Luca - Zwischen Nichts und Allem. Billy Remie

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Luca - Zwischen Nichts und Allem - Billy Remie

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sah ihn verblüfft an. Das war alles? Mehr gab es nicht zu tun? Ich überlegte fieberhaft, ob ich nicht noch mehr Hausaufgaben hatte, aber leider war das nicht der Fall.

      Er lächelte mich gönnerhaft an, aber irgendwie hatte ich den Eindruck, dass sich etwas Schüchternes auf seine Gesichtszüge geschlichen hatte.

       Hat sein Knie doch ganz bewusst an meinem gelegen?

      Und wenn ja, was wollte er mir damit signalisieren?

      Es war herrlich spannend, mir diese Fragen zu stellen, dass mir die Pumpe krampfte.

      »Dann los, ab in die Halle mit dir«, er winkte mich nach draußen, als wollte er mich plötzlich sehr schnell loswerden.

      Dabei wollte ich lieber weiter mit ihm lernen.

      Er beobachtete mich. Ich konnte es spüren, während ich dem Ball nachjagte, wie der Fuchs dem Kaninchen. Oder wie ein verblödeter Köter dem Spielzeug. Seine Blicke brannten, als würden Feuerpeitschen aus ihnen züngeln und mich schlagen. Hinterkopf, Nacken, Rücken, Brust waren davon betroffen, aber überwiegend konnte ich es auf meinem verschwitzten Profil spüren.

      Oder war auch dieser Eindruck wieder nur reines Wunschdenken? Vielleicht sah er gar nicht so oft zu mir rüber, wie ich es gerne hätte, möglicherweise spielte mir meine Fantasie Streiche.

      Aber immer wieder, wenn ich zu ihm blickte, begegneten uns unsere Augen. Er wich meinen aus, tat so, als hätte er nur zufällig gerade in meine Richtung gesehen, als ich mich ihm zuwandte.

      Ich stolperte über meine eigenen Füße, immer wieder, weil ich mich mehr nach ihm umsah, als nach dem Ball.

      Miss Martin gesellte sich wieder zu ihm, aber obwohl er lächelte, hatte ich den Eindruck, dass er ihrem Geplauder nur noch mit kühler Höflichkeit folgte. Wie jemand, der gerade den Kopf voller anderer Dinge hatte, es aber nicht zugeben wollte.

      Möglicherweise bedeuteten seine Blicke aber auch lediglich Mitleid, denn ich hatte ja gerade bewiesen, dass ich ohne Hilfe nicht einmal die einfachsten Dinge erledigen konnte.

      Sah er nun meinen Körper an, fand er Gefallen an mir, oder überlegte er, ob es für mich nicht besser wäre, auf eine Sonderschule zu wechseln, für besonders langsame Kinder? Und grübelte er bereits, wie er das möglichst höfflich und sachlich meinen Eltern vorschlagen konnte, ohne sie oder mich zu kränken?

      War er deshalb so nett gewesen, als er sich zu mir setzte? Hat er sich möglicherweise nur ein Bild von der Schwere meiner Lahmheit gemacht?

      Der Gedanke gefiel mir überhaupt nicht, ganz und gar nicht. Und nicht nur deshalb, weil ich von der Schule genommen und von meinen Freunden getrennt werden konnte. Nicht einmal, weil ich dann ganz offiziell sonderbar und langsam in den Augen der Gesellschaft wäre. Sondern, weil ich von ihm nicht so gesehen werden wollte. Er sollte mich nicht für dumm halten, nicht einmal für lernbehindert, oder wie auch immer man es freundlich ausdrücken mochte.

      Ich wollte ja, dass er etwas Besonderes in mir sah, aber gewiss nicht, weil er mich für besonders beschränkt hielt.

      Und ich wollte ihm beweisen, dass ich nicht langsam war, wollte ihn um jeden Preis davon überzeugen, dass ich nicht bemitleidenswert war.

      Obwohl ich auch sein Mitleid genommen hätte, wäre das alles, was er mir gegenüber an Gefühlen hätte aufbringen können.

      Ich könnte ihn erpressen. Emotional erpressen. Ein bisschen auf »armer, dummer Junge« machen. Und so wie ich mich kannte, wäre ich mir dafür auch gewiss nicht zu schade. Also behielt ich diesen Gedanken als Plan B im Hinterkopf. Allerdings blieb Plan A, ihn zu überzeugen, dass ich auch so gescheit sein konnte, wie er es war.

