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      Das Jahr 1976 begann mit einer verblüffenden Nachricht: Dem neuen VW-Chef Toni Schmücker schien es gelungen zu sein, die Konzernspitze soweit auf Linie zu bringen, dass sie dem Bau eines VW-Werkes in Nordamerika zustimmte. Damit wäre ihm genau das gelungen, was sein Vorgänger Rudolf Leiding nicht hatte durchsetzen können. Dieses Werk würde zwar den US-Markt unabhängiger von den deutschen Produktionsstätten machen, doch die Vorteile für den VW-Konzern waren nicht von der Hand zu weisen. Mit einem Werk in Übersee könnten die dort produzierten Fahrzeuge direkt vor Ort ohne aufwändige Verschiffung, ohne Einfuhrzölle, ohne Währungsrisiken und ohne hohe deutsche Lohnkosten verkauft werden.

      Und noch zwei weitere Gerüchte machten die Runde: So das Gerücht, dass die VW-Konzernleitung festgestellt hatte, dass rund 50.000 Kunden pro Jahr einen Golf oder Polo nicht kauften, weil sie ein klassisches Stufenheck einem Fließheck vorzogen. Aus diesem Grund wurde geplant, die Modelle Polo und Golf ergänzend als Stufenheckmodelle zu bauen.

      Das zweite Gerücht drehte sich um einen kostengünstigen Sportwagen auf Basis des Golf, der unter dem Namen Golf GTI im Herbst 1975 auf der IAA präsentiert worden war. Geplant war eine limitierte Auflage von 5.000 Exemplaren des Golf GTI, die mit dem von Audi übernommenen 1,6-Liter-Einspritzmotor (mechanische Einspritzanlage K-Jetronic von Bosch) ausgerüstet werden sollte. In Anbetracht der Motorleistung von 110 PS (81 kW) und einem Gewicht von deutlich unter 1.000 Kilogramm bot der Golf GTI seit seiner Vorstellung reichlich Stoff für Gespräche. Über 180 km/h sollte er schnell sein. Skeptiker im VW-Konzern hielten das Unternehmen allerdings für finanziell riskant, denn wer sollte solch einen Renn-Golf kaufen. 5.000 Verrückte?

      Im Juni 1976 schließlich kamen die Spekulationen zu einem Ende, denn der erste Golf GTI rollte vom Fließband. Lieferbar war der Golf GTI in den Farben Marsrot und Diamant-Silbermetallic. Neben seinem starken Motor glänzte der Golf GTI mit sportlicher Ausstattung: So wurden auf diesen Golf breitere Reifen der Dimension 175/70 HR 13 aufgezogen, das Fahrwerk wurde gestrafft sowie vorne und hinten mit Stabilisatoren ausgerüstet. Zusätzlich wurde das Fahrwerk vorne um 10 mm und hinten um 20 mm abgesenkt. Überdies wurde der Frontspoiler vergrößert.

      Auch optisch zeigte der Golf GTI, wofür er gebaut war: So schreibt VW auf seinem Portal VOLKSWAGEN CLASSIC: »Die Ausstattung ist sportlich: Unter anderem werden alle Chromteile durch schwarz lackierte Komponenten ersetzt, der Kühlergrill trägt den GTI-Schriftzug und erhält die rote Umrandung. Der Dachhimmel ist ebenso wie Sonnenblenden und Teppiche tiefschwarz. [...] Im Innenraum gibt es körpergerecht ausgeformte Sportsitze mit dem bekannten Schottenkaro, geschaltet wird mit dem berühmten Golfball.«31 Auch wenn Neider den sportlichen Golf verunglimpften und die Abkürzung »GTI« als »Größenwahn, Temporausch, Imponiergehabe« übersetzten, zeigte sich bald, dass sich das Marketing von dem Plan, 5.000 Exemplare zu bauen, verabschieden musste.

      Denn: Der Golf GTI wurde innerhalb kürzester Zeit zu einem Klassiker der Moderne, dem von Beginn an Kultstatus zukam. Durch seine enormen Fahrleistungen, seine Alltagstauglichkeit und seinen günstigen Preis wurde er beim vor allem jüngeren Publikum zu einem Erfolg. Sofort stellte sich die Zubehörindustrie auf den Golf GTI ein, die den Käufern eine unüberschaubare Fülle von Tuningkomponenten und Zubehör anbot. So dauerte es nicht lange, bis der Golf GTI auch auf der Rennstrecke Erfolge einfuhr. Mit dem Golf GTI hatten die Planer ein Kultauto geschaffen, dessen Ruhm über Jahrzehnte fortdauern sollte.

      Im Juni 1976 erhielt auch der Scirocco den 110 PS (81 kW) starken, auf 1.600 cm³ vergrößerten Motor mit der mechanischen K-Jetronic-Benzineinspritzung von Bosch. Allerdings waren aufgrund der gestiegenen Leistung zahlreiche technische Änderungen notwendig. So musste in der Motorperipherie der Wasserkühler angepasst werden, hinzu kam ein Ölkühler. Fahrwerksseitig wurden die Federung und die Stoßdämpfer modifiziert, außerdem zusätzliche Stabilisatoren, innenbelüftete Scheibenbremsen vorn, breitere Felgen sowie Reifen mit einem höheren Geschwindigkeitsindex montiert. Damit war der Scirocco GTI geboren, der den Scirocco TS als Spitzenmodell ablöste.

