Helmut Schmidt. Neue Osnabrücker Zeitung

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Helmut Schmidt - Neue Osnabrücker Zeitung

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traf er daheim im Stadtteil Langenhorn ein. „Dass gleichzeitig in Hamburg eine Katastrophe passierte, habe ich nicht gemerkt“, sagte er in einem ausführlichen Interview für das vor einigen Jahren gedrehte TV-Dokudrama „Die Nacht der großen Flut“. In dem preisgekrönten Film schilderte er noch einmal jene Tage, die zu den wichtigsten seiner Karriere gehörten. Zum 50. Jahrestag wollte der inzwischen 93-Jährige keine Interviews geben.

      Erst spät, am nächsten Morgen wurde Schmidt damals alarmiert. „Ich bin wie ein Verrückter unter Verletzung sämtlicher Verkehrsregeln in die Stadt gefahren“, erinnerte er sich. Nach nur wenigen Minuten sei er 6.40 Uhr im Lagezentrum eingetroffen. „Ich hatte den Eindruck, dass das eingetreten war, was ich mir im Herbst 1961 vorgestellt hatte: lauter aufgeregte Hühner“, beschrieb er. Regierungsdirektor Werner Eilers hatte ihn alarmiert - Martin Leddin, damaliger Einsatzleiter, nicht: „Ich wollte ihn nicht haben. Vielleicht habe ich ihm auch nicht zugetraut, eine so hohe Verantwortung bei so wenig Sachkenntnis übernehmen zu können...“, schildert dieser in dem Film.

      Schmidt übernahm das Kommando und organisierte Hilfe - auch von der Bundeswehr und der Nato. Gesetzlich legitimiert war der Einsatz des Militärs nicht. „Ich hab mich um die Gesetze nicht gekümmert. Ich hab auch nicht erst einen Juristen gefragt, ob ich das darf oder ob ich jenes nicht darf“, meinte Schmidt, der im Krieg gelernt habe, Dinge zu machen, die nicht in Vorschriften waren. „Ich hab' das Grundgesetz nicht angeguckt in jenen Tagen“, sagte er über seine Entscheidungen bei der Sturmflut. Als Konsequenz aus dem damals umstrittenen Vorgehen wurde der Bundeswehreinsatz bei zivilen Katastrophen später in der Verfassung festgeschrieben.

       17. Februar 1962

      Katastrophe über Nacht: Sturmflut 1962 traf Hamburg unvorbereitet

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      Karte der Sturmflut 1962 in Hamburg. (picture alliance / dpa-Grafik)

      Hamburg (dpa) - In der Nacht zum 17. Februar 1962 verursacht ein Sturmtief - es trug ausgerechnet den Namen „Vincinette“ (Siegreiche) - im norddeutschen Küstenraum und im Hamburger Elbegebiet die folgenschwerste Sturmflut des Jahrhunderts. Das Tief aus Island peitschte Böen mit 130 Kilometern pro Stunde über die Nordsee und presste das Wasser in die Trichtermündungen von Elbe und Weser. Die Küstenbewohner in Schleswig-Holstein und in Ostfriesland konnten sich - rechtzeitig alarmiert - ins Landesinnere retten.

      Am schlimmsten traf es Hamburg. Niemand in der Hansestadt war auf diese Katastrophe vorbereitet. Mehr als 300 Menschen starben in den Fluten, Tausende verloren binnen weniger Minuten ihre gesamte Habe. Mit unvorstellbarer Gewalt zermalmte die Flut die Deiche und verwüstete ganze Stadtteile. Zehntausende Menschen im Stadtteil Wilhelmsburg waren von den Wassermassen eingeschlossen, hatten sich auf Dächern oder Bäumen in Sicherheit gebracht. Das Hochwasser verursachte einen Sachschaden von 873 Millionen Mark.

      Der damalige Hamburger Innensenator und spätere Bundeskanzler Helmut Schmidt koordinierte Hubschraubereinsätze, Rettungsaktionen auf dem Wasser und dirigierte 2000 Helfer. Unterstützung holte sich der SPD-Politiker auch vom Militär. Als Konsequenz aus dem damals umstrittenen Vorgehen, das für viele verzweifelte Menschen in Hamburg lebensrettend war, wurden nicht nur die Deiche erneuert und erhöht, sondern auch der Bundeswehreinsatz bei zivilen Katastrophen 1974 in der Verfassung festgeschrieben.

