Volkswagen – Auf dem Weg zur Weltspitze. Frank O. Hrachowy
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Als Motoren standen Vier- und Fünfzylinder-Aggregate mit einer Leistung von 85 (63 kW) bis 136 PS (100 kW) zur Auswahl. Eine rund 180 PS (132 kW) starke Version mit einem neu entwickelten Wankelmotor befand sich noch in der Erprobung. Allerdings wurden grundsätzliche Bedenken hinsichtlich des Einbaus eines Kreiskolbenmotors in ein Modell des VW-Konzerns mittlerweile immer massiver formuliert. 1977 schließlich sollte das Projekt Audi 100 Wankel endgültig begraben werden.
War schon der alte Audi 100 als »Prokuristen-Mercedes« tituliert worden, so galt diese Einschätzung erst recht für den neuen Audi 100 C2. Er wurde in der oberen Mittelklasse direkt auf Augenhöhe der Platzhirsche Mercedes W 123 und 5er-BMW positioniert. Dabei konnte der Audi 100 im direkten Vergleich mit einem günstigen Preis und ansprechenden Fahrleistungen punkten. Das formulierte Ziel des Managements war, das Image eines Audi-Fahrers mit Hosenträgern, Hut und Wackeldackel auf der Heckablage abzustreifen. Stattdessen sollte Audi als Technologieführer im Automobilbereich aufgebaut und ganz deutlich von VW abgegrenzt werden.
Bei diesen Ambitionen mussten nicht nur Fachleute schmunzeln – dies vor allem mit Blick auf den technisch anspruchsvollen NSU Ro 80, der nur Verluste einfuhr. Und noch eine weitere Herausforderung kam hinzu: Angesichts der anspruchsvollen Klientel legte das Audi-Marketing Wert darauf, den Händlern die entsprechenden Umgangsformen zu vermitteln. Statt leutselig Sprüche zu klopfen, wurde den Verkäufern in der zu diesem Zweck aufgelegten Verkaufsfibel beispielsweise geraten, mit dem neuen Audi 100 zu Tennisvereinen, Ausflugslokalen, Pferderennen, Yacht- und Jagdclubs und so weiter zu fahren.
Mittlerweile hatte sich die neue Modellgeneration etabliert, die Trauer um die traditionellen Modelle mit luftgekühltem Boxermotor im Heck wurde immer leiser .Wie gut VW den Geschmack der Zeit getroffen hatte, zeigten alleine schon die Produktionszahlen des Golf. So verließ am 27. Oktober 1976 bereits der einmillionste Golf das Fließband in Wolfsburg. Auch die anderen Modelle der neuen Generation verkauften sich in hoher Stückzahl, wobei das Sportcoupé Scirocco als Nischenmodell von seinen Verkaufszahlen her naturgemäß nicht an den anderen Modellen gemessen werden durfte.
Das Jahr 1977 begann bei VW mit einem neuen Modell, über das schon eine Zeit lang geredet und spekuliert worden war. Im Februar schließlich rollte der erste VW Derby vom Fließband, ein Polo mit Stufenheck. Die Rücksitzlehnen waren zwar nicht mehr umklappbar, doch gleichzeitig gewann der Kleinwagen einen üppigen Kofferraum mit 515 Litern Volumen. Entwickelt wurde der Derby, der wie der Polo auf dem Audi 50 basierte, in Ingolstadt bei Audi.
Zur Wahl standen wie beim Polo drei Leistungsstufen: der 0,9-Liter-Motor mit 40 PS (29 kW), der 1,1-Liter-Motor mit 50 PS (37 kW) und der 1,3-Liter-Motor mit 60 PS (44 kW). Alle Ausführungen besaßen ein handgeschaltetes 4-Gang-Getriebe und Frontantrieb. Mit diesem Modell sollte Opel und Ford Paroli geboten werden, die mit ihren kompakten Stufenheckmodellen bislang recht erfolgreich waren.
Spätestens mit diesem – nach dem Audi 50 und dem VW Polo – dritten Kleinwagenmodell aus dem VW-Konzern wurde offensichtlich, wie stark mittlerweile der Wettbewerb zugenommen hatte. Im Zuge der Ölkrise war ein neuer Trend entstanden – der Markt der Kompaktfahrzeuge wurde offensiv durch darunter positionierte Kleinwagen angegriffen. Hier kämpften die drei Modelle des VW-Konzerns, aber ebenso ausländische Kleinwagen wie der Renault 5 oder der Fiat 127, um die Käufergunst.
