Meconomy. Markus Albers

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Meconomy - Markus Albers

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weiterzuentwickeln und näher an das heranzubringen, was mir „Erfüllung“ gibt. Bei dieser Herangehensweise ist aber das Festhängen in einem unbefriedigenden Job nur ein Teilproblem. Meine Beobachtung ist, dass viele ihren aktuellen Job nicht kündigen, weil sie gar nicht wissen, was sie lieber machen würden. Für mich ist die Suche nach Arbeit, an der mein Herz hängt, eine lebenslange Reise. Jede neue Erfahrung hilft mir dabei, meine eigenen Interessen, Talente und Bedürfnisse besser kennenzulernen. Jeder neue Job ist dabei für mich der nächste Schritt in Richtung Ideal, ohne dass ich dieses jemals erreichen werde, da es sich jedes Mal ein Stück weit mit verändert. Wer dabei irgendwann glaubt, seinen Traumjob gefunden zu haben, ist allerdings in der Gefahr, stehenzubleiben. Und das ist schlicht langweilig.

      Der Marketingexperte und Buchautor Seth Godin behauptet: Es gibt da draußen unendlich viele „Stämme“, die darauf warten, dass man ihr Anführer wird. Tu, was du liebst, dann wird dich die weltweite Plattform von Web 2.0, Mobile Web etc. mit Gefolgschaft, Kunden, Geschäft belohnen. Was hältst Du von Godins Argument?

      Kleske: Mir gefällt Godins Definition von Leadership, nicht über Macht und Management, sondern über Leidenschaft, außerordentlich gut. Und ich glaube, dass in der aktuellen Weltwirtschaftslage Leidenschaft wieder eine viel größere Rolle spielen wird. Seit Ewigkeiten sind wir in unserer Jobwahl Kompromisse zugunsten der Absicherung eingegangen. Nun stellen wir entgeistert fest, dass uns kein Job der Welt die Sicherheit bieten kann, die wir uns wünschen. Ich hoffe und glaube, dass für viele diese Feststellung dazu führen wird, dass sie sich sagen: „Sicherheiten gibt es eh keine mehr, dann kann ich ja auch gleich das tun, wofür mein Herz schlägt.“

      Wie kann das konkret aussehen?

      Kleske: Ich glaube, dass wir in den nächsten Monaten und Jahren einen neuen Boom von Handwerk, kleinen Läden und allgemein viel mehr Selbstständigkeit sehen werden. Und meine These ist, dass das uns letztendlich aus der Krise führen wird und dabei viel nachhaltiger in seiner Beständigkeit ist als vor der Krise. Slogans wie „Grow slow, grow strong“ treten in den Vordergrund, schnelles Geldverdienen in den Hintergrund.

      Grundsätzlicher: Ist es in der digitalen Ökonomie einfacher, sich selbst zu verwirklichen? Kann man sein Leben „hacken“ und dadurch optimieren?

      Kleske: Für Ideen, die sich in der „digitalen Ökonomie“ umsetzen lassen, stimmt das absolut. Wer heute zum Beispiel eine Idee für eine Web-Applikation hat, hat praktisch keine Kosten mehr, außer der Zeit, die er investiert. Die Entwickler-Programme von Google, Microsoft und Amazon, die Entwicklungsumgebung und Serversysteme zur Verfügung stellen, haben den Startaufwand noch einmal enorm reduziert. Der Vorteil der Kostenreduzierung ist auch, dass man viel mehr Ideen als früher austesten kann, um dann zu schauen, was davon funktioniert. Die Flexibilität des Systems sorgt dafür, dass ich nicht erst meinen alten Job aufgeben muss, bevor ich mir nicht sicher bin, dass meine Ideen ankommen. Ich kann sie zunächst in meiner Freizeit entwickeln. Erst wenn sie so erfolgreich sind, dass sie meine ganze Aufmerksamkeit benötigen, kündige ich. Auch in allen anderen Bereichen der digitalen Ökonomie gehen die Einstiegskosten gegen null.

      Sind diese Überlegungen in der langsam abklingenden Wirtschaftskrise frivole Luxusprobleme?

      Kleske: Im Gegenteil. Ich sehe ich hier enorme Chancen. Gerade was das Gründen und Starten von Unternehmungen angeht, sehe ich sogar einen Vorteil. Es ist massiv schwerer geworden, Geld für halbgare Ideen zu bekommen. Gleichzeitig ist es, wie gerade gesagt, deutlich günstiger geworden, Ideen erst mal auszuprobieren. Ich hoffe, dass Unternehmer in den nächsten Monaten und Jahren wesentlich häufiger klein beginnen und langsamer wachsen werden, dafür aber den Fokus auf Qualität und Service legen. Das Beste, was die Krise für uns tun konnte, ist, uns von unserer Gier nach schnellem Wachstum zu heilen.

