Luca - Zwischen Nichts und Allem. Billy Remie

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Luca - Zwischen Nichts und Allem - Billy Remie

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nennen. Und nicht auf eine fehlende Konzentrationsstärke schieben, Luca.«

      Ich musste mir ein unpassendes Lächeln verkneifen. Er nannte mich vertraut beim Vornamen, das tat er selten. Vermutlich aus Respekt, er behandelte all seine Schüler wie vollwertige Erwachsene, blickte uns auf einer Stufe mit sich in die Augen, wenn er mit uns sprach. Nahm unsere Thesen und Fragen ernst.

      Es sei denn, wir verhielten uns ihm gegenüber wie Kinder, dann wurde er streng und bellte »Hinsetzen« und »Klappe«.

      Beides hätte ich zu gerne einmal in einem anderen Kontext gehört.

      Ich sagte dazu nichts, starrte nur hinab auf den Boden. Seine Schuhspitze stand in meinem Blickfeld. Wildleder. Schick und wild zugleich.

      Sollte ich jetzt gehen? Aber ich konnte mich nicht vom Fleck bewegen. Er betrachtete mich dafür deutlich zu eingehend. Ich glaubte, das Aufkommen eines Knisterns in der Luft zu erspüren, doch es konnte auch allein von meiner Seite aus kommen.

      Sei es drum, es war absolut spannend, weil es ebenso durchweg verboten wäre, gäbe es da wirklich eine aufgeladene Stimmung zwischen uns, ganz gleich, ob er es auch fühlte.

      »Überprüft bei dir zu Hause niemand, ob du lernst und deine Aufgaben erledigst?«, wollte er schließlich wissen.

      Mir entkam ein Schnauben. »Klar«, erwiderte ich gelogen. In diesem Moment hatte ich das dumme Bedürfnis, Zuhause und Familie in Schutz zu nehmen. Dabei stimmte das gar nicht.

      Meine Eltern waren beide vollberufstätig und kamen erst gegen Abend nach Hause. Seit ich dreizehn bin koche ich mittags selbst für mich. Und bereits in Grundschulzeiten hatte niemand nachgeprüft, ob meine bejahte Antwort auf die Frage, ob ich meine Hausaufgaben erledigt und gelernt habe, auch der Wahrheit entsprach. Ich bin das jüngste von zwei Kindern, und irgendwie war ich immer ein wenig mir selbst überlassen. Hinzu kam, wie bereits erwähnt, die Tatsache, dass mich ohnehin niemand für voll nahm, vor allem nicht meine Eltern. Ich war siebzehn und unsichtbar.

      Mr. Olsson nickte, aber ich konnte ihm ansehen, dass er mir nicht glaubte.

      »Gut«, sagte er.

      »Gut«, wiederholte ich.

      Er lachte, weil ich ihn nachplapperte. Und dann war es vorbei. Er stellte beide Füße auf den Boden und wandte sich wieder ab, signalisierte mir, dass ich gehen konnte.

      Ich drehte mich um und schlurfte zur Tür. Nun fühlte ich mich noch ermatteter, außerdem biss sich das unangenehme Gefühl einer Abfuhr an mir fest.

      »Eine Nachhilfe täte Ihnen vielleicht gut«, rief er mir plötzlich nach. Ein Beweis dafür, dass er wusste, dass ich gelogen hatte.

      Ich drehte mich noch einmal zu ihm um, doch er schrieb bereits fleißig weiter, mit einer tiefen Falte zwischen den Augenbrauen, als sähe er schlecht und trüge eigentlich eine Brille.

      »Zu teuer«, tat ich die Sache ab. Immerhin hatte ich gewiss keine Lust auf eine langweilige Alte, die mir mehrmals die Woche meine Nachmittage stahl, jene ich fest für fernsehen, Videospiele zocken und wichsen eingeplant hatte.

      »Vielleicht tut es ja jemand aus Nächstenliebe«, gab er spöttisch zurück und schielte mir mit einem leichten Schmunzeln entgegen.

      Die Vorstellung auf Nachhilfe war so abturnend, dass mir jegliche Freude, mich mit ihm zu unterhalten, verging. Ich verzog missgelaunt mein Gesicht und zuckte mit den Schultern. »Vielleicht.«

      »Sie brauchen nur etwas, dass Sie motiviert, Mr. Vogt«, er sah mich altklug an, »und Sie sollten danach suchen. Sie sind siebzehn. Das Leben hat bereits begonnen, machen Sie was draus.«

      Ich ruckte erneut mit den Schultern. Mir doch egal. Diese Art von Gespräch war derart langweilig und nervig, dass ich zumindest kurzweilig von meiner Geilheit geheilt wurde.

