Helmut Schmidt. Neue Osnabrücker Zeitung
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ANDREAS BAADER: Der gebürtige Münchner ist von Beginn an einer der führenden Köpfe der RAF. Anfangs wird die Gruppe nach ihm und der Journalistin Ulrike Meinhof auch „Baader-Meinhof-Bande“ genannt. Bereits im April 1968 verübt er Brandanschläge auf zwei Kaufhäuser in Frankfurt am Main. Zusammen mit seinen Komplizen wird Baader zu drei Jahren Haft verurteilt, unter Mithilfe Meinhofs gelingt ihm aber die Flucht aus dem Gefängnis. Zwischen Mai 1970 und Juni 1972 war Baader für mehrere Bombenanschläge und Überfälle verantwortlich, bei denen vier Menschen starben und mehr als 50 verletzt wurden. Im April 1977 wird er zu lebenslanger Haft verurteilt. Alle Versuche, ihn freizupressen, schlagen fehl. Am 18. Oktober 1977 nehmen sich Baader und zwei weitere RAF-Mitglieder im Gefängnis Stuttgart-Stammheim das Leben.
18. Oktober 1977
Die Landshut-Entführung: Dramatischer Höhepunkt im „Deutschen Herbst“
Von Kristina Dunz
Die entführte Lufthansamaschine „Landshut“ auf dem Flughafen von Mogadischu. (picture alliance / dpa)
Berlin (dpa) - Als ihn die Nachricht von der geglückten Befreiung der Geiseln in Mogadischu erreicht, verlässt Bundeskanzler Helmut Schmidt sein Zimmer und kann Tränen nicht zurückhalten. So schildert der sozialdemokratische Altkanzler heute die Minuten kurz nach Mitternacht am 18. Oktober 1977. Es waren die Nerven zerreißenden Tage im „Deutschen Herbst“ des Terrors.
Der bis dahin unbekannten deutschen Spezialeinheit GSG 9 war ein Meisterstück gelungen. Sie erstürmte in nur sieben Minuten die Lufthansa-Maschine „Landshut“, die fünf Tage zuvor am 13. Oktober auf dem Weg von Palma de Mallorca nach Frankfurt von vier palästinensischen Terroristen gekapert worden war. Die Forderung der Entführer: Die Bundesregierung solle mehrere RAF-Terroristen, darunter die im Hochsicherheitstrakt der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim sitzenden Führungsmitglieder Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe, austauschen. Ansonsten würden alle Geiseln getötet. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer bereits seit mehr als fünf Wochen in der Gewalt der Roten Armee Fraktion (RAF).
Auf einer Odyssee über Italien, Zypern, die Golf-Emirate und den Südjemen bis nach Somalia litten die 86 Passagiere und fünf Besatzungsmitglieder Höllenqualen. Der Anführer des Terrorkommandos „Martyr Halimeh“ erschießt in Aden den Flugkapitän Jürgen Schumann.
Die Befreiung in Mogadischu gelang, ohne dass eine einzige Geisel oder ein GSG-9-Mann ums Leben kam. Schumann hatte vor seiner Hinrichtung verschlüsselte Hinweise auf die Entführer gegeben. So konnte die GSG 9 etwa davon ausgehen, dass es sich um vier Terroristen handelt. Bei der Erstürmung wurde ein Mitglied der Spezialeinheit am Hals verletzt, drei Entführer wurden erschossen.
Von ihnen überlebte schwer verletzt nur Souhaila Andrawes, die später nach der Verbüßung der Hälfte einer zwölfjährigen Haftstrafe in Norwegen auf Grund ihres schlechten physischen und psychischen Gesundheitszustands begnadigt worden war - zum Entsetzen mancher ihrer einstigen Geiseln.
