Winnetou Band 1. Karl May
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Indianer mehr. Gott sei es geklagt! Und grad so ist's auch mit den Pferdeherden. Es gab Trupps von
tausend Mustangs und noch höher. Jetzt ist man ganz entzückt, wenn man das Glück hat, einmal so ein
hundert Stück beisammen zu sehen.«
Wir waren indessen bis auf ungefähr vierhundert Schritt an die Büffel gekommen, ohne daß sie uns
bemerkten, und Hawkens hielt sein Pferd an. Die Tiere grasten langsam talaufwärts. Am weitesten
vorgerückt war ein alter Bulle, dessen Riesenleib ich mit Erstaunen betrachtete. Er war ganz gewiß gegen
zwei Meter hoch und wohl drei Meter lang; damals verstand ich das Gewicht eines Bisons noch nicht zu
taxieren; heute sage ich, daß dieser hier wohl an die dreißig Zentner wiegen konnte, eine ganz
erstaunliche Fleisch- und Knochenmasse. Er war auf eine Schlammlache gestoßen und wälzte sich
behaglich in derselben.
»Das ist der Leitstier,« flüsterte Sam, »der gefährlichste der ganzen Gesellschaft. Wer mit dem anbindet,
muß sein Testament unterschrieben haben. Ich nehme die junge Kuh rechts dahinten. Paßt auf, wohin ich
ihr die Kugel gebe! Hinter dem Schulterblatte von der Seite schräg in das Herz hinein; das ist der beste, ja
der einzig sichre Schuß außer dem in das Auge; aber welcher nicht wahnsinnige Mensch wird einen
Bison von vorn nehmen, um ihn in das Auge zu treffen! Bleibt hier halten, und drückt Euch mit dem
Pferde ins Gesträuch! Wenn sie mich sehen und dann fliehen, wird die wilde Jagd grad hier
vorübergehen. Laßt es Euch aber ja nicht einfallen, diese Stelle zu verlassen, ehe ich wiederkomme oder
Euch rufe!«
Er wartete, bis ich mich zwischen zwei Büsche gedrückt hatte, und ritt dann, zunächst langsam und leise
weiter. Mir war ganz sonderbar zu Mute. Wie man den Bison jagt, das hatte ich sehr oft gelesen; darüber
konnte man mir nichts Neues sagen; aber es ist ein Unterschied zwischen dem Papiere, auf welches man
solche Beschreibungen druckt, und der Wildnis, in der man diese Jagden erlebt. Heute sah ich zum
erstenmal in meinem Leben Büffel. Was für Wild hatte ich bisher geschossen? Im Verhältnisse zu diesen
riesigen, gefährlichen Tieren keins, gar keins. Da sollte man meinen, ich sei ganz einverstanden gewesen
mit Sams Befehle, mich ja nicht zu beteiligen; aber es fand das gerade Gegenteil statt. Vorhin hatte ich
nur beobachten, belauschen wollen, jetzt fühlte ich einen mächtigen, ja unwiderstehlichen Drang,
mitzutun. An eine junge Kuh wollte Sam sich machen, pfui! dachte ich, dazu gehört kein Mut; ein rechter
Mann wählt grad den stärksten Bullen!
Mein Pferd war außerordentlich unruhig geworden; es tanzte mit den Hufen; es hatte auch noch keine
Büffel gesehen, fürchtete sich und wollte fliehen; kaum vermochte ich, es zurückzuhalten. War es da
nicht besser, wenn ich es zwang, den Bullen anzunehmen? Ich war nicht etwa erregt, sondern überlegte,
innerlich ganz ruhig, zwischen Ja und Nein. Da entschied der Eindruck des Augenblickes.
Sam hatte sich den Bisons bis auf dreihundert Schritte genähert; dann gab er seinem Pferde die Sporen
und galoppierte auf die Herde zu und an dem mächtigen Bullen vorbei, um an die Kuh zu kommen,
welche er mir bezeichnet hatte. Sie stutzte und versäumte die Flucht; er erreichte sie; ich sah, daß er im
Vorüberjagen auf sie schoß. Sie zuckte zusammen und senkte den Kopf. Ob sie zusammenbrach, das sah
ich nicht, denn mein Auge wurde durch einen andern Anblick gefesselt.
Der Riesenbulle war aufgesprungen; er stierte nach Sam Hawkens hin. Welch ein mächtiges Tier! Dieser
dicke Kopf mit dem gewölbten Schädel, der breiten Stirn und den zwar kurzen, aber starken, aufwärts
gekrümmten Hörnern, diese dichte, zottige Mähne um Hals und Brust! Dem Bilde ursprünglichster,
rohester Kraft wurde durch den hohen Widerrist die höchste Vollendung gegeben. Ja, das war ein höchst
gefährliches Geschöpf; aber sein Anblick reizte förmlich zu dem Verlangen, menschliches Können an
dieser tierischen Stärke zu messen.
Wollte ich, oder wollte ich nicht? Ich weiß es nicht. Oder ging mein Rotschimmel mit mir durch? Er
schoß aus den Büschen heraus und wollte nach links; ich riß ihn aber nach rechts herum und flog auf den
Bullen zu. Er hörte mich kommen und wendete sich nach mir um; mich sehend, senkte er den Kopf, um
Roß und Reiter mit den Hörnern zu empfangen. Ich hörte Sam aus allen Kräften schreien, hatte aber keine
Zeit, den Blick nach ihm zu richten. Dem Bison eine Kugel geben, war unmöglich, denn erstens stand er
mir nicht schußgerecht und zweitens wollte mir das Pferd nicht gehorchen; es schoß vor Angst grad auf
die drohenden Hörner zu. Um es aufzuspießen, warf der Büffel seine Hinterbeine zur Seite und den Kopf
mit einem gewaltigen Stoße in die Höhe; mit Anstrengung aller Kräfte gelang es mir, den Schimmel ein
wenig abzubringen; er flog in einem weiten Satze über das Hinterteil des Bullen hinweg, während in
demselben Augenblicke dessen Hörner ganz nahe an meinem Beine vorbeistießen. Unser Sprung ging
grad in die Schlammlache hinein, in welcher der Büffel sich gewälzt hatte; ich sah es und nahm die Füße
aus den Bügeln, zu meinem Glücke, denn das Pferd glitt aus und wir stürzten. Wie das so schnell
geschehen konnte, ist mir heut noch unbegreiflich, doch stand ich schon im nächsten Augenblicke
aufrecht neben der Lache, das Gewehr noch fest in der Hand. Der Büffel hatte sich nach uns umgedreht
und sprang in ungelenken Sätzen auf das Pferd zu, welches sich auch aufgerafft hatte und im Begriffe
stand, zu entfliehen. Dabei bot er mir seine Flanke zum Schusse; ich legte an; jetzt sollte sich der schwere
Bärentöter zum erstenmal im Ernste bewähren. Noch einen Sprung, so hatte der Bison den Rotschimmel