Hans Christian Andersen - Gesammelte Werke. Hans Christian Andersen

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Hans Christian Andersen - Gesammelte Werke - Hans Christian Andersen

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erhalten,« sagte der Mann, und betrachtete mich dabei recht genau; plötzlich lächelte sein ganzes Gesicht, das geschah sonst mit keinem Gesichte, wenn man mich besah. »Nein, was ist doch das!« sagte er. »Das ist ja eine unserer eigenen Landesmünzen, ein guter, ehrlicher Schilling aus der Heimath, durch den man ein Loch geschlagen, den man falsch nennt. Das ist in der That curios! Dich werde ich doch aufheben und mit nach Hause nehmen!«

      Die Freude durchrieselte mich, man hieß mich einen guten, ehrlichen Schilling, und nach der Heimath sollte ich, zurückreisen, wo Alle und Jeder mich kennen und wissen würden, daß ich aus gutem Silber sei und echtes Gepräge habe. Ich hätte vor Freude Funken schlagen können, aber es liegt nun einmal nicht in meiner Natur zu sprühen, das kann wohl der Stahl, nicht das Silber.

      Ich wurde in ein feines, weißes Papier eingewickelt, damit ich nicht mit den andern Münzen verwechselt werden und abhanden kommen möchte, und bei festlichen Gelegenheiten, wenn Landsleute sich begegneten, wurde ich vorgezeigt und es wurde sehr gut von mir gesprochen; sie sagten, ich sei interessant: es ist freilich merkwürdig, daß man interessant sein kann, ohne ein einziges Wort zu sagen.

      Endlich langte ich in der Heimath an! Alle meine Noth hatte ein Ende, die Freude kehrte wieder bei mir ein, war ich doch von gutem Silber. hatte das echte Gepräge! Und keine Widerwärtigkeiten hatte ich mehr auszustehen, obgleich man das Loch durch mich geschlagen, als falsch, doch das thut nichts, wenn man es nur nicht ist! Man muß ausharren, Alles gelangt mit der Zeit zu seinem Rechte! Das ist mein Glaube,« sagte der Schilling.

      Auf einer der dänischen Inseln, wo alte Thingsteine, der Urvorväter Gerichtssitze, sich in den Kornfeldern und große Bäume in den Buchenwäldern erheben, liegt ein kleines Städtchen, dessen niedrige Häuser mit rothen Ziegeln gedeckt sind. In einem dieser Häuser wurden über glühenden Kohlen auf dem offenen Herde wunderliche Dinge gebraut, es wurde in Gläsern gekocht, wurde gemischt und destillirt, und Kräuter zerhackt und in Mörsern zerstoßen; ein älterer Mann stand dem Allem vor.

      »Man muß nur das Rechte thun« sprach er, »ja das Rechte, das Richtige, die Wahrheit in jedem geschaffenen Theile muß man kennen und sich an dieselbe halten!«

      In der Stube bei der armen Hausfrau saßen ihre zwei Söhne, noch klein, aber mit großen Gedanken. Auch die Mutter hatte ihnen stets von Recht und Gerechtigkeit gesprochen, sie ermahnt, die Wahrheit fest zu halten, dieselbe sei das Antlitz Gottes in dieser Welt.

      Der älteste der Knaben sah schelmisch und unternehmend aus, seine Lust war von den Naturkräften, von Sonne und Sterne zu lesen, kein Märchen liebte er so. O, wie schön müsse es sein, auf Reise-Entdeckungen zu gehen, oder es herauszufinden, wie die Flügel der Vögel nachzumachen seien und dann stiegen zu können; ja, das herauszufinden, sei das Rechte, Vater hatte Recht und Mutter hatte Recht; die Wahrheit hält die Welt zusammen.

      Der jüngere Bruder war stiller und vertiefte sich ganz in die Bücher. Las er von Jacob, der sich in Schaafsfelle kleidete, um Esau zu ähneln und sich dadurch das Erstgeburtsrecht zu erschleichen, so ballte sich seine kleine Faust im Zorne gegen den Betrüger; las er von Tyrannen, dem Unrechte und der Bosheit der Welt, so standen ihm Thränen in den Augen der Gedanke von dem Rechte, von der Wahrheit, die siegen solle und müsse erfüllte ihn ganz – Eines Abends, er lag schon im Bette, aber die Vorhänge waren noch nicht ganz um dasselbe zusammengezogen, das Licht strahlte zu ihm hinein, er hatte sein Buch mit ins Bett genommen, er wollte durchaus die Geschichte von Solon zu Ende lesen

