Der verborgene Erbe. Billy Remie

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Der verborgene Erbe - Billy Remie Legenden aus Nohva 5

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stehen konnte, und klatschte die Hände auf die Schenkel. »Nun denn, es ist spät, ich möchte Euch nicht vom Schlafen abhalten. Gewiss habt ihr viel zutun, als einziger Mönch unter Zweiflern.«

      Alliqua stand ebenfalls auf und verneigte sich kurz vor Eagle. »Es war mir eine Freude, mit Euch zu sprechen, Eure Hoheit. Ich habe stets ein offenes Ohr – und gelegentlich einen mehr oder weniger hilfreichen Rat für Euch. Zögert nicht, mich aufzusuchen. Dafür schloss ich mich Euch an.«

      Eagle lächelte dankbar. »Ihr habt mir aufgeholfen, als ich gerade am Boden lag. Ich danke Euch dafür. Jetzt muss ich aber gehen und versuchen, Schlaf zu finden. Ihr ahnt ja nicht, welch erbarmungsloser Kampflehrer unser Cohen sein kann. Ich kann nur hoffen, schnell Schlaf zu finden, sonst werde ich morgen ein ungenügender Schüler sein.«

      Alliqua schmunzelte zurück. »Ich hörte, die kleine Schenke bei den Mannschaftsunterkünften bereitet einen recht wirkungsvollen Schlaftrunk zu, mein Prinz.«

      »Danke für den Rat, Freund«, lachend und kopfschüttelnd ging Eagle an dem seltsamen Mönch vorbei, »doch Wein finde ich auch in meiner Küche.«

      »Aber auch Gesellschaft?«

      Eagle drehte sich verwundert zu Alliqua um, der die Augenbrauen vielsagend hochzog.

      »Lasst nicht zu, dass die Schuld Euch in Einsamkeit zurücklässt «, sagte der Mönch. »Freundschaft und Liebe ist für den Einsamen wie der warme Honig für eine wunde Kehle.«

      Eagle atmete kopfschüttelnd aus. »Wenn Ihr hier noch vor unserer Abreise eine Vermählung erhofft zu feiern, muss ich Euch bitter enttäuschen. Es gibt viele schöne Frauen hier, gewiss, und viele würden ihr Leben geben, um auch nur eine Nacht meine Frau sein zu dürfen, doch die Liebe fand ich bisher noch nicht. Es scheint nicht für mich vorgesehen, die wahre Liebe zu finden. Das überlasse ich meinen Freunden – und freue mich für die beiden, selbst wenn wir alle gelegentlich zwei Kissen über den Ohren brauchen, um ihre Liebe zu ertragen.«

      Der Mönch lächelte nicht über Eagles Scherze. Er sah den jungen Erben ernst in die Augen und erwiderte nachdenklich: »Vielleicht habt ihr in den falschen Ecken gesucht, mein Prinz, oder Eure Augen waren zu fest verschlossen. Es gibt für jeden die wahre Liebe, vielleicht ist Euch Eure Zukünftige noch nicht begegnet, aber der Tag wird kommen.« Plötzlich lächelte er, als käme ihm ein Gedanke, der durchaus Sinn für ihn ergab. »Oder Eure Frau ist noch nicht erblüht.«

      »Ich bevorzuge meine … Liebschaften in meinem Alter«, lehnte Eagle sofort ab. Die Vorstellung, seine zukünftige Gattin wäre zu diesem Zeitpunkt noch ein Kind, behagte ihm nicht. Was sollte er mit einem Kind anfangen? Er wünschte sich eine starke, kluge und schöne Frau. Bisher hatte keine Frau, die er verführen konnte, genug Charme, um ihn zu verzaubern. Sein Problem war vielleicht auch, dass er eine zu genaue Vorstellung von seiner Zukünftigen hatte. Sie sollte nicht nur liebende Ehefrau sein, sondern auch seine engste Freundin, seine Gefährtin, Partnerin, Kameradin, Seelenverwandte. Er wollte die Liebe, wie Desiderius und Cohen sie hatten. Er wollte diese stillen und tiefen Blicke, die keiner Worte bedurften. Er wollte diese Leidenschaft, die alles verbrannte. Wollte tiefes Vertrauen, im Kampf und in Friedenszeiten. Eagle wollte mehr als eine gewöhnliche Gattin, er wollte eine Frau, die ihn verstand, und an die er sich lehnen konnte, wenn er, so wie in jener Nacht, verzweifelte.

      Doch solch eine Frau gab es nicht für ihn. Das stimmte ihn nachdenklich. Selbst ein unsympathischer Barbar wie Großkönig Melecay hatte die Liebe seines Lebens gefunden. Vielleicht lag es allein an Eagle, dass es mit der Liebe nicht klappen wollte.