      Als ich danach in die Pause schlurfte, kam ich jedoch nicht umhin festzustellen, dass sich ein eiserner Wille in mir auftat.

      Ich hatte absolut keine Lust, irgendetwas in meinem trägen Leben anders zu machen, mich aufzuraffen und an meine angebliche Zukunft zu denken, die für mich noch so weit entfernt lag, und doch war ich angespornt, weil er mich offensichtlich nicht, wie befürchtet, für dämlich hielt. Aus unerfindlichen Gründen wollte ich ihn nicht enttäuschen.

      Hinzu kam meine Faszination für seine Strenge. Wobei ich es vielleicht etwas ehrlicher ausdrücken sollte: ich lechzte sabbernd danach, dass er mich zurechtwies. Egal wie, egal wann, egal weshalb. Hauptsache sein scharfer Blick und seine eiserne Miene trafen mich – und sein schneidender Tonfall ließ mich zusammenzucken, und dann erzittern.

      Bitte, sei nett zu mir, mag mich, wollte ich ihm zurufen, aber bitte, lass mir nichts durchgehen.

      Und vielleicht lag mein ganzes Verhalten, meine ganze Lustlosigkeit einfach nur daran, dass ich mich nach Disziplin sehnte.

       Ich brauche das!

      1.1

      Die nächsten Tage verliefen ähnlich aufreibend. Während ich mir in den Kopf gesetzt hatte, zu beweisen, dass ich mich verbessern konnte, wenn ich wollte, war mein Schultag von Bangen erfüllt.

      Ich bangte darum, ihn zu sehen, selbst wenn ich kein Unterricht bei ihm hatte. In den Pausen hoffte ich, dass er die Aufsicht hatte, und hielt Ausschau nach ihm, wie er mit seinem üblichen Kaffee über den Hof schlenderte, sodass mich meine Clique alsbald fragte, was mit mir los sei, und nach wem ich suchte. Sie neckten mich bald darauf, weil sie glaubten, ich schwärmte heimlich für jemanden.

      Sie hatten recht, allerdings war das Objekt meiner Begierde ein Lehrer.

      Sie wussten, dass ich schwul bin. Alle wussten es. Ich selbst habe es immer gewusst und nie ein Geheimnis daraus gemacht. Was mein Leben nicht gerade vereinfacht hatte.

      Wenn du bereits als – sehr frühreifer – Junge bei jedem freien Männeroberkörper im Schwimmbad zu sabbern anfängst, weißt du es einfach. Außerdem waren meine Fantasien stets eindeutig, als ich anfing, mich für meinen Schwanz zu interessieren. Zugegeben, das Ding war immer sehr interessant gewesen, denn man konnte wahnsinnig tolle und witzige Sachen damit anstellen. Aber erst als er mir diese herrlich prickelnden und warmen Gefühle verursachte, lernte ich seinen wahren Wert zu schätzen. Er war zu mehr als zum körpereigenen Feuerwehrschlauch gut. Oder mehr als ein »Stift«, mit den ich in den Schnee »zeichnen« konnte.

      Okay, letzteres tue ich heute noch, wenn ich im Winter draußen mal pinkeln muss. Niemand außer mir konnte so präzise ein Phallussymbol in den Schnee »malen«. Leider konnte ich damit nicht unbedingt viele Menschen beeindrucken.

      Jedenfalls kenne ich so etwas wie Scham nicht, wenn es um meine Sexualität geht.

      Ich würde mich nicht als klischeehaft schwul bezeichnen. Auch wenn ich gestehen muss, dass ich wohl durch und durch passiv bin. Was bedeutet, ich lass mich gern besteigen. Wobei, ich reite natürlich auch gerne. Worauf ich eigentlich hinaus will: ich lass mich ficken.

      Klar, ich kann es auch anders herum, ich bin da sehr flexibel, aber richtig geil werde ich erst, wenn mir jemand etwas in den Arsch schiebt. Und ich gehe damit auch ganz unverblümt um. Warum lügen oder es schüchtern umschreiben? Es ist,

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