Thuazar. Anders Aaronson
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Dabei ließ er seinen nach Kotze stinkenden Atem über ihr Gesicht streichen.
Tränen schossen ihr in die Augen. »Ich habe es nicht mehr«, schluchzte sie.
Xar’non schlug ihr mit aller Kraft ins Gesicht. Flatela setzte zu einem Schrei an.
»Schnauze, oder ich verspreche dir, ich reiße dir den Kopf ab«, zischte er. »Noch mal. Wo ist mein Gold?«
»Ich hab’s nicht mehr. Ehrlich. Ich hatte Schulden. Fast alles weg. Der Rest liegt unter der Feuerstelle vergraben.«
»Danke Schätzchen«, grunzte Xar’non und schlug sie mit einem Rückhandschlag bewusstlos.
Die Feuerstelle war kalt und nach kurzem Graben hatte er seinen Lederbeutel gefunden. Siebzehn Münzen waren noch drin.
›So viel Schulden hat 'ne Nutte? Meine Fresse. Na ja. Besser als nichts‹, dachte er. Verstohlen schlich er sich aus der Hütte und suchte nach der Stadtwache. Zwei standen vor einer Spelunke und tranken Bier.
»Hey, ihr zwei. Da hinten in der Hütte von der Nutte Flatela gibt’s Ärger. Schaut mal nach.«
Er ging weiter zu einem Badehaus und säuberte alles gründlich; sich und seine Sachen.
In einem Wirtshaus aß er ein großes Stück Fleisch mit Wurzelgemüse und spülte alles mit frischem Wasser runter. Vom Wein hatte er erst mal genug. Er schaute aus dem Fenster und sah zufällig, wie die Hure abgeführt wurde. Der dicke Freier watschelte schimpfend hinterher. Er dachte, Flatelas Zuhälter hätte ihn niedergeschlagen und zusammen mit der Nutte beraubt; denn seine Geldbörse war weg.
Xar’non grinste. Nein, er war wirklich kein Zuhälter, aber die Börse des Mannes hatte er trotzdem genommen. Er nächtigte in dem Wirtshaus und nach einem ausgiebigen Frühstück ging er Richtung Stadttor.
Draußen vor der Stadt war die Hure an den Pranger gestellt worden. Man hatte sie ausgepeitscht und gebrandmarkt. Erschöpft und blutig hing sie an den Händen gefesselt am Pfahl.
»Na?! Eine schöne Nacht gehabt?«, rief er rüber.
Die Frau schaute auf und sah ihn zornig an. Sie spuckte blutigen Schleim aus und verfluchte ihn mit heiserer Stimme.
»Jaja, fluch du ruhig. Es kommen ja noch ein paar Nächte, in denen du hier umsonst deine Dienste anbieten musst. Viel Spaß dabei!«, rief er lachend zurück und ging weiter, ohne auf ihr Gekeife zu hören.
Draußen vor der Stadt lag der Waffenmarkt. Ein Schwert, ein Lederharnisch und ein Rundschild mit einem stählernen Buckel in der Mitte wechselten im Tausch gegen drei Goldmünzen den Besitzer.
Schon fühlte er sich wohler. Dann suchte und fand er die Einschreibungshütte für Männer, die als Söldner für Dervon Tai kämpfen wollten.
Erst mal Geld verdienen ... und kämpfen konnte er halt am besten.
2. Brakfeste Gramo’on Broman
»Broman, du bist eine Schande für alle Braks!«, rief der oberste Stollenmeister aus und warf theatralisch die stämmigen Arme über den Kopf. Wutschnaubend stampfte Ermon dann mit auf den Rücken gekreuzten Armen im Kreis durch das Zimmer und warf Broman immer wieder böse Blicke zu.
Seit Jahren, nein Jahrzehnten kam der junge Brak zu spät zur Arbeit, und wenn er kam, führte er die Arbeiten schlampig aus oder gar nicht.