Dass eine deutsche Antiterror-Truppe auf somalischem Boden überhaupt in Aktion treten durfte, war eine der großen Herausforderungen an die Bundesregierung und Staatsminister Hans- Jürgen Wischnewski (SPD) als Verhandlungsführer. Der wegen seines Gespürs für die arabische Welt genannte „Ben Wisch“ bot auch an, sich selbst gegen Frauen und Kinder in der Maschine austauschen zu lassen. Eines war aber klar: Niemals würden die RAF-Terroristen frei gelassen.
Einige Details wurden erst jetzt mit der ZDF-Dokumentation „Das Wunder von Mogadischu“ bekannt. Somalias Präsident Siad Barre bestimmte damals seinen politischen Standort zwischen Ost und West neu. Bis dahin aber hatte er sich stets solidarisch mit der Sache der Palästinenser gezeigt. Um ihn von dem GSG-9-Einsatz zu überzeugen, behauptete die Bundesregierung, die Terrorgruppe setze sich aus drei Deutschen und einem Araber zusammen. Damit handele es sich um ein Verbrechen „deutscher Krimineller“ und nicht um eine palästinensische Angelegenheit. Angeblich wurde Somalia kein Geld versprochen. Altkanzler Schmidt sagt aber heute: Sie haben bekommen, was wir nicht versprochen haben.
Nach Mitternacht am 18. Oktober verliest der Deutschlandfunk die Nachricht: „Die 86 Geiseln an Bord der entführten Lufthansa-Maschine Landshut sind alle glücklich befreit worden“. Daraufhin nehmen sich Baader, Ensslin und Raspe das Leben. Die Entführer von Schleyer erkannten schließlich, dass sich die Bundesregierung tatsächlich nicht mit Geiselnahmen erpressen ließ. Mit unfassbarer Kaltblütigkeit bringen sie den Arbeitgeber-Präsidenten und Familienvater um. Seine Leiche wird am 19. Oktober im Elsass im Kofferraum eines Autos gefunden.
25. Oktober 1977
Ex-Kanzler Schmidt fühlt sich mitschuldig am Tod Schleyers
Bundeskanzler Helmut Schmidt und die Angehörigen des ermordeten Hanns Martin Schleyer bei der Trauerfeier in Stuttgart am 25.10.1977. (picture alliance / dpa)
Hamburg (dpa) - Der frühere deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt fühlt sich mitschuldig an der Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer durch die Rote Armee Fraktion (RAF) im Jahr 1977.
„Ich bin verstrickt in Schuld - Schuld gegenüber Schleyer und gegenüber Frau Schleyer“, sagte Schmidt in einem am Mittwoch vorab veröffentlichten Gespräch mit der Wochenzeitung „Die Zeit“. Gleichwohl verteidigte der heutige Mitherausgeber des Blattes die Entscheidung, den Erpressern der RAF nicht nachgegeben zu haben. Er sei nach der Entführung des CDU-Politikers Peter Lorenz 1975 entschlossen gewesen, nie wieder Terroristen im Austausch gegen Geiseln freizulassen.
Schleyer war am 5. September 1977 von der RAF entführt und sechs Wochen später ermordet worden, nachdem die Regierung Schmidt sich geweigert hatte, elf RAF-Häftlinge freizulassen. Der Ex-Kanzler betonte, ihm sei in der Zeit, in denen die Polizei nach Schleyer gesucht habe, immer klar gewesen: „Wenn es nicht gelingt, bist du selbst mitschuldig.“
Vermutungen, der damalige CSU-Vorsitzende Franz Josef Strauß habe während der Entführung im Krisenstab in Erwägung gezogen, Standgerichte zu schaffen und für jede getötete Geisel einen RAF- Häftling zu erschießen, wies Schmidt zurück. Strauß' Wortwahl sei „sehr viel vorsichtiger“ gewesen. „Ich meine, dass er gesagt hat: "Wir haben doch auch Geiseln." Und nicht mehr als das.“ Gleichwohl habe er Strauß' Bemerkung als „sehr befremdlich“ in Erinnerung, denn sie hätte vielleicht auf dasselbe hinauslaufen können.
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