Volkswagen – Auf dem Weg zur Weltspitze. Frank O. Hrachowy

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Volkswagen – Auf dem Weg zur Weltspitze - Frank O. Hrachowy

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an die Öffentlichkeit: Bei GM wurde die Markteinführung eines Wankelmodells für das Jahr 1974 geplant, ebenso bei Citroën. In Japan baute der Hersteller Toyo Kogyo für seine Modelle der Marke Mazda bereits Modelle in Großserie. 1972 sollte die Mazda-Produktion mehr als 150.000 Fahrzeuge mit Wankelmotor betragen.

      Auch zahlreiche Motorradhersteller sprangen auf den fahrenden Zug und entwickelten Modelle mit Wankelmotor. So beispielsweise der japanische Hersteller Suzuki, aber ebenso BSA/Triumph in Großbritannien. Sogar die Ingenieure von Fichtel & Sachs tüftelten an einem eigenen Wankelmotor für ihre Marke Hercules. Bei NSU indes war es aufgrund der kostspieligen technischen Probleme beim Ro 80 eher ruhiger geworden – die Wankel-Euphorie war längst verflogen. Es war ein offenes Geheimnis, dass der VW-Konzern bei jedem verkauften NSU Ro 80 mehrere tausend Mark zulegte. Die Pläne des entmachteten VW-Generaldirektors Kurt Lotz, das NSU-Werk in Neckarsulm zum weltweiten Zentrum der Wankelmotor-Entwicklung zu formen, waren jedenfalls vom Tisch.

      Doch nicht nur der Wankelmotor sorgte für Gesprächsstoff. Denn immer stärker wurde der Dieselmotor als alternativer Antrieb für Personenkraftwagen diskutiert. Opel hatte sich bereits mit seinen Weltrekordfahrten, die mit einem serienreifen Vierzylinder-Dieselmotor stattgefunden hatten, in der öffentlichen Wahrnehmung werbewirksam positioniert. Schon ab Herbst 1972 wollte Opel das Erfolgsmodell Rekord mit einem 60 PS starken Selbstzündermotor in den deutschen Markt einführen. Diese Entwicklung wurde von zahlreichen Fachleuten als verkehrstechnischer Rückschritt bezeichnet – ungeachtet dessen arbeiteten auch in Wolfsburg und bei Ford in Köln mittlerweile Ingenieure unter Hochdruck an einem eigenen Dieselmotor. Einzig BMW-Pressesprecher Werner Zentzytzki erklärte es kategorisch für ausgeschlossen, einen BMW mit Dieselmotor zu bauen.

      Im Herbst 1972 herrschte bei Volkswagen höchste Alarmstufe, denn das im Werk Kassel neu eingeführte EDV-System »Etgas« (Ersatzteil-Gesamtabwicklungs-Systeme) stand vor dem Kollaps. Dieses computergesteuerte VW-Ersatzteillager sollte sämtliche Bestellungen erfassen und bis zur Auslieferung der Teile aus dem Lager verwalten. Der EDV-gestützte Kundendienst war teilweise schon zusammengebrochen, so dass nicht alle benötigten Ersatzteile an die Werkstätten geliefert werden konnten. Viele Händler bekamen gar keine Teile mehr, andere Händler bekamen Ersatzteile geliefert, die sie gar nicht bestellt hatten. Fachleute munkelten, dass diese EDV-Misere den VW-Konzern mindestens 100 Millionen Mark (rund 50 Millionen Euro) Umsatzeinbußen verursachte.

      Verantwortlich dafür wurde VW-Verkaufschef Carl Hahn gemacht, der aufgrund seiner Arbeit für den Konzern, aber auch aufgrund seines Jet-Set-Lebensstils ohnehin in der Kritik stand. So war beispielsweise VW in der Schweiz unter seiner Ägide vom Marktführer zum Nachzügler geworden. Hinter dem Marktführer Opel folgte Toyota, dann Fiat und Ford. Erst auf Rang 5 stand VW mit seinen Verkaufszahlen. Unverblümter ausgedrückt: Es war im VW-Konzern bekannt, dass VW-Chef Leiding seinen Verkaufschef loswerden wollte. Ende Oktober trat Carl Hahn seinen Jahresurlaub an – mit seiner Rückkehr an seinen Wolfsburger Schreibtisch rechnete niemand. Diese Einschätzung sollte sich bewahrheiten.

      Mittlerweile waren in der Presse die ersten Bilder des Entwicklungsprojekts EA 337 zu bestaunen. Neben den Bildern sickerten auch die ersten technischen Daten durch. So sollte der Kompaktwagen über einen quer eingebauten, wassergekühlten Frontmotor verfügen, der seine Kraft an die Vorderräder abgeben würde. Ausgerüstet werden sollte der Käfer-Konkurrent mit MacPherson-Federbeinen und Scheibenbremsen an der Vorderachse. Vorne und hinten sollten Knautschzonen für die Sicherheit der Insassen sorgen. Offensichtlich war: Dieses neue Modell hatte weder technisch noch optisch etwas mit dem alten VW Käfer gemein.