      2. Kanzler in schwierigen Zeiten - Krisen, Terror und Sicherheit

      „Sicherheit für die 80er Jahre“: So bewirbt Schmidt seine Politik auf dem Parteitag der SPD am 04.12.1979. Knapp drei Jahre später sollte seine Zeit als Kanzler jedoch vorbei sein. (picture alliance / dpa)

      Seine erste Regierungszeit war geprägt von der weltweiten Rezession und der Ölkrise. Größte innenpolitische Herausforderung in Schmidts über achtjähriger Kanzlerschaft war der Terror der Roten Armee-Fraktion (RAF) im „Deutschen Herbst“ 1977. Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer wurde entführt, kurze Zeit später die Lufthansa-Maschine „Landshut“ gekapert. Schmidt übernahm für den Tod Schleyers die politische Verantwortung. Für den Fall, dass die Befreiungsaktion für die „Landshut“ missglückt wäre, hatte er bereits sein Rücktrittsschreiben vorbereitet.

      In der Außenpolitik setzte Helmut Schmidt auf ein entschlossenes Vorgehen gegenüber dem kommunistischen Warschauer Pakt. Er gehörte zu den Architekten des sogenannten NATO-Doppelbeschlusses, der vor allem in der SPD umstritten war. Danach sollten in Europa atomare Mittelstreckenraketen stationiert werden, falls Abrüstungsverhandlungen mit der Sowjetunion ergebnislos blieben. Gemeinsam mit dem ihm freundschaftlich eng verbundenen französischen Präsidenten Valéry Giscard d'Estaing brachte Schmidt das Europäische Währungssystem und die Weltwirtschaftsgipfel auf den Weg. An Differenzen vor allem in der Wirtschaftspolitik scheiterte 1982 die Koalition von SPD und FDP. Am 1. Oktober wurde Schmidt durch ein konstruktives Misstrauensvotum als Kanzler abgewählt. Sein Nachfolger wurde Helmut Kohl (CDU).

       16. Mai 1974

      Brandt bereut Kanzler-Rücktritt nicht

      Brandt gratuliert seinem Nachfolger Schmidt. Nach dem Rücktritt von Bundeskanzler Willy Brandt wird Finanzminister Helmut Schmidt neuer Bundeskanzler (picture alliance / dpa)

      Hamburg (dpa) - Der SPD-Vorsitzende Willy Brandt bereut nicht, daß er 1974 nach Entlarvung seines Referenten Günter Guillaume als DDR-Agent sein Amt als Bundeskanzler niederlegte und blickt „nicht im Zorn zurück“. In einem in der neuen Ausgabe des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ veröffentlichen Gespräch betonte Brandt, er habe nicht bereut und bereue auch heute nicht, daß er damals Parteivorsitzender blieb - „übrigens mit auf Drängen von Helmut Schmidt, aber auch, weil ich das ganz gerne weiter machen wollte“.

      Auf die Frage, ob er niemals Zweifel gehabt habe, der Rücktritt könnte voreilig gewesen sein, erwiderte Brandt, wenn er sich die Situation nochmal klarmache, würde sie ergeben, „daß ich gejagt worden wäre, meines Lebens nicht mehr froh geworden wäre.“ Dazu komme die Frage, ob man selbst noch gut genug in Form war, um zusätzliche Belastungen durchzustehen. „Das wird von einigen meiner besten Freunde bezweifelt, von mir auch. Wie wäre man fertig geworden mit der Art von Kampagne, mit der man es zu tun gehabt hätte? Der Vorgeschmack war ja schon da. Wenn man die Gesamtumstände sieht, war es das einzige Vernünftige, sich zurückzuziehen.“

      Brandt betonte, es könne nicht die Rede davon sein, „daß Helmut Schmidt mich weggeschubst hat.“ Er verneinte auch die Frage, ob er Anfälle von Amtsmüdigkeit hatte. „Amtsmüdigkeit nicht, aber Anflüge von Depressionen, ja“. Diese seien in erster Linie darin begründet gewesen, „daß ich schon 1973 sah, die Entspannungspolitik werde nicht so laufen, wie sie 1970, 71, 72 angelegt worden war; sondern daß sie ganz rasch wieder umkippte durch Entwicklungen in Washington und Moskau.“

      Zur Zukunft der SPD sagte Brandt: „Das Selbstbewußtsein der Leute ist ungebrochen.“ Der bevorstehende Parteitag werde ein „Parteitag des neuen Beginns sein, um von den Städten, Gemeinden und Ländern her neu aufzubauen für die Verantwortung im Bund. Ich stelle mich darauf ein, daß die Koalition, die

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