      Ebenfalls mit dem 110 PS (81 kW) starken Einspritzmotor wurde eine weitere Version des Scirocco ausgerüstet, die unter der Bezeichnung Scirocco GLI auf komfortorientiertes Publikum zugeschnitten war. Diese elegantere Version des Sportcoupés erhielt serienmäßig eine Metalliclackierung und getönte Scheiben. Edle, hochwertige Materialien im Innenraum sorgten für Wohlfühlambiente.

      Das zweite Gerücht löste sich ebenfalls auf, denn im Juli 1976 wurde die Konzerntochter »Volkswagen Manufacturing Corporation of America« ins Leben gerufen, die eine Produktion in den Vereinigten Staaten aufbauen sollte. Geplant war, dort jährlich 200.000 VW Golf zu produzieren. Zu dieser gewaltigen Aufgabe konkretisiert der VW-Konzern: »Die neue Tochter übernimmt ein Presswerk in South Charleston, West Virginia und eine Montagefabrik in Westmoreland, Pennsylvania, wo im April 1978 die Golf-Fertigung für den nordamerikanischen Markt anläuft. Motoren und Getriebe stammen aus Deutschland, Hinterachsen und Kühler von der Volkswagen de México, die restlichen Bauteile vorwiegend aus der US-Zulieferindustrie.«32

      Damit hatte VW-Chef Toni Schmücker nun schlussendlich durchgesetzt, woran sein Vorgänger Rudolf Leiding gescheitert war. Sicher spielte bei der Entscheidung des Aufsichtsrats auch eine Rolle, dass sich der US-amerikanische Staat und die Gemeinde an den Baukosten indirekt beteiligten, etwa durch erhebliche Zuschüsse aus Industrie- und Arbeitsförderungs-programmen. Für die aus Deutschland gelieferten Komponenten sollte eigens eine Freihandelszone geschaffen werden, um die Importzölle zu reduzieren. Unterm Strich sanken damit die Kosten für den VW-Konzern von errechneten 1.000 Millionen Mark (ca. 500 Millionen Euro) auf bescheidene 400 Millionen Mark (ca. 200 Millionen Euro).

      Dass ein Werk im Ausland auch reichlich Probleme bereiten konnte, die im eigenen Land kaum denkbar waren, zeigte der permanente Ärger mit dem VW-Werk in Mexiko. »Volkswagen de México« war bereits 1964 gegründet worden und seit 1967 wurde dort vor allem der VW Käfer produziert. Doch das Unternehmen verharrte seit Jahren in den roten Zahlen, weil die mexikanische Regierung VW auf der einen Seite keine Preiserhöhungen erlaubte – auf der anderen Seite die Gewerkschaften mit gelockertem Zügel führte. So war das mexikanische Werk durch Lohnerhöhungen und Streiks mittlerweile vollkommen unrentabel geworden. Am liebsten, daraus machte VW-Chef Toni Schmücker keinen Hehl, wollte er dieses gleichermaßen nervenaufreibende wie kostspielige Werk loswerden.

      Und auch das Werk in Brasilien, das größte und bisher erfolgreichste VW-Auslandsunternehmen, machte nun Sorgen. Der dort gebaute VW Käfer war immer schwieriger zu verkaufen, während der moderne Passat nicht in gewünschter Weise vom Publikum angenommen wurde. Einzig das in Brasilien entwickelte Modell VW Brasília, ein kompakter Kombi auf der technischen Basis des VW Typ 3 (VW 1600), ließ sich noch passabel vermarkten. Doch am meisten Sorgen machte dem Volkswagen-Vorstand, dass immer mehr Wettbewerber den brasilianischen Markt für sich entdeckten und VW massiv unter Druck setzten.

      Auch das dritte Gerücht löste sich im Sommer 1976 auf: Das Gerücht um den neu entwickelten, kleinen Dieselmotor. Denn im Juni lief im Werk Salzgitter der erste Golf mit einem 4-Zylinder-Dieselmotor mit 1,5 Liter Hubraum und einer Leistung von anfangs 50 PS (37 kW) vom Band (bald schon mit 1,6 Liter Hubraum und 54 PS (40 kW)). Der als Wirbelkammer-Diesel konzipierte Motor basierte auf dem Rumpfmotor (EA 827) von Audi, dessen mechanische Komponenten für den Umbau zum Selbstzünder verstärkt worden waren. Auch die Kühlanlage war für den Dieselmotor verändert worden.

      Mit einer Beschleunigung von19 Sekunden von 0 auf 100 km/h und einer Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h war der Diesel-Golf von seinen Fahrleistungen her nicht gerade spritzig zu fahren. Aber die Fahrleistungen standen auch nicht im Mittelpunkt dieses Antriebskonzepts, sondern seine Sparsamkeit, die sich in einem Verbrauch von rund 6,5 Litern Dieselkraftstoff niederschlug. Die große Freude beim Tanken wurde jedoch getrübt durch die geschmälerte Freude beim Fahren – die Manieren dieses Dieselmotors hinsichtlich Laufgeräusch und Vibrationen ließen noch zu wünschen übrig.

      Auch

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