbrecherischen Tempo den Hügel heraufgaloppieren sehen. Aber die Minuten vergingen, und Gerald kam nicht, das Herz wurde ihr wieder bitterlich schwer.

      Ihre Gedanken folgten den Windungen der Straße, die nach dem Frühlingsregen blutrot vor ihr lag, den Hügel hinab bis an den trägen Flintfluß, durch das Gewirr der sumpfigen Wiesen und gegenüber den Hügel wieder hinauf nach Twelve 0aks, wo Ashley wohnte. Nur das war jetzt der Sinn dieser Straße: sie führte zu Ashley nach dem schönen Haus mit den weißen Säulen, das den Hügel krönte wie ein griechischer Tempel

      »0 Ashley! Ashley!« Das Herz schlug ihr rascher.

      Etwas von der eiskalten Verwunderung und Unglückseligkeit, die auf ihr lasteten, seitdem die Tarletons ihr den Klatsch erzählt hatten, glitt in die Tiefen ihres Gemüts zurück und machte dem Fieber Platz, von dem sie seit zwei Jahren besessen war.

      Jetzt kam es ihr sonderbar vor, daß sie Ashley früher nie besonders anziehend gefunden hatte. Damals sah sie ihn kommen und gehen und hatte keinen Gedanken für ihn. Aber seit jenem Tag, vor zwei Jahren, als Ashley nach seiner langen Europareise seinen ersten Besuch in Tara machte, hatte sie ihn geliebt. Sie hatte auf der Veranda vor der Eingangstür des Hauses gesessen, als er in seinem grauen Tuchanzug die lange Allee heraufgeritten kam. Wie untadelig seine breite schwarze Krawatte über dem fein gefältelten Hemd saß! Noch jetzt entsann sie sich jeder Einzelheit seiner Kleidung, der blank gewichsten Schuhe, der Kamee mit dem Medusenkopf an der Krawattennadel, des breiten Panamahutes, den er abnahm, sobald er sie erblickte. Er war abgestiegen und hatte die Zügel einem farbigen Kind zugeworfen. Da stand er und sah zu ihr hinauf, lachend und die verträumten grauen Augen weit geöffnet. Die Sonne schien so hell auf sein blondes Haar, daß es wie eine glänzende Silberkappe aussah. Dann hatte er gesagt: »Nun bist du also erwachsen, Scarlett«, war die Stufen heraufgesprungen und hatte ihr die Hand geküßt. Ach, seine Stimme! Nie konnte sie vergessen, wie ihr Herz geklopft hatte, als hörte sie zum erstenmal die gedehnten klangvollen Laute. In jenem ersten Augenblick hatte sie ihn begehrt, einfach und ohne alle Überlegung nach ihm verlangt, wie sie nach Speisen verlangte, nach Reitpferden und nach ihrem weichen Bett, darin zu schlafen.

      Zwei Jahre lang war er in der Provinz ihr Verehrer gewesen, auf Bällen, bei Picknicks und auf Gerichtstagen, nicht so oft wie die Zwillinge Tarleton oder Cade Calvert, nicht so aufdringlich wie die Brüder Fontaine, aber immerhin war keine Woche vergangen, ohne daß Ashley auf Tara vorsprach.

      Gewiß, erklärt hatte er sich ihr nie, und in seinen klaren grauen Augen war nie etwas von jener Hitze erschienen, die Scarlett so gut bei anderen Männern kannte. Und dennoch wußte sie, daß er sie liebte, sie konnte sich nicht irren. Der Instinkt, der stärker war als die Vernunft, und ein Wissen, das aus Erfahrung stammte, sagten es ihr. Zu oft war sie seinem Blick begegnet, wie er sie ansah mit einer Sehnsucht und zugleich einer Traurigkeit, die ihr rätselhaft war. Sie wußte doch, daß er sie liebte, aber warum sagte er es ihr nicht? Das konnte sie nicht begreifen, und es gab so viel an ihm, das sie nicht begreifen konnte. Er war immer höflich, aber fern und unnahbar. Nie wußte jemand, woran er dachte, und sie am allerwenigsten. In einem Land, wo jeder zu sagen pflegte, was er da chte, sobald ihm ein Gedanke nur kam, konnte Ashleys Zurückhaltung sie zur Verzweiflung bringen. Bei den üblichen Zerstreuungen, der Jagd, dem Spiel, dem Tanz und der Politik, tat er sich nicht minder hervor als die andern, und zu Pferd übertraf er sie alle. Was ihn aber von allen andern unterschied, war, daß all diese angenehmen Zeitvertreibe weder Zweck noch Ziel seines Lebens bedeuteten. Mit seiner Liebe für Bücher und Musik, mit seinem Hang zum Dichten und Träumen stand er allein.