      Wieder frustriert drehte er sich um und ging aus der Kapelle, wissend, dass er auch die nächsten Jahre allein im Bett verbringen würde. Er tröstete sich damit, dass er vermutlich so viel an Arbeit hatte, dass es ihm nicht auffallen würde. Und lieber war er allein, als einer dieser Könige zu sein, der eine viel zu junge Frau zur Gattin nahm. Was brachte ihn ein gebärfreudiger Körper, wenn er mit der Dame nichts gemein hatte. Er unterhielt sich nun mal gerne, und bezweifelte, dass er durch mehrere Jahrzehnte Altersunterschied viel mit einer jüngeren Frau zu bereden hatte.

      Doch während Eagle hinausging, gab ihm der Mönch noch einige Worte zum Nachdenken mit auf dem Weg: »Es gibt viele Arten, wie Weiblichkeit erblühen kann, mein Prinz, und ich sprach nicht von der Wandlung vom Mädchen zur Frau.«

      ***

      Nicht nur der junge Airynn Erbe fand in jener Nacht keinen Schlaf, auch Arrav strich ruhelos durch die dunklen Flure. Alle paar Schritte wurde sein Gesicht von einer Fackel erhellt, die gemächlich vor sich hin brannte und wohl bis zur Morgendämmerung erloschen sein würden. Er ließ sich ungern in der Festung blicken, betrat spät seine Gemächer und verließ sie früh, bevor jemand ihn bemerken konnte. Wie eine stille Maus schlicht er seit Wochen durch dieses riesige Anwesen, und hatte erfreut festgestellt, dass es gar nicht so schwer war, den anderen Bewohnern aus dem Weg zu gehen.

      Es war nicht so, dass er nicht mehr hinter seiner Entscheidung stand, Cohen treu zu folgen, dem wahren Erben zu dienen, es lag viel mehr an der Tatsache, dass er das Gefühl hatte, sein Schlafgemach in der hohen Festung nicht verdient zu haben.

      Nur, weil Cohen sich für ihn eingesetzt hatte, die Hand für ihn ins Feuer legen würde, hatte Arrav ein Bett in der Festung erhalten. Zwar keines der großen Gemächer wie der Erbe und der Blutdrache, aber trotzdem weit über dem Standard der Dienerschaft oder den Unterkünften bei der Kaserne. Dabei lag ihm nichts an einem großen Bett und einer weichen Matratze, er wäre viel lieber in den Mannschaftsunterkünften geblieben, größtenteils, weil er dort dem großen, bösen Drachen entgehen konnte. Aber Cohen hatte darauf bestanden, dass Arrav ein eigenes Schlafgemach in der Festung erhielt, und weil sich sein Kommandant und Freund so sehr für ihn einsetzte, hatte Arrav nicht erwähnt, wie unwohl ihm dabei war. Nach all den Jahren als Bastard im Dreck, war er natürlich auch froh um die drastische Verbesserung seiner Lebensumstände – was auch ein Grund dafür war, dass er seine Entscheidung nicht bereute; alles war besser als das Leben dritter Klasse – dennoch würde es noch eine Weile dauern, bis er sich daran gewöhnt hatte, nicht mehr nur eine schäbige Küchenschabe zu sein, die geradeso überleben konnte, wenn sie nicht mit der Armee ausrücken musste.

      Er hatte noch nichts für den Erben geleistet, er hatte sich noch keine Belohnungen verdient, weder Schlaf noch Essen. Arrav würde sicherlich anders fühlen, wenn er endlich für den wahren Prinzen kämpfen durfte. Wenn er Schweiß und Blut für ihn vergossen, Schmerzen ertragen und ihm zum Sieg verholfen hatte, dann würde er sich wohler in seinem Bett fühlen. Dann hätte er all das auch verdient.

      Und vielleicht, mit viel Glück, würde ihn der Blutdrache dann nicht mehr mit diesen düsteren Blicken voller Argwohn betrachten, vielleicht würde er Arrav sogar die Hand geben – oder wenigstens ein respektvolles Nicken schenken. Bisher jedoch hielt es Arrav für wesentlich klüger, dem großen, bösen Drachen nicht zu nahe zu kommen. Vor allem nicht, wenn Cohen dabei war.

      Wenn Arrav sich zu seinem Freund gesellte und auch nur kurz mit ihm sprach, spürte er bereits nach wenigen Augenblicken den drohenden Blick aus stechend grünen Augen auf sich, die Feuer auf ihn zu sprühen schienen. Was seltsam war, denn er glaubte fest daran, dass er seine Absichten gegenüber Cohen nie durch Gesten oder Blicke preisgab. Trotzdem spürte er die Eifersucht des Blutdrachen auf mehrere hundert Fuß Entfernung, und der imposante Mann hütete Cohen wie seinen Augapfel.

      Nach wie vor begehrte Arrav Cohen, doch nicht so sehr, dass er dumm genug wäre, wegen eines schönen Mannes den Zorn des Blutdrachen auf sich zu ziehen, also hielt er sich im Hintergrund.

      Als er einmal scherzhaft zu Cohen meinte: »Dein Drache schaut mich an, als wolle er mich gleich fressen, vielleicht sollten wir zukünftig nur noch über Briefwechsel mit einander kommunizieren« - Hatte

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