      1.2

      Ich hatte mein Handy vergessen. Es war nicht das erste Mal, dass ich es in der Umkleide nach dem Sport liegen ließ, also ging ich davon aus, dass es nicht für immer verloren blieb. Am Montagmorgen würde ich es wieder abholen können, denn leider fiel es mir erst auf, als ich bereits in meinem Zimmer den Rucksack in eine Ecke schmiss.

      Weshalb ich mich schleunigst an meinen Computer setzte und einen Chat mit Timo begann. Jedoch nur kurz, denn dann entschlossen wir uns, eine gepflegte Runde via Headset zu plaudern und dabei einen Shooter zu spielen.

      Das kam mir auf zwei Arten zu Gute. Zum einen lenkte es mich von meinen immerwährenden Fantasien über Mr. Olsson ab, zum anderen konnte ich das unerträgliche Gestöhne aus dem Nebenzimmer auf diese Weise nicht mehr hören.

      Mein Bruder poppte mal wieder irgendeine Alte, und ich konnte es wie üblich durch die papierdünne Wand mitverfolgen, die meine winzige Abstellkammer, die ich Zimmer nannte, von seinem Prinzengemach, dass die Präsidentensuite unserer Wohnung war, trennte.

      Wen auch immer er da abgeschleppt hatte, ich konnte ihr helles Stimmchen bereits vernehmen, als ich die Wohnung aufgeschlossen hatte, und sie klang ätzend. Wie eine Maus, die man über eine Feuerzeugflamme hält. Und die Dinge, die sie von sich gab, lagen irgendwo zwischen absurd und lächerlich witzig. Oh du bist so geil! Oh du fickst mich so gut. Oh ich liebe es, deinen Schwanz zu schlucken, er schmeckt so gut!

      Nicht, dass ich kein Verfechter des schmutzigen Geredes wäre, ganz im Gegenteil, ich steh voll auf Dirtytalk, aber ich konnte es ihr nicht abkaufen. Vielleicht, weil sie von meinem Bruder sprach, und ich anhand des rhythmischen Polterns seines Bettes, das gegen meine Wand krachte, mit Bestimmtheit sagen konnte, dass er nicht gut war. Hinzukam, dass ich den Gestank seines Zimmers kannte, und ich mir nicht vorstellen konnte, dass sein Schwanz gut schmeckte, wenn er so roch.

      Wie dem auch sei, ich war froh, den beiden eine Weile nicht zuhören zu müssen, als sie darüber debattierten, ob sein Schwanz zu groß für ihren Arsch wäre.

      Da kam mir Timos Bassstimme und das Geräusch abgefeuerter Waffen gerade Recht, und ich konnte meine sexuelle Frustration im Spiel rauslassen, statt wie geplant in mein Kissen zu schreien.

      Gegen Abend entschloss ich mich, mein Zimmer zu lüften und mir etwas zu Essen zu machen. Es war Sommer, deswegen hatte sich meine winzige Kammer aufgeheizt, vor allem wegen des Computers, der unter dieser Belastung wie ein Heizkörper fundierte. Als ich das Fenster öffnete, bemerkte ich erst, wie stickig es im Raum war. Die wochenalte Dreckwäsche, die wie ein Teppich über meinem Laminatboden verteilt war, hatte sich mit dem Geruch meines durchschwitzten T-Shirts vermischt, sodass der ganze Muff erst einmal aus meinem Zimmer entweichen musste, um wieder frei atmen zu können. Meine Mutter hatte recht, ich bin nicht gerade der ordentlichste Mensch, aber sie kam ohnehin nur alle paar Wochen sonntags dazu, dies zu bemerken, immer dann, wenn sie gestresst den Hausputz zwischen ihre wichtigen Termine schob, weshalb es mich nicht kümmerte. Was will sie schon tun, mir Hausarrest aufbrummen? Sie war ja gar nicht da, um zu bemerken, ob ich es einhielt.

      Meine Mutter war Leiterin einer großen Marketingabteilung irgendeines Modelabes, das mich nicht interessiert, und mein Vater war Versicherungsvertreter, der lieber den Tag im Büro verbrachte, auf Geschäftsreisen ging, und sich zum Abendessen ein Bier und Chinesisch vom Lieferdienst vor dem Fernseher gönnte, falls er nach Hause kam.

      Um das Essen und Einkaufen kümmerten wir uns selbst. Ich wusste, dass ich mir noch eine Tiefkühlpizza aufgehoben hatte, und mir lief bereits das Wasser im Mund zusammen, als ich nur daran dachte. Ich liebte Pizza! Fast so sehr wie Currywurst.

      Obwohl, es

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