      Ich bau mir das Leben, wie es mir gefällt

      Die Zukunft des Lebens und Arbeitens wird heute bei Erdnussflips, Paprikaschnitten und Elektromusik erfunden. Auf großen Tafeln mit bunten Zettelchen, mit rührenden selbst gebastelten Modellen und nach Selbsterfahrungsübungen wie dem gemeinsamen Überqueren eines Flusses und dem Erklimmen einer Mauer mittels handgeknüpfter Leitern. Willkommen bei Palomar5, einem Camp, in dem hochbegabte junge Leute, eben Digital Natives, erkunden sollen, was sich ihre Generation unter Job und Identität vorstellt.

      Davon, dass die Telekom hier einiges Geld investiert hat, um Angela Merkel auf dem nächsten IT-Gipfel mit den bahnbrechenden Einsichten der jungen Elite zu beeindrucken, ist auf der großen Terrasse an der Berliner Spree erst mal wenig zu sehen. Das Wasser kommt aus billigen Discounter-Plastikflaschen, die Teilnehmer sitzen auf Decken und Kissen herum, schnibbeln, kleben und plaudern. Ein Subwoofer brummelt leise. Irgendwo hängt eine Schaukel. Das Ganze wirkt eher wie ein Jugendlager als wie ein hochmoderner Thinktank. Aber erste Eindrücke können täuschen.

      Die Camp-Besucher sind durchgehend zwei- bis dreisprachige Designer, Kommunikationswissenschaftler, IT-Experten und angehende Manager in den Zwanzigern. Sie werden, das ist klar, zur beruflichen Elite von morgen gehören. Hier sind sie aufgefordert, zunächst spielerisch zu definieren, wie sie sich ihre künftige Berufs- und Lebenswelt vorstellen. Und dann sollen sie auch gleich konkrete Produkte entwickeln, mit denen Unternehmen den Anforderungen der Digital Natives gerecht werden können. Fest steht: So wie heute sieht der Arbeitsplatz dann nicht mehr aus.

      Für diese jungen Leute ist es selbstverständlich, dass sie überall arbeiten können und nicht mehr jeden Tag ins Büro gehen. Dass sie trotzdem mithilfe kollaborativer Softwarelösungen in ständigem Kontakt mit ihren Kollegen stehen wollen. Dass sie nicht mehr an die eine glücklich machende Festanstellung glauben, sondern dass Projekte künftig in einem losen Netzwerk zwischen Firmen, Subunternehmern, Freiberuflern und Experten umgesetzt werden. Dass es dann egal ist, wer frei arbeitet und wer festangestellt. Die Teilnehmer haben ganz neue Denkmuster und ganz konkrete Fragen: „Warum kann eine Person nicht drei Arbeitsverträge gleichzeitig haben?“, so Stefan Liske, der Palomar5 mitorganisiert. Oder: „Wenn wir künftig Chips unter der Haut eingepflanzt haben, die unsere Biodaten ständig an einen Server schicken – darf dann der Arbeitgeber diese Daten auswerten, um zu sehen, wann ich besonders leistungsfähig bin?“

      Klingt wie ein großer Science-Fiction-Spielplatz, und ein bisschen soll es das ja auch sein. Gleichzeitig müssen Personaler und Führungskräfte sehr genau hinhören, wie diese neue Generation sich Job und Leben vorstellt. Geht ein Unternehmen nicht auf diese Fragen ein, werden solche High Potentials lieber bei der Konkurrenz anheuern. Gleichzeitig entsteht ein neuer Markt innovativer Produkte und Dienstleistungen, die die Bedürfnisse junger Arbeitnehmer bedienen.

      Und so denken die klugen Mittzwanziger an Begriffen herum wie „The Next Generation of Identity“, „Knowledge Cultivation“ oder „Collaborative Value Creation“. Was klingt wie eine Satire über Trendforscher, hat für die Teilnehmer hier ganz lebenspraktische Bedeutung. Die Sache mit der Identität zum Beispiel treibt sie wirklich um: „Unsere Biografie ist fragmentiert“, sagt die Chinesin Xiwen in perfektem Englisch: „Wir haben eine Persönlichkeit auf Facebook, eine auf Xing, eine in unserem Blog und eine in der realen Welt. Wir brauchen neue Werkzeuge, um all diese Facetten unseres Lebens zu verwalten.“ Die anderen Teilnehmer nicken bedeutungsschwanger – derartige Probleme dürfen heute offenbar als kulturübergreifend betrachtet werden.

      Ich bin heute hier eingeladen, um einen Vortrag über mein letztes Buch zu halten und schalte dazu eigens live per Skype zu mobilen Wissensarbeitern nach New York, wo mit großem Hallo die virtuellen Besucher aus Berlin begrüßt werden. Was vermutlich Manager mancher Großkonzerne beeindruckt hätte, nehmen die jungen Zuschauer hier interessiert, aber lässig als ganz selbstverständlich hin. Was ich mit meinen 39 Jahren für durchaus modern hielt und irgendwie Hightech, ist für diese Mittzwanziger schlicht Alltag. Einwegwasserflaschen und Erdnussflips hin oder her, es sieht aus, als wäre hier wirklich das Potenzial vorhanden, über – so die

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