Luca - Zwischen Nichts und Allem. Billy Remie
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»Papa, Mama, wie geht dies, wie geht das? Wie wende ich jene Formel an? Wann und aus welchem Grund geschah dies und jenes? Wie wird dieses Wort geschrieben, wann setze ich ein Komma?« Fragen, die ich meinen Eltern nicht stellen konnte, weil sie nicht da waren. Und wenn sie es waren, keine Zeit hatten.
Die Tage frustrierten mich, weshalb ich übellaunig wurde.
Doch freitags, nur eine Woche später, hellte sich meine Stimmung etwas auf, denn unser Sportlehrer war erkrankt, und die Vertretung übernahm Mr. Olsson.
Wir waren nicht allein. Freitags hatten wir in den letzten beiden Stunden immer Sport, gemeinsam mit einer anderen Klasse. Wir wurden dann ganz systematisch aufgeteilt. Oder sexistisch, wie man es auch nennen konnte. Denn alle mit einem Gehänge zwischen den Beinen spielten in der einen Hälfte Fußball, alle anderen mit einem Spot-BH absolvierten Turnübungen in der anderen Hälfte.
Mir konnte es recht sein, ich mochte weder Mädchen, noch Turnen.
Aber ich bin ein ganz respektabler Stürmer. Was mir vermutlich auch einen gewissen Respekt bei den Heten einbrachte.
»Für eine Schwuchtel kann er verdammt gut spielen«, sagen sie über mich.
»Schwuchteln sind eben ausdauernd und können immer gut einlochen«, konterte ich stets mit einem charmanten Augenzwinkern. Ich kann über mich selbst lachen, ich nehme mich auch selbst nicht so ernst. Wäre ja schrecklich, wenn ich ständig alles auf die Oberkante legen würde, was mir jemand hinterherruft, oder wenn ich mich über üble Nachreden von Unwissenden aufregen würde. Man kann sich auch anstellen, sagte meine Mutter früher immer, wenn ich wegen irgendetwas weinte. Und diese Philosophie habe ich irgendwann übernommen. Es lebt sich ziemlich leicht damit.
Ich freute mich auf Sport und schlug bereits erwartungsvoll die Hände zusammen, als ich aus der Umkleide kam. In meinem Kopf spann ich die naive Vorstellung zusammen, es könnte Mr. Olsson vielleicht gefallen, mich schwitzen zu sehen. Wenn mir das T-Shirt am nassen Körper klebt, könnte er möglicherweise Gefallen an mir finden.
Ich bezweifelte, dass er schwul oder bi war, auch in meinen Fantasien war er immer hetero. Aber vielleicht bin ich ja heiß genug, ihn eine Ausnahme machen zu lassen? In meiner Vorstellung gelang es spielend leicht, ihn umzudrehen. Aber ich war immer gut darin, mir das Unmögliche auszumalen.
Timo lief neben mir her und faselte etwas über Bier und Chips, die ich am Samstag mitbringen sollte, wenn wir uns alle bei ihm zum Abhängen trafen. Ich wusste noch gar nicht, ob ich kommen würde, nickte aber einfach mal, weil ich keine Lust hatte, zu erklären, dass ich lieber allein in meinem Zimmer wäre.
Je mehr die Fantasien über Mr. Olsson in meinen Kopf Einzug erhielten, je weniger Lust hatte ich auf Gesellschaft. Ich wollte viel lieber in meiner perversen, kleinen Traumwelt leben, in jener ich über dem Pult gebeugt meinen nackten Arsch in die Luft streckte und darauf wartete, dass er in mich glitt. Vorzugsweise mit einem echt langen, breiten Gemächt, härter als jedes Stahlrohr.
Träumen darf man ja noch.
Als ich in die Turnhalle trat, teilte er gerade die Teams ein. Mr. Dupont, unser eigentlicher und zurzeit erkrankter Sportlehrer, überließ diese Aufgabe immer uns Schülern selbst, aber auch hier musste Mr. Olsson alles bestimmen.
Als er mich sah, deutete er auf mich, und ich wartete darauf, dass er mich zuteilte, aber er sagte streng: »Mr. Vogt, Sie nicht.«
Ich zuckte überrascht zurück. »Ähm … warum?«
»Ähm schon mal gar nicht, Mr. Vogt. Sie können die Zeit nutzen, um die vergessenen Hausaufgaben nachzuholen.« Er wandte mir die kalte Schulter zu und zeigte weiter auf meine Mitschüler.
