Seefahrerportraits und Erlebnisberichte von See. Jürgen Ruszkowski

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Seefahrerportraits und Erlebnisberichte von See - Jürgen Ruszkowski

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die VENUS sei nicht beschossen worden.

      Dagegen stehen jedoch Berichte aus Norwegen im Widerspruch, von denen einer besagte, es seien 20 Schüsse auf die VENUS abgegeben und einige Treffer beobachtet worden. Es sei weiterhin bemerkt worden, dass das Schiff sogar ziemlich durchlöchert worden sei, sich auf die offene See hinausarbeitete und dann verloren ging. Der Kapitän wurde, so wird berichtet, von den Wellen heruntergespült. Er hatte sich vorher einen Arm gebrochen. Die Geschichte, dass die VENUS das Schiff sei, auf das geschossen worden ist, sollte aber mit Vorbehalt aufgenommen werden, bis genaue Informationen zu erlangen sind.

      Als die VENUS Lerwick verließ, nahm sie als Rettungsboot einen kleinen Kahn an Bord, der früher als Motorboot im Hafen Verwendung fand. Er war nur 18 Fuß (5,5 m) lang und wurde von erfahrenen Seeleuten als völlig ausreichend zur Lebensrettung bei allen möglicherweise eintretenden Unglücksfällen bei stürmischem Wetter und rauer See angesehen. Das erste Boot, das die VENUS besaß, wurde während eines Sturmes zerstört, als das Schiff an den Docks lag. Wie kam es, dass die VENUS zwei Rettungsboote hatte, als das Unglück geschah? Das ist die Frage, die in dieser Woche gestellt wurde, und dieses Geheimnis bedarf noch der Aufklärung.

       Wo das Unglück geschah.

      Das Unglück ereignete sich 61.57° nördlicher Breite und 5,3° östlicher Länge, ungefähr 200 Meilen nordostwärts von „Bressay Light“. Der Punkt ist unmittelbar am Eingang zum Nord Fjord, südlich der Stadt-Halbinsel an der Westküste Norwegens. Dieser Teil der Küste, bis auf eine Entfernung von 6 Meilen jenseits der äußersten, der Küste vorgelagerten Insel, ist buchstäblich übersät von zackigen Felsen und unter der Wasseroberfläche gelagerten Riffen und ist einer der gefährlichsten Küstenabschnitte Norwegens.

      Eine Seekarte von der norwegischen Küste in der Umgebung von Florø wurde in dieser Woche im Nachrichtenraum ausgehängt.

      * * *

      Das Hamburger Abendblatt (oder Fremdenblatt?) berichtete am 16.12.1931:

       Das Geheimnis des Spritschmugglers „VENUS“

      Das Meer als Zeuge.

      In diesem Falle war es nicht die Sonne, die sonst alles an den Tag bringt, sondern das Meer.

      In den letzten Tagen gingen die wildesten Beschreibungen und Nachrichten durch die Presse, die von dem Untergang des Spritschmugglers VENUS an der norwegischen Küste handelten. Wenn auch gegenüber früher, namentlich zur Zeit der Inflation, der Preis für alles, was Alkohol hieß, oder danach roch, erheblich gesunken ist, dass nach Ansicht der „Fachleute“ kein Segen mehr in dem Geschäft liegt, wenn die Abwehrmaßnahmen der Zollbehörden derart ausgebildet worden sind, dass der Spritschmuggler bei jeder Gelegenheit Gefahr läuft, ein Loch in die Weste zu bekommen, so hat dies einigen Unentwegten doch noch nicht den Gefallen an diesem Gewerbe verdorben.

      Und zumal zur Weihnachts- und Neujahrszeit steigt der Bedarf in den trockenen und halbtrockenen Ländern nach etwas Magenstärkung mit alkoholischem Einschlag genau wie bei uns. Das ist dann wieder die Zeit für den Spritschmuggler, in See zu gehen. Irgend ein altes Fahrzeug ist immer zur Hand, den Sprit gibt es in allen Ländern für billiges Geld in den Freihäfen, und einige Leute, die bei einer solchen Gelegenheit einen guten Schnitt machen können, sind bei dem augenblicklichen Überangebot schnell beisammen.

      So kam auch die Unternehmung der VENUS zustande. Wie Lloyds List aus Norwegen meldet, soll es sich bei der VENUS um einen ehemaligen deutschen Fischdampfer WOPKE handeln. Dieses Fahrzeug ist aber bei der Schiffsregister-Behörde nicht zu ermitteln. Tatsache ist jedenfalls, dass das Schiff eines Tages in Lerwick erschien und dort ungefähr sechs Wochen gelegen hat. Während dieser Zeit hat der Kapitän die Flagge und den Namen gewechselt und das Schiff unter Panama-Flagge gebracht. Eine neue Besatzung kam an Bord, und die VENUS ging in See.

