Kadett – Offizier der Kaiserlichen Marine – Briefe von Bord – 1895 – 1901. Willi Franck
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Kadett – Offizier der Kaiserlichen Marine – Briefe von Bord – 1895 – 1901 - Willi Franck страница 9
Freitag, den 28. Juni 1895
Gestern abend war Kurt und sein Kamerad Hellmann (Mama kennt ihn, denn er war auf dem Akademie-Kaffe) bei uns in der Messe. Und nachher gingen wir in die Seekadettenmesse. Ich erhielt gestern auch den Brief von Papa, als Kurt gerade hier war. Wir haben jetzt Urlaub, und heute nachmittag wieder. Dann will ich noch einmal nach Labö zu Hagelbergs und nach Heikendorf zu Rendtorffs. Heute mittag wird Majestät zu uns an Bord kommen zur See Klar Besichtigung. Es wird schon furchtbar „Rein Schiff“ gemacht. Wasmers sind jetzt nicht in Kiel, sonst würde ich heute Nachmittag noch dort sein; sie sind auf Schirnau (Gut Schirnau: Ausflugsziel am Kaiser-Wilhelm-Kanal nördlich von Rendsburg) am Nord-Ostsee Kanal.
Von morgen, dem Abreisetage an, beginnen für uns Kadetten auch die Tag- und Nachtwachen, so wie auch die Maschinenwachen. Übrigens ist jetzt bestimmt, daß der „HAGEN“ von der Siegfried Klasse mit uns geht. Gestern wurde der Tagesbefehl über unsere Reise veröffentlicht; die „STOSCH“ wird voraussichtlich Flaggschiff des Geschwaders (Flaggschiff: Führungsschiff eines Schiffsverbandes. Tatsächlich wurde „KAISERIN AUGUSTA“ Flaggschiff der Tanger-Aktion.) werden. Urlaub wirds im Herbst nicht geben. Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß wir sofort aus dem Mittelmeer nach Westindien fahren, oder, daß wir überhaupt dableiben. Der erste Hafen den wir anlaufen, (wir werden um Jütland herumfahren), ist Plymouth, dann kommt Gibraltar. „HAGEN“ läuft nicht viel mehr Seemeilen wie wir (Küstenpanzerschiffe waren, ihrem defensiven Zweck entsprechend, stark bewaffnet und gepanzert, aber langsam und von geringer Reichweite. Für Auslandseinsätze waren sie wenig geeignet. Die Höchstgeschwindigkeit von „HAGEN“ betrug 14,8 kn, die der „STOSCH“ 12 kn.), und es ist möglich, daß er auf See Kohlen von der „KAISERIN AUGUSTA“ übernehmen muß, da er für nur wenig Kohlen Platz hat.
Für dieses Mal will ich schließen. Der nächste Bericht kommt aus Plymouth.
Herzlichen Gruß
Willi
S.M.S. „STOSCH“
Kiel, a. B. S.M.S. „STOSCH“ 28. Juni 1895
Lieber Papa!
Vor meiner Abfahrt will ich Dir noch die herzlichsten Glückwünsche zum Geburtstage senden, da ich nicht wissen kann wann die nächste Gelegenheit zum Brief abschicken sein wird.
Onkel Wenck war neulich ja auch hier, vor seiner Fahrt nach Kopenhagen. Er hat sich, mit einer Polizeikarte bewaffnet, überall Zutritt verschafft und vieles gesehen. Aus seinem Erzählen bei Wasmers konnte man merken wie sehr ihn alles interessiert hatte, und es muß auch wirklich sehr interessant in Holtenau gewesen sein. Jetzt sind alle fremden Kriegsschiffe aus dem Hafen verschwunden, nur die Amerikaner liegen noch hier. Heute abend ist Kurt dorthin eingeladen. Im übrigen habe ich in den beiliegenden Bogen die Ereignisse seit vorgestern genau aufgeführt, und ich gedenke dies auf der ganze Reise, wenigstens soweit es mir möglich ist fortzusetzen. Noch einmal meine herzlichsten Glückwünsche zum Geburtstag und viele Grüße an Mama und die beiden Schwestern von Eurem
Willi
Nordsee, a. B. S.M.S. „STOSCH“
30. Juni 1895
Noch vor unserer Abfahrt von Kiel sollten wir noch das furchtbare Unglück, das den „KURFÜRSTEN FRIEDRICH WILHELM“ betroffen hat, erleben. Besonders schmerzlich ist dieses Unglück, da der verwundete Offizier der mit Wasmers bekannte Leutnant Starke ist. Einerseits hatte Herr Doktor zwar bei Exzellenz Köster (Hans Köster (1844-1928), der „Lehrmeister der deutschen Flotte“, war 1895 als Vizeadmiral Chef des Mövergeschwaders in Kiel.)