Als er Timo aufrief, sah dieser mich mit einem halbernstgemeinten, entschuldigenden Lächeln an, hob die Schultern und verschwand.
Seufzend wartete ich ab, denn Mr. Olsson ignorierte meine Blicke und Rufe kontinuierlich, bis er fertig war und sich mir zudrehte.
Er blickte auf mich hinab und blinzelte mit trügerischer Gelassenheit. »Hol deine Sachen, Luca«, trug er mir auf, ich konnte eine leise Warnung in seiner Stimme vernehmen, »wenn du die Aufgaben von gestern nachgeholt hast, kannst du mitspielen.«
Mitspielen … ich würde lieber mit ihm spielen. Alleine. Und kein Fußball, obwohl mein Spiel auch etwas mit Bällen zu tun hatte.
Der Witz an der ganzen Sache war, dass ich die Hausaufgaben bereits gemacht hatte. Aber wenn ich ihm das gesagt hätte, wäre dies wohl nicht wirklich gut bei ihm angekommen. Was er wohl von mir gehalten hätte, wenn ich ihm zu erklären versuchte, weshalb ich einen Vermerk im Klassenbuch in Kauf genommen hatte, weil ich meine Hausaufgaben vor ihm versteckte, wie ein verliebtes Mädchen einen Liebesbrief.
War es das für mich? Meine Art, »Liebesbriefe« zu schreiben, indem ich die Aufgaben erledigte, die er mir auftrug?
Er zog eine Augenbraue ungeduldig nach oben. »Jetzt gleich!«
Jetzt gleich! Mit einem deutlich gesprochenen Ausrufezeichen, das einem knallenden Peitschenschlag gleichkam. Ich war zugleich verärgert und in Erregung versetzt.
Ich wandte mich genervt ab, sein Blick brannte in meinem Nacken, während ich zu den Umkleiden schlenderte und meinen Rucksack holte.
Es gab in der Turnhalle Räume mit Spiegeln, Zuschauerscheiben, Krankenliege und Tischen, in jene ich mich setzen und auf die Halle blicken konnte. Dorthin zog ich mich zurück und tat ein paar Minuten so, als würde ich schreiben, während ich in Wahrheit Mr. Olsson beobachtete, der mit Miss Martin, der Sportlehrerin der anderen Klasse, am Rand des Spielerfelds stand und sich unterhielt.
Sie war jung, blond und ganz nett anzusehen. Timo gaffte ihr immer nach, und sie war ganz sicher nicht nur für ihn eine geile Wichsvorlage. Aus naheliegenden Gründen konnte ich ihr nichts abgewinnen, aber sie war immer leicht mit einem Lächeln zu bezaubern. Die Frau lechzte mehr nach Aufmerksamkeit als eine frisch geschiedene, korpulente Dame mittleren Alters.
Ich wünschte, sie wäre weniger attraktiv, als ich sah, wie sie lachend eine Hand auf Mr. Olssons muskulösen Oberarm legte und sich auffällig die Haare nach hinten warf. Auch er lachte, in seinen Augen stand ein Flirt.
Ich war nie ein eifersüchtiger Mensch gewesen, aber als ich das sah, brodelte es in meinem Magen. Ich wollte aufstehen und mich dazwischenwerfen. Ihr klar machen, dass sein Schwanz mir gehörte.
Aber ich wusste, dass das nur in meiner Fantasie stattfand und nichts mit der Realität zu tun hatte.
Ich stellte mir die beiden unwillkürlich nackt vor, sie unter ihm, und er mit diesen schmälernden Hüften zwischen ihren Schenkeln. Wie sein knackiger Arsch auf und ab hob, während er sie gnadenlos fickte und sie zum Schreien brachte. Und wie er aufsieht und mir ein komplizenhaftes Lächeln zuwarf.
Er kann es ihr besorgen, dachte ich schelmisch. Ob sie es aushielt und ob sie es auch ihm besorgen konnte, wagte ich anzuzweifeln.
In meiner Fantasie brauchte Mr. Olsson mich. Nur mich! Mit einem deutlich gesprochenen Ausrufezeichen am Ende. Weil er mit mir alles machen konnte, machen durfte, was immer er mit mir machen wollte. Mein Körper hätte ihm gehören können, jeder