Illustration: Hutschenreuter/Petersen

      Die Gedanken hoben und trugen ihn gar wunderbar weit, es war ihm, als würde das Bettein Schiff, das mit vollen Segeln dahinjagte. Träumte ihm, oder was ging mit ihm vor? Es glitt dahin über rollende Gewässer, die großen Seen der Zeit, er vernahm die Stimme Solons; ihm verständlich und doch in fremder Zunge vernahm er den dänischen Wahlspruch: »Mit Gesetz regiert man das Land!«

      Der Genius des Menschengeschlechts stand in der ärmlichen Stube, beugte sich über das Bett und drückte dem Knaben einen Kuß auf die Stirn: »Werde stark in Ruhm und stark im Kampfe des Lebens' Die Wahrheit im Busen fliege dem Lande der Wahrheit entgegen!«

      Der ältere Bruder war noch nicht zu Bett, er stand am Fenster, schaute auf die Nebel hinaus, die sich von den Wiesen erhoben; es seien nicht die Elfen, die dort tanzten, wie die alte Kindermuhme ihm gesagt, sondern er wisse es besser, es seien Dämpfe, wärmer als die Luft und deshalb stiegen sie. Eine Sternschnuppe leuchtet, und die Gedanken des Knaben waren in demselben Nu von den Dünsten der Erde oben bei dem leuchtenden Meteor. Die Sterne des Himmels blitzten, es war als hingen lange, goldene Fäden von ihnen herab bis zur Erde.

Illustration: Hutschenreuter/Petersen

      »Fliege mit mir,« sang und klang es in das Herz des Knaben hinein; der mächtige Genius der Geschlechter, schneller als der Vogel, als der Pfeil, als Alles, was irdischen Ursprungs zu fliegen vermag, trug ihn hinaus in den Raum, wo der Strahl von Stern zu Stern die Himmelskörper an einander band; unsere Erde kreiste in der dünnen Luft; die eine Stadt schien ganz in der Nähe der andern zu liegen. Durch die Sphären klang es:

      »Was ist nah, was ist fern, wenn der mächtige Genius des Geistes Dich erhebt!«

      Und wiederum stand der Kleine am Fenster und schaute hinaus der jüngere Bruder lag in seinem Bette; die Mutter rief sie bei Namen: » Anders Sandöe« und » Hans Christian

      Dänemark kennt sie, die Welt kennt sie: die beiden Brüder Oersted. –

      In einem der kleinen Provinzialstädtchen bei einem Manne, der sein eigen Haus und Hof hatte, war eines Abends um die Jahreszeit, wo es heißt »der Abend wird länger« der ganze Familienkreis versammelt; es war noch mild und warm; die Lampe flammte auf dem Tische, die langen Vorhänge wallten herab hinter den offenen Fenstern, an welchen viele Blumentöpfe standen, und draußen unter freiem Himmel war der herrlichste Mondschein; – doch davon sprachen sie nun freilich nicht, sie sprachen von einem alten großen Steine, welcher unten im Hofraume hart an der Küchenthüre lag, auf welchen die Mägde oft das blank geputzte kupferne Küchengeschirr hinstellten, damit es in der Sonne trockene, und wo die Kinder gern herumspielten, – es war eigentlich ein alter Grabstein.

      »Ja,« sagte der Hausherr, »ich glaube der Stein ist von dem alten Klosterkirchhofe; von dort und aus der Kirche wurden die Kanzel, die Epitaphien und die Grabsteine verkauft! Mein Vater erstand die letzteren, sie wurden zu Pflastersteinen entzweigehauen, diesen Stein aber behielt man zurück und seitdem liegt er unten im Hofe.«

      »Man sieht's ihm wohl an, daß er ein Grabstein ist,« fiel das älteste der Kinder ein; »man erblickt noch daran ein Stundenglas und ein Stückchen von einem Engel, aber die Inschrift, die darunter gestanden, ist fast ganz verwischt, nur der Name Preben und ein großes S. dicht hinter demselben, und etwas weiter unten Martha sind noch zu lesen, aber mehr ist nicht herauszubringen, und auch das ist nur deutlich, wenn es geregnet hat, oder wenn wir den Stein gewaschen haben.«

      »Du lieber Gott, das ist der Grabstein von Preben Schwane und seiner Frau!« – nahm ein alter Mann das Wort, so alt, daß er sehr wohl der Großvater aller im Zimmer Anwesenden hätte sein können. »Ja dies war eins der letzten Ehepaare, die auf dem alten Friedhofe des Klosters beerdigt wurden! Es war ein altes, ehrwürdiges Paar, ich erinnere mich seiner noch aus meinen Knabenjahren her. – Alle kannten es, und Alle hatten es lieb, es war das Alterskönigspaar hier im Städtchen; die Leute sagten, es besäße über eine Tonne Goldes, und doch ging es sehr einfach gekleidet, in den gröbsten Stoffen, aber die Wäsche war immer glänzend weiß;

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