      Unterdessen änderte sich die währungspolitische Situation auf der Welt dramatisch, was gerade der in Deutschland beheimatete VW-Konzern deutlich zu spüren bekam. So notierte der Dollar gegenüber der Deutschen Mark immer schwächer, was die Preise für die aus Deutschland in die USA exportierten VW-Modelle stetig in die Höhe trieb. Die Auswirkungen auf die Ertragslage der Wolfsburger waren deutlich, denn immerhin wurden rund ein Drittel der jährlich gebauten 1,9 Millionen VW-Fahrzeuge nach Nordamerika geliefert. In dieser Notlage wurde ernsthaft über den Bau eines eigenen VW-Werks in den USA diskutiert.

      Während der Dollarkurs immer weiter sank und sich die Währungskrise verschärfte, erschien im Mai 1973 mit dem auf dem Audi 80 basierenden VW Passat schließlich eine ganz neue Mittelklasse-Limousine aus Wolfsburg, die jegliche optische Altbackenheit, aber auch jegliche technische Rückständigkeit abgelegt hatte. Dazu konkretisiert der VW-Konzern aus heutiger Perspektive auf seinem Portal VOLKSWAGEN CLASSIC: »Nach dem ebenfalls wassergekühlten und frontgetriebenen K 70 wird jetzt eine wesentliche Eigenentwicklung vorgestellt, der neue Passat. Aus Gründen der damals noch andauernden Konzernkrise werden die Produktionskosten durch Übernahme von Plattform und Aufbau des ein Jahr zuvor erschienenen Audi 80 (Design: Hartmut Warkuß) niedrig gehalten.«17

      Optisch wurde der VW Passat als eigenständiges Fahrzeug wahrgenommen, weil der italienische Designer Giorgio Giugiaro den Audi 80 geschickt mit einem Schrägheck versah, das die Limousine nicht als Kopie wirken ließ. Der Passat verfügte im Gegensatz zu den Modellen 1600 und 411/412 über einen wassergekühlten Motor mit Zahnriemen, der nicht mehr im Heck arbeitete, sondern als moderner Fronttriebler die Vorderräder antrieb.

      Die Markteinführung wurde innerhalb des VW-Konzerns mit angehaltenem Atem begleitet, denn: Der Passat bildete den »Grundstein« für alle weiteren modernen Fronttriebler-Modelle, die später mithilfe eines kostensparenden Baukastensystems gefertigt werden sollten. Durch eine hohe Anzahl von Gleichteilen, die in verschiedenen Modellen des VW-Konzerns verbaut würden, wollten die Planer die Produktionskosten drastisch senken.

      Doch der Passat sollte nicht nur Grundstein sein, sondern auch finanzieller Rettungsanker. Würde der Passat in seiner Konzeption scheitern, dann wäre VW finanziell wohl kaum zu retten. Von den Autofahrern wurde der VW Passat jedoch sofort akzeptiert und vor allem auch bestellt – 750 Stück rollten dementsprechend schon zu Anfang von den Fließbändern. Im Gegensatz zu den alten Modellen 1600 und 412 war der VW Passat für den erfolgreichen Opel Ascona nun ein Wettbewerber auf Augenhöhe.

      Im Zuge der Umstellung auf die kommende, mit dem Passat eingeleitete neue Modellgeneration hieß es weiter Abschied nehmen von Vertrautem. Nach 445.295 gebauten Karmann Ghia wurde im Juli 1973 die Produktion eingestellt. Zum Abschied schreibt die VW AG in ihrer Publikation DAS BUCH gleichermaßen treffend wie wehmütig über das Karmann Ghia Cabrio: »Mit seiner italienischen Eleganz kurvte es über die Farbseiten der eleganten Magazine, und wo ein Filmregisseur Jugend, Schönheit und Heiterkeit ins Bild bringen wollte, da musste der Karmann durch die Szene rollen: Der löste alle gewünschten Gefühle aus.«18

      Geprägt wurde das Jahr 1973 durch die im Herbst beginnende Ölkrise, bei der die Organisation der Erdöl exportierenden Länder (OPEC) die Fördermengen drosselte, um die westlichen Länder politisch unter Druck zu setzen. Die dadurch steigenden Energiepreise verursachten eine Schwächung der Konjunktur und führten die westlichen Länder in eine Wirtschaftskrise, von der alle wichtigen Industrienationen betroffen waren. Parallel dazu verschärfte der steigende Ölpreis die Inflation, wodurch die US-Wirtschaft sogar in eine Stagflation (wirtschaftliche Stagnation gepaart mit Inflation) geriet. In Deutschland markierte die Ölkrise das Ende des Wirtschaftswunders.

      Kurioserweise stieg in den USA die Nachfrage nach dem Käfer wieder stark an – wegen der Ölkrise wollten immer weniger Nordamerikaner einen spritschluckenden »Gas Guzzler« mit V8-Motor fahren. So wurden trotz der massiven Preiserhöhungen der VW-Fahrzeuge durch die veränderten Wechselkurse Ende 1973 in den USA mehr VW Käfer bestellt als aus Deutschland lieferbar waren. Stuart Perkins, der Präsident der Vertriebsfirma Volkswagen of America, beklagte, dass die Nachfrage um rund 15 Prozent gestiegen war, aber aufgrund des zu geringen Nachschubs aus Wolfsburg nur 6 Prozent mehr Fahrzeuge ausgeliefert werden konnten.

      Im

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