Durch schlecht gebaute Tunnelabstützungen oder zu früh losgelassene Loren hatte er schon mehrmals Leben und Maschinen gefährdet. Genauso wie gestern, als ihm ein zentnerschwerer Brocken Erz aus dem Greifer gerutscht war und dabei fast den Stollenmeister unter sich begraben hatte.
Jetzt war ein und für allemal Schluss. Der oberste Rat hatte gestern in einer Eilsitzung das Urteil gefällt.
Es war nicht das erste Mal, dass der junge Brak eine Standpauke bekam und deswegen schaltete Broman die Ohren auf Durchzug und schaute sich wieder einmal das Arbeitszimmer des Stollenmeisters an.
An den Wänden standen Regale, die vollgestopft waren mit Pergamentrollen, Büchern, Miniaturen von Seilwinden, Kränen, Loren und anderen Maschinen, die man für den Bergbau brauchte.
Der Bergbau, der alle Clans der Braks ernährte, der Bergbau, für den jeder Brak lebte – der Bergbau, den er so sehr hasste.
Zwei Ereignisse hatten ihn zu einem anderen Brak werden lassen.
»Komm, Broman, spann die Eldar vor den Wagen. Wir müssen uns beeilen. Die Menschen haben keine Geduld und warten nicht lange. Hopp, hopp!«
Beim großen Hämmerer, war Broman aufgeregt. Zum ersten Mal in seinem Leben würde er die Brakfeste mit seinem Vater verlassen und zu einem Markt der Außenwelt gehen.
Eilig spannte er die störrischen Zugtiere der Braks an. Mit der Rechten führte er die Eldars, die Linke legte er in die schwielige Hand seines Vaters und schaute lächelnd in sein bärtiges Gesicht.
»Danke, Vater, dafür dass ich mitkommen darf.«
Der alte Brak lächelte gütig zurück und dachte wehmütig an sein eigenes erstes Mal.
In einem ungewöhnlich flotten Tempo, zumindest für Braks, näherten sie sich dem Ausgang.
Schabend öffnete sich das Tor der Brakfeste und Broman riss der Ausblick fast von den Füßen. Mit aller Kraft hielt er sich an seines Vaters Hand und an den Zügeln der Eldar fest, so überwältigend war das, was er sah. Die riesige gelbe Sonne, die er nur aus Erzählungen kannte, schien von einem hellblauen Himmel herab, an dem kleine Wolken entlangzogen. Die Straße vor ihnen schlängelte sich durch eine sanft abfallende, mit saftig grünem Gras bewachsene Hügellandschaft. In weiter Ferne, fast nicht zu erkennen, stand die trutzige Burg der Menschen.
»Das ist Hohen Horst, mein Junge.« Broman saugte den Anblick in sich auf.
»Wenn wir hier stehen bleiben, kommen wir zu spät. Auf geht’s!«, sprach der Vater sanft und schob seinen Sohn über die Schwelle.
»Ja, Vater.«
Er zog an den Zügeln und die Eldar setzten sich zu seinem Erstaunen, ohne die typische Störrigkeit, in Bewegung.
Das Gras fühlte sich wunderbar weich unter den Stiefeln an. Insekten summten um sie herum. Vögel flogen frei am Himmel, nicht eingesperrt in Käfigen. Schafherden weideten auf den Hängen und Menschen bearbeiteten ihre Felder. Die Freiheit und Größe der Landschaft erschien Broman grenzenlos.
Am nächsten Tag, als die Sonne am höchsten stand, erreichten sie den Marktplatz und bauten ihren Stand auf. Broman war so aufgeregt wie selten zuvor.
»Schau dich um«, sagte der Vater, drückte ihm ein paar Münzen in die Hand und gab ihm einen Klaps auf den Rücken.
Mit staunenden Augen schlenderte Broman über den Markt.
›Beim Hämmerer, sind die Menschen groß‹, dachte er.
Den meisten reichte er gerade bis zur Brust. Die