Über dieses Unglück ließ sich nichts ermitteln. (gehört die Verwundung sei leicht, aber andererseits hörte man von allen Seiten, beide Beine seien ihm fortgerissen, und man zweifelte allgemein an seinem Wiederaufkommen (er mag jetzt wohl schon gestorben sein). Über die Einzelheiten der Explosion beim Minenlegen konnte ich noch nichts erfahren (Am 28.6.1895 hatte eine Explosion an Bord der „KURFÜRST FRIEDRICH WILHELM“ in der Kieler Bucht 7 Besatzungsmitglieder getötet und Leutnant z. S. Wilhelm Starke (1885 – 1941, zuletzt Konteradmiral) verletzt.).
Freitag nachmittag hatten wir noch einmal Urlaub; Majestät war nicht an Bord gekommen, da die „HOHENZOLLERN“ nach Eckernförde gegangen war. Ich wollte Kurt noch einmal aufsuchen, traf ihn aber nicht. Wasmers waren in Schirnau, nur Herr Doktor war zu Hause. Ihm habe ich noch Adieu gesagt.
Am folgenden Morgen, Sonnabend, machten wir uns zur Fahrt durch den Kanal fertig. Die Feuer aufgemacht, Boote geheißt und die Raaen gebrasst (Raa: Spiere, die waagerecht und seitwärts schwenkbar vor dem Mast angeschlagen ist. Brassen: Die Segel mit Tauen horizontal um den Mast nach dem Wind drehen.). Um 10 Uhr ging es dann los (eigentlich sollte es schon um 6 Uhr sein), und unter Hurrahrufen hin und wieder verließen wir, durch die anderen Schiffe hindurchfahrend, den Kieler Hafen. Zunächst ging es in die Schleuse; es war geschlossen worden, obgleich die Strömung nur unbedeutend gewesen wäre, um einen möglichst hohen Wasserstand zu erreichen. Dann wurden wir durchgeschleußt, und, überall von den Bewohnern begrüßt, fuhren wir durch den Kanal. Die meiste Zeit hindurch hatten wir Unterricht, jedoch sahen wir die Durchfahrt durch die beiden Brücken bei Levensau und Grünethal. Wir hatten die Bramstängen an Deck genommen und so konnten wir hindurch mit einem Zwischenraum von etwa 1 m.
S.M.S. „STOSCH“ im Kaiser-Wilhelm-Kanal
Es wird Euch wohl bekannt sein, daß vor der Einweihung des Kanals mehrere Rutschung vorgekommen sind, und zwar die bedeutendste bei der Grünthaler Brücke. Diese ist auch jetzt noch lange nicht beseitigt, das sollten auch wir merken. Gleich hinter der Brücke bemerkt man ein gewaltiges Loch an der linken Seite (von Kiel aus gerechnet) und hier sowohl wie auch schon bei der Fahrt durch die Brücke machten wir kleine Fahrt. Unglücklicher Weise lag an der betreffenden Stelle ein Baggerkahn, dem wir etwas auswichen. Alle Mann waren vorauskommandiert, da auf einmal ein Ruck, das Schiff hob sich vorne, und wir saßen fest. Doch sollte es nicht schlimm werden, denn gleich darauf rutschten wir langsam wieder herunter. Der erste Offizier meint, wir hätten das dem „Sug“ des Schiffes zu verdanken, denn das nachströmende, vom Schiff mitgerissene Wasser habe uns wieder gehoben.
Schleuse Brunsbüttel
Nun kamen wir ohne Zwischenfall nach Brunsbüttel, wurden wieder durchgeschleußt und befanden uns nunmehr auf der Elbe, auf der wir die gerade abgehende Flut benutzen konnten, um ins offene Meer zu gelangen.
Mit gestern hat nun auch das eigentliche Wachegehen begonnen. Ich habe schon zwei Wachen im Heizraum gehabt; diese dauern 2 Stunden, während die Wachen an Deck 4 Stunden dauern. Eine von meinen Wachen war gestern Nacht von 12-2. Es kommt einem doch zuerst wunderbar