      Wieweit das Schiff sein Ziel erreichte, ist allerdings noch nicht bekannt, denn es strandete nördlich von Floro, wobei der größte Teil der Besatzung das Leben verlor. Nur zwei Mann wurden gerettet, und die hüllen sich der Behörde gegenüber in tiefstes Schweigen. Sie gaben nicht zu, dass es sich um einen Spritschmuggler gehandelt habe, ihnen war nichts bekannt von einem Feuergefecht mit Zollbeamten kurz vor der Strandung, das Gedächtnis war eben durch den Verlust des Schiffes ausgeschaltet.

      Aber sie hatten nicht mit der Tücke der See gerechnet. Das Wrack der VENUS lag auf Felsengrund und stieß bei dem schweren Seegang in der letzten Zeit unter Wasser ständig so hart auf, dass es auseinanderbrach, und siehe da... Eine ganze Ladung Fässer trieb an Land, die nicht etwa Hartbrot oder Salzfleisch enthielten, sondern den schönsten 96prozentigen Sprit. Bis jetzt hat man 2000 Liter des ersehnten Getränks geborgen, der nun allerdings in Hände gelangt ist, für die er nicht bestimmt war.

      Diese unfreiwillige Zeugenaussage des Meeres hat auf das Gedächtnis der Überlebenden sehr auffrischend gewirkt, denn sie haben eine ganze Menge Zugeständnisse gemacht, die die Behörde bisher vergeblich von ihnen zu erlangen suchte. Aber aus der Haft hat man sie doch noch nicht entlassen. Man möchte noch einige Kleinigkeiten von ihnen wissen, so z. B., ob die kürzlich an Land beschlagnahmten 3000 Gallonen Sprit auch von der VENUS stammen.

      Das fehlende Rettungsboot und andere Wrackteile sind an Land angetrieben. Sobald das Meer es erlaubt, soll ein Taucher das gesunkene Schiff besichtigen. gkl.

      * * *

       Zeugenaussagen über den Untergang der VENUS

      hk. Kopenhagen, 16. Dezember 1931 (Drahtbericht unseres Vertreters) In Maallöy wurde gestern die Seeverklarung des Schmugglerfahrzeugs VENUS aufgenommen. Die Überlebenden, der Steuermann Savage und der Maschinist Erhault, wurden vernommen. Der Steuermann erklärte, er sei am 28. Juli in Antwerpen an Bord der VENUS gekommen. Er ist 34 Jahre alt und englischer Staatsbürger. Der erste Maschinist kommt aus Antwerpen. Er ist deutscher Staatsangehöriger, gleichfalls 34 Jahre alt. Dem Gericht wurde eine Liste mit den Namen der umgekommenen Seeleute vorgelegt, darunter waren elf englische Staatsbürger. Der umgekommene Kapitän Wisnagrotzky war Deutscher. Der Steuermann erklärte, das Schiff hat Antwerpen am 5. September verlassen. Am 1. Dezember ist es nach 7 ½ Wochen Aufenthalt von Lerwick (Shetlandinseln) abgefahren, um im nördlichen Teil der Nordsee seine Spiritusladung zu verkaufen. Der Spiritus ist von den Zollbehörden in Lerwick versiegelt worden. Die Siegel wurden erst erbrochen, als das Schiff anfing zu sinken und man die Spiritusfässer für ein Holzfloß zur Rettung brauchte, um ihnen größere Tragfähigkeit zu verleihen. Der Steuermann behauptet, er könne keine Angaben machen, welche Route das Schiff genommen habe. Er habe auch nichts von den Geschäften des Kapitäns gewusst. Auf die Frage, ob das Schiff von einem norwegischen Zollkreuzer beschossen worden sei, erklärten beide Zeugen, dies sei unzutreffend, man habe überhaupt keinen Zollkreuzer gesehen.

      http://seeleute.npage.de/karl-wisnagrotzky.html

       Der Krieg verhinderte die seemännische Karriere

      Oskar Klebsch wurde am 20.4.1920 geboren und stammt aus Mathiashof-Kantrek im Kreis Cammin in Hinterpommern. Er berichtet über seinen Traumberuf:

      „‚Seefahrt tut not!’“ Dieser Aufruf ging seinerzeit vor dem 2. Weltkrieg durch die

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