      Ach, warum sah er so gut aus und war so blond, warum so unnahbar und höflich und so aufreizend langweilig in seiner Unterhaltung über alles mögliche, das sie nicht interessierte - und dabei doch so liebenswert! Nacht für Nacht, wenn Scarlett mit ihm im Halbdunkel auf der Veranda vor der Eingangstür gesessen hatte und dann zu Bett ging, warf sie sich stundenlang ruhelos herum und tröstete sich nur mit dem Gedanken, daß er ihr das nächste Mal einen Antrag machen würde. Aber das nächste Mal kam und ging, und es geschah nichts - nichts, als daß das Fieber in ihren Adern immer heißer wurde. Sie liebte ihn, sie begehrte ihn, und sie begriff ihn nicht. Ihr Wesen war so einfach und gerade wie die Winde, die über Tara wehten, wie der gelbe Fluß, der es umströmte, und bis an das Ende ihrer Tage würde sie nicht lernen, etwas Zwiespältiges zu verstehen. Hier stand sie zum erstenmal in ihrem Leben vor einer vielseitigen Natur.

      Denn Ashleys Vorfahren hatten ihre Muße zum Denken und nicht zum Tun verwandt. Bunte glänzende Träume hatten sie gesponnen, die nicht Wirklichkeit waren. Ashley lebte und webte in einer anderen Welt, die schöner war als Georgia, und kehrte nur widerstrebend in die Wirklichkeit zurück. Er sah sich die Menschen an, und sie waren ihm weder lieb noch leid. Das Leben sah er sich an, und es riß ihn weder hin, noch drückte es ihn nieder. Er nahm die Welt und seinen Platz darin, wie sie waren, zuckte die Achseln und kehrte in seine bessere Welt mit ihrer Musik und ihren Büchern zurück.

      Wie es kam, daß Scarlett von ihm gefesselt wurde, obwohl doch sein Gemüt dem ihren so fremd war, wußte sie nicht. Gerade das Geheimnisvolle an ihm erregte ihre Neugier. Es war wie eine Tür, die weder Schloß noch Schlüssel hatte. Um des Geheimnisvollen willen liebte sie ihn nur um so mehr, und die wunderlich verhaltene Art seiner Zuneigung erhöhte nur ihre Sehnsucht, ihn ganz für sich zu gewinnen. Daß er eines Tages um sie anhalten würde, stand für sie fest. Sie war viel zu jung und zu verwöhnt, um zu wissen, was Niederlage ist. Und nun kam die schreckliche Nachricht wie ein Donnerschlag. Ashley wollte Melanie heiraten! Das konnte nicht sein!

      Erst vorige Woche, als sie in der Dämmerung von Fairhill zusammen nach Hause ritten, hatte er gesagt: »Scarlett, ich habe dir etwas so Wichtiges zu erzählen, daß ich kaum weiß, wie ich es dir sagen soll.«

      Sie hatte sittsam die Augen niedergeschlagen, während ihr das Herz in wilder Freude schlug. Sie meinte, der Augenblick sei gekommen. Da hatte er fortgefahren: »Jetzt nicht, wir sind beinahe zu Hause und haben keine Zeit mehr. Ach, Scarlett, was bin ich für ein Feigling!« Dann hatte er seinem Pferd die Sporen gegeben und war mit ihr in wildem Rennen den Hügel nach Tara hinaufgestürmt

      Scarlett saß auf ihrem Baumstumpf und bedachte die Worte, die sie so glücklich gemacht hatten, und auf einmal bekamen sie einen anderen, einen häßlichen Sinn. Wenn er ihr nur seine Verlobung hatte mitteilen wollen! Ach, käme doch Pa nach Hause! Das bange Warten ertrug sie nicht mehr.

      Die Sonne war nun hinter dem Horizont verschwunden, und die rote Glut am Rande der Welt erlosch in rosigen Tönen. Der blaue Himmel droben verwandelte sich allmählich in das zarte Blaugrün des Rotkehlchens, und die überirdische Stille ländlicher Dämmerung senkte sich sacht herab. Die Landschaft zerfloß im Schatten der roten Furchen, die klaffende rote Landstraße war nicht mehr so hexenhaft blutrünstig, sie wurde zu schlichter brauner Erde. Jenseits der Straße standen Pferde, Maultiere und Kühe still auf der Weide, den Kopf über den Zaun gelegt, und warteten darauf, in den Stall getrieben zu werden. Der dunkle Schatten des Dickichts am Wiesenbach war ihnen unheimlich, die 0hren zuckten zu Scarlett hinüber, als sehnten sich die Tiere nach der Gesellschaft des Menschen. Die hohen Pechkiefern auf der Flußniederung, die unterm Sonnenlicht in so warmem Grün erglühten, standen jetzt schwarz vor dem pastellfarbenen Himmel, eine undurchdringliche Reihe

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