Robert Louis Stevenson - Gesammelte Werke. Robert Louis Stevenson

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Robert Louis Stevenson - Gesammelte Werke - Robert Louis Stevenson

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Baß, alle überragend die Todsünde, daß er mit Hand anlege, die Kirche Christi zu verfolgen und bedrängen. Aber die Wahrheit ist, er widerstand der Stimme des Geistes. Der Morgen kam, die Kameraden erwachten, und seine guten Vorsätze waren verschwunden. Damals hauste ein Erwählter des Herrn auf Baß, Peden, der Prophet genannt. Ihr werdet von dem Propheten Peden gehört haben. Niemals mehr hat es seinesgleichen gegeben, und manche bezweifeln, ob es das früher gab. Er war wild wie eine Moorhexe, furchtbar zu sehen und zu hören, und sein Antlitz war wie das Jüngste Gericht. Seine Stimme war die der Lummen und donnerte den Leuten in die Ohren, und seine Worte glichen glühenden Kohlen. Nun lebte damals auf dem Felsen ein Mädchen, die dort, glaube ich, wenig zu suchen hatte, denn es war kein Ort für ehrbare Weiber; aber sie war, wie es scheint, hübsch, und sie und Tom Dale verstanden sich gut. Der Zufall wollte, daß Peden ganz allein in seinem Garten betete, als Tom und das Mädchen vorbeigingen; und was fällt der Dirne ein? Mit Lachen und Spott überhäufte sie des Heiligen Andacht. Da stand er auf und schaute die beiden an, und Toms Knie wankten bei seinem Anblick. Doch als der andere sprach, geschah es mehr in Trauer denn im Zorne. »Armes Ding, armes Ding!« sagte er und blickte dabei das Mädchen an. »Ich höre dich schreien und lachen,« sagte er, »aber der Herr hält einen tödlichen Schuß für dich bereit, und bei jenem erstaunlichen Gottesgericht wirst du nur einen Schrei ausstoßen!« Kurz danach schlenderte sie mit zwei, drei Soldatenkerls auf den Klippen umher, und es war ein stürmischer Tag. Da kam ein Windstoß, packte ihre Röcke und wirbelte sie, so wie sie ging und stand, ins Meer. Und die Soldaten bemerkten, daß sie dabei nur den einen Schrei ausstieß. Ohne Zweifel, dieses Gottesgericht machte ziemlichen Eindruck auf Tom; aber der verging, und Tom blieb der alte. Eines Tages zankte er sich mit einem Kameraden. »Der Teufel hol mich!« schimpfte Tom, denn er fluchte stets gotteslästerlich. Und schon stand Peden da und starrte ihn an, schlau und finster, Peden mit seinem langen Gesicht und seinen brennenden Augen, sein Plaid fest um die Brust gewickelt und die eine Hand mit den schwarzen Krallen weit ausgestreckt – denn der Leibespflege achtete er nicht. – »Pfui, pfui, armer Mann!« schrie er, »armer, törichter Mann! Der Teufel hol mich, sagt er? Ich sehe den Teufel an seiner Seite!« Da brach die Erkenntnis seiner Schuld und der Gnade des Himmels über Tom herein wie der Ozean selbst; er warf die Pike weg, die er trug, und rief: »Nie mehr erhebe ich meine Hand gegen die Sache Christi!« Und er hielt sein Wort. Anfänglich gab's viele Scherereien, aber als der Gouverneur ihn so entschlossen sah, erteilte er ihm doch den Abschied, und Tom ließ sich in North Berwick nieder und heiratete und stand von dem Tage an bei allen ehrlichen Leuten in gutem Ruf. Es war im Jahre 1706, als die Insel Baß in die Hände derer von Dalrymple überging, und zwei Männer bewarben sich um den Verwalterposten. Beide eigneten sich trefflich dafür, denn beide hatten als Soldaten dort in Garnison gelegen und wußten die Lummen zu behandeln und kannten die Zeiten, in denen sie was wert waren. Außerdem waren – oder schienen doch – beide andächtige Bekenner und in erbaulichen Reden beschlagen. Der erste war kein anderer als Tom Dale, mein Vater; der zweite war ein gewisser Lapraik, den die Leute meist Tod[12] Lapraik nannten, ob aber wegen seines Namens oder seiner Natur, konnte ich niemals erfahren. Nun, Tom ging zu Lapraik, um die Sache mit ihm zu bereden, und führte mich, der ich damals ein kleines Kerlchen und noch unsicher auf den Beinen war, an der Hand. Tods Haus stand an der langen Gasse nördlich des Friedhofs. Es ist eine finstere, unheimliche Gasse; außerdem ist die Kirche seit Jakobs VI. Zeiten und dem Teufelsspuk, der sich während der Königin Fahrt übers Meer dort zutrug, verschrien. Und Tods Haus lag am dunkelsten Ende und war denen, die am besten Bescheid wußten, nie recht geheuer. Die Tür stand an jenem Tage offen, und mein Vater und ich traten, ohne zu klopfen, ein. Tod war von Beruf aus Weber; sein Webstuhl stand auf der Diele. Dort saß er, ein dicker, feister Klumpen von Mann, weiß und ölig wie Schmalz, mit so 'ner Art heiligem Lächeln auf dem Gesicht, das mir den hellen Ekel wachrief. Mit der einen Hand führte er das Schiffchen, aber seine Augen waren verglast. Wir riefen ihn beim Namen, schrien ihm in die tauben Ohren und rüttelten ihn an der Schulter. Da saß er und führte das Schiffchen und lächelte ölig.