Opel reagierte auf diese Entwicklung nicht mit einem eigenen kleineren Fahrzeug, hier bildete weiterhin der Kadett C in kostenreduzierter City-Ausstattung das Einstiegsmodell. Kein Zweifel, Opel war inzwischen modellpolitisch und technisch ins Hintertreffen geraten. Wer aber auf diese Herausforderung reagierte war die Marke Ford, die 1976 einen neuen, modern mit Frontmotor und Frontantrieb konzipierten Kleinwagen namens Fiesta auf den europäischen Markt brachte. Gebaut wurde der Ford Fiesta kostengünstig in Spanien. Schon bald wurde klar, dass mit dem Fiesta ein weiterer ernstzunehmender Wettbewerber auf den Plan getreten war.
Diese Hinwendung zu Kleinwagen entfachte gleichzeitig das Interesse an alternativen Antriebskonzepten für die Automobile der Zukunft. So äußerte sich beispielsweise Volkswagen-Entwicklungschef Prof. Ernst Fiala in einem Interview über neue Automotoren dahingehend, dass eine Turboaufladung für Dieselmotoren wohl denkbar und auch technisch umsetzbar, jedoch bislang aus Kostengründen kaum wirtschaftlich sei.
Noch spannender war die Frage des Journalisten nach sinnvollen Zukunftskonzepten im Bereich Antriebstechnik. Hierauf erläuterte Prof. Fiala: »So leid es mir tut, ich kann Ihnen keine Revolution des Autoantriebs voraussagen. Zunächst, für die nächsten 20 Jahre, wird der Hubkolbenmotor, sei es als Diesel-, sei es als Benzinmotor, mit Abstand die wichtigste Antriebsart sein. Danach käme der Wankel, dann vielleicht die Gasturbine. dann der sogenannte Heißluftmotor, danach die Dampfmaschine. [...] Das Elektroauto kommt dann auch noch.«33
Die Abkehr von großvolumigen Verbrennungsmotoren zeigte sich beispielhaft im Verkaufsprogramm des Wettbewerbers Opel, der seine aus den Modellen Kapitän, Admiral und Diplomat bestehende KAD-Klasse einstellte. Diese an US-Straßenkreuzer erinnernden Dickschiffe mit ihren großen Motoren, die beim V8 des Diplomat mit einem Hubraum von 5,4 Litern aufwarteten, wurden kaum mehr gekauft. Um hier wieder Anschluss zu finden, präsentierte Opel 1977 auf der IAA in Frankfurt mit dem Senator und dem davon abgeleiteten Coupé Monza eine Neuentwicklung für die Obere Mittelklasse.
Der direkte Vergleich zu den überkommenen KAD-Modellen zeigte nachdrücklich die Abkehr von amerikanischen Einflüssen. Viel kleiner, straff gezeichnet und modern konzipiert traten die neuen Modelle die Nachfolge der in die Jahre gekommenen KAD-Klasse an. Alleine schon die kompakteren Abmessungen von Senator und Monza zeigten: Opel hatte sich aus der imageträchtigen Oberklasse verabschiedet, um zukünftig in den unteren Klassen präsenter zu sein.
In den USA waren die Kunden der drei großen Hersteller Chrysler, Ford und GM in ihrer Ignoranz weit entfernt von diesem neuen Trend, der sich weltweit formte. Die nach wie vor starre Geisteshaltung der amerikanischen Kunden schlug sich unverändert in technisch rückständigen Modellen der drei großen US-Automobilhersteller nieder. Großvolumige durstige V8- oder V6-Motoren bestimmten nach wie vor den Markt. Dieselmotoren, die in Europa immer stärker nachgefragt wurden, waren hingegen in den USA verpönt. Diese technische Rückständigkeit war einer der Gründe, weshalb neuerdings immer mehr japanische Hersteller auf dem US-amerikanischen Markt Fuß fassten.
So lautete im Sommer 1977 die Reihenfolge der Importeure in Nordamerika: Toyota, Datsun, Honda, dann erst kam VW. Toyota beispielsweise stand im Jahr 1977 in den USA bereits an der Schwelle von 500.000 verkauften Fahrzeugen. Demnächst sollten die für ihre Zuverlässigkeit geschätzten, japanischen Autos sogar in eigenen Fabriken direkt vor Ort in den USA gefertigt werden. In dem über viele Jahre von den großen drei Konzernen Ford, Chrysler und GM vernachlässigten Heimatmarkt wollte fortan auch VW durch sein US-Werk stärker auftreten.
Verkaufsboom und neue Märkte
Die Verkaufszahlen zeigten sich 1977 weiterhin so gut, dass das deutsche Kartellamt aktiv wurde und die Autohersteller VW, Opel und Ford vor einer überzogenen Preiserhöhung warnte. Erst nach langen Verhandlungen einigten sich die Hersteller und das Kartellamt auf eine gemäßigte Erhöhung der Neuwagenpreise um rund 4 Prozent. Im Frühjahr 1977 stiegen die Autoverkäufe aller deutschen Hersteller in ungewohnt starker Weise an, so dass bei Ford, Opel und Volkswagen Sonderschichten notwendig wurden.
Damit