      »Gott steh uns bei«, sagte Tom Dale, »das geht nicht mit rechten Dingen zu!« Kaum hatte er gesprochen, als Tod Lapraik wieder zu sich kam. »Bist du's, Tom?« fragte er. »Grüß dich Gott, Mann! Bin froh, dich zu sehen. Von Zeit zu Zeit fall ich in so 'ne Art Ohnmacht, weißt du; – es kommt vom Magen.« Na, sie fingen also an, von dem Posten auf Baß zu sprechen, und wer von beiden ihn wohl kriegen würde, und allmählich kam es zu bitteren Worten zwischen den beiden, und sie gingen im Zorn auseinander. Ich weiß noch genau, wie mein Vater auf dem Rückwege immer wieder auf das eine zu sprechen kam: ihm gefielen Tod und seine Ohnmachten nicht. »Ohnmachten!« rief er. »Wegen dergleichen Ohnmachten sind Leute schon verbrannt worden, mein' ich!« Na, wie dem auch sei, mein Vater kriegte den Posten auf Baß, und Tod mußte leer ausgehen. »Tom,« sagte er, »diesmal bist du mir wieder über, und hoffentlich«, sagte er, »find'st du auf Baß alles so, wie du dir's gewünscht hast.« Und das hat man später für 'ne recht merkwürdige Redensart gehalten. Endlich war die Zeit gekommen, in der Tom die jungen Lummen aus den Nestern holen mußte. Das war ein Geschäft, das er gewohnt war, denn er war von klein auf auf den Klippen zu Hause und vertraute dergleichen Arbeit niemandem als sich selber an. Eines Tages baumelt er also an einem Tau an der Klippenfront, wo sie am höchsten und steilsten ist. Vier kräftige Burschen hielten oben auf der Kuppe den Strick und warteten auf Toms Zeichen. Aber wo Tom hing, war nichts als die schiere Klippe und weit in der Tiefe das Meer und die schreienden, fliegenden Lummen. Es war ein schöner Frühlingsmorgen, und Tom pfiff vor sich hin, während er die jungen Vögel fing. Oft hab' ich ihn davon erzählen hören, und jedesmal brach ihm der Schweiß aus. Zufällig, müßt Ihr wissen, blickte Tom auf und bemerkte eine große Lumme, und die Lumme hackte nach dem Tau. Er fand das merkwürdig und gar nicht nach der Kreatur Gewohnheit. Er erinnerte sich, Stricke seien unheimlich mürbes Zeug und der Lummen Schnabel sowie der Felsen unheimlich hart, und ein Sturz von zweihundert Fuß war etwas mehr, als ihm zu fallen behagte. »Husch!« sagte Tom. »Fort mit dir, Vieh! Husch! Mach, daß du fortkommst!« Die Lumme starrte Tom so von oben ins Gesicht, und an des Tieres Auge war etwas nicht ganz geheuer. Es starrte ihn nur das einzige Mal an und fiel dann wieder über das Seil her. Und jetzt riß und zerrte es daran wie nicht recht gescheit. Niemals hat es eine Lumme gegeben, die wie jene Lumme sich mühte, und sie schien auch ihr Geschäft vortrefflich zu verstehen, denn sie rieb das weiche Tau immer zwischen ihrem Schnabel und dem spitzen Fels. Kalte Furcht schoß Tom ins Herz. »Das Ding da ist kein Vogel«, dachte er. Da drehten sich ihm die Augen im Kopfe herum und um ihn wurde es finster. »Wenn ich hier ohnmächtig werde,« dachte er, »ist es aus mit Tom Dale!« Und er gab den Burschen ein Zeichen, daß sie ihn hoch ziehen möchten.

      Aber die Lumme schien das Zeichen zu verstehen. Kaum hatte Tom es gegeben, da ließ sie den Strick los, krächzte laut auf, flatterte hin und her und schoß schnurstracks auf Tom Dales Augen los. Tom hatte ein Messer, und er ließ den kalten Stahl funkeln. Doch die Lumme schien auch über Messer Bescheid zu wissen; denn als die Klinge in der Sonne glitzerte, stieß sie einen einzigen Schrei aus, aber leiser, wie jemand, der enttäuscht ist, und verschwand um die Klippe herum, und Tom sah sie nie wieder. Und sowie das Ding fort war, sank Toms Kopf auf seine Schulter, und sie zogen ihn wie einen Toten herauf, und da lag er, wie 'n Toter, der Länge nach auf dem Felsen. Ein Gläschen Schnaps, den er stets bei sich hatte, brachte ihn wieder zur Vernunft, wenigstens zu dem, was noch davon übrig war. Er setzte sich aufrecht. »Lauf, Geordie, lauf nach dem Boot und bewache es, Mann – lauf!« schrie er. »Sonst geht die Lumme mit ihm durch.« Die vier Burschen starrten einander an und versuchten, ihm gut zuzureden und ihn zu beruhigen. Aber Tom Dale gab sich nicht zufrieden, bis einer von ihnen vorangegangen war, um neben dem Boot Posten zu stehen. Die anderen fragten Tom, ob sie ihn wieder 'runterlassen sollten. »Nein,« sagte er, »weder ich noch einer von Euch geht mir da 'runter, und sowie ich wieder auf meinen Beinen stehen kann, wollen wir sehen, daß wir von diesem Teufelsfelsen fortkommen.«

      Tatsächlich verloren sie keine Zeit, und auch so blieben sie zu lange dort, denn bevor sie North Berwick erreichten, lag Tom in schwerem Fieber. Den ganzen Sommer lag er zu Bett; und wer war so freundlich, ihn immer wieder zu besuchen? Wer anders als Tod Lapraik! Die Leute meinten später, jedesmal, wenn Tod in die Nähe des Hauses kam, wäre das Fieber schlimmer geworden. Ich weiß nicht, ob das stimmt; aber ich weiß, daß es damit bald ein Ende hatte. Es war etwa um diese Jahreszeit;

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