Hans Christian Andersen - Gesammelte Werke. Hans Christian Andersen

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Hans Christian Andersen - Gesammelte Werke - Hans Christian Andersen

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herrührte, wußte er nicht. Die Farben waren von ihm abgegangen; ob das auf der Reise geschehen, oder ob der Kummer daran Schuld war, konnte Niemand sagen. Er sah die kleine Dame an, sie blickte ihn an, und er fühlte, daß er schmolz; aber noch stand er standhaft mit dem Gewehr im Arme. Da ging plötzlich eine Thür auf, der Wind ergriff die Tänzerin, und sie flog, einer Sylphide gleich, in den Ofen zum Zinnsoldaten, loderte in Flammen auf und fort war sie. Da schmolz der Zinnsoldat zu einem Klumpen, und als das Mädchen am folgenden Tage die Asche herausnahm, fand sie ihn als ein kleines Herz. Von der Tänzerin hingegen war nur die Flitterrose da, welche kohlschwarz gebrannt war.

      Oft, wenn man nach einem Gewitter an einem Acker vorübergeht, auf welchem Buchweizen wächst, sieht man, daß er schwarz geworden und abgesengt ist. Es ist, als ob eine Feuerflamme über denselben hingefahren wäre; der Landmann sagt dann: »Das hat er vom Blitze bekommen!« Aber warum bekam er das? – Ich werde erzählen, was der Sperling mir gesagt hat; dieser hat es von einem alten Weidenbaume gehört, welcher bei einem Buchweizenfelde steht. Es ist ein ehrwürdiger, großer Weidenbaum, aber verkrüppelt, alt und mitten durchgeborsten, und es wachsen Gras und Brombeerranken aus der Spalte hervor; der Baum neigt sich vorn über und die Zweige hängen auf die Erde herunter, als ob sie ein langes, grünes Haar bildeten.

      Auf allen Feldern ringsumher wuchs Getreide, nicht blos Roggen und Gerste, sondern auch Hafer, ja, der herrlichste Hafer, der, wenn er reif ist, wie eine Menge kleiner gelber Kanarienvögel auf einem Zweige aussieht. Das Getreide stand gesegnet, und je reicher die Aehre war, desto tiefer neigte sie sich in frommer Demuth.

      Aber da war auch ein Feld mit Buchweizen; dieses lag dem alten Weidenbaume gerade gegenüber. Der Buchweizen neigte sich durchaus nicht, wie das übrige Getreide, sondern prangte stolz und steif.

      »Ich bin wohl so reich, wie die Kornähre,« sagte er; »überdies bin ich weit hübscher; meine Blumen sind schön, wie die Blüthen des Apfelbaumes; es ist eine Freude, auf mich und die Meinigen zu blicken! Kennst Du etwas Prächtigeres, als uns, alter Weidenbaum?«

      Der Weidenbaum nickte mit dem Kopfe, als ob er damit sagen wolle: »Ja, das versteht sich!« Aber der Buchweizen spreizte sich aus lauter Hochmuth und sagte: »Der dumme Baum! Er ist so alt, daß ihm Gras im Leibe wächst!«

      Nun zog ein böses Wetter auf; alle Feldblumen falteten ihre Blätter zusammen oder neigten ihre kleinen Köpfe herab, während der Sturm über sie dahin fuhr; aber der Buchweizen prangte in seinem Stolze.

      »Neige Dein Haupt, wie wir!« sagten die Blumen.

      »Das brauche ich nicht!« erwiderte der Buchweizen.

      »Senke Dein Haupt, wie wir!« rief das Getreide. »Nun kommt des Sturmes Engel geflogen! Er hat Schwingen, die reichen von den Wolken bis herunter zur Erde, und er schlägt Dich mitten durch, bevor Du bitten kannst, Dir gnädig zu sein!«

      »Aber ich will mich nicht beugen!« sagte der Buchweizen.

      »Schließe Deine Blumen und neige Deine Blätter!« sagte der alte Weidenbaum. »Sieh nicht zum Blitze empor, wenn die Wolke berstet; sogar die Menschen dürfen das nicht, denn im Blitze kann man in Gottes Himmel hineinsehen, aber dieser Anblick vermag selbst die Menschen zu blenden; was würde aber nicht uns, den Gewächsen der Erde, geschehen, wenn wir es wagten, wir, welche doch weit geringer sind!«

      »Weit geringer?« sagte der Buchweizen. »Nun will ich gerade in Gottes Himmel hineinsehen!« Und er that es in seinem Uebermuthe und Stolze. Es war, als ob die ganze Welt in Flammen stände, so blitzte es.

      Als das böse Wetter vorbei war, standen die Blumen und das Getreide in der stillen, reinen Luft erfrischt vom Regen; aber der Buchweizen war vom Blitze schwarz gebrannt; er war nur ein todtes Unkraut auf dem Felde.

      Der alte Weidenbaum bewegte seine Zweige im Winde, und es fielen große Wassertropfen von den grünen Blättern, als ob der Baum weine; und die Sperlinge fragten: »Weshalb weinest Du? Hier ist es ja so gesegnet; sieh, wie die Sonne scheint; sieh, wie die Wolken ziehen! Athmest Du nicht den Duft von Blumen und Büschen? Weshalb weinest Du, Weidenbaum?«

      Und der Weidenbaum erzählte vom Stolze des Buchweizens, von seinem Uebermuthe und von der Strafe, die diesem immer folgt. Ich, der ich die Geschichte erzähle, habe sie von den Sperlingen gehört! – Sie erzählten sie mir eines Abends, als ich um ein Märchen bat.

      Der heiligste Tag unter allen Tagen ist der, an welchem wir sterben; es ist der heilige, große Tag der Verwandlung. Hast Du recht ernsthaft über diese mächtige, sichere, letzte Stunde hier auf Erden nachgedacht?

      Einst war ein Mann, ein Strenggläubiger, wie er genannt ward, ein Kämpfer für's Wort, das ihm ein Gesetz war, ein eifriger Diener eines eifrigen Gottes. – Der Tod stand nun an seinem Lager, der Tod mit dem strengen Gesichte.

      »Die Stunde ist gekommen, Du mußt mir folgen!« sagte der Tod und berührte mit eiskaltem Finger seine Füße, und sie erstarrten; der Tod berührte seine Stirn, dann sein Herz, und es brach dabei, und die Seele folgte dem Engel des Todes.

      Aber in den wenigen Secunden, welche zwischen der Einweihung vom Fuß bis zur Stirn und zum Herzen lagen, ging, wie die großen, schwarzen Wellen eines Meeres, Alles, was das Leben gebracht und geweckt hatte, über den Sterbenden hin. So schaut er mit einem Blick in die schwindelnde Tiefe hinab, und umfaßt mit einem Gedankenblitz den unermeßlichen Weg; so sieht er mit einem Blicke in einer Summe das zahllose Sternengewimmel, Erdkugeln und Welten in dem weiten Räume erkennend.

      In einem solchen Augenblicke schaudert dem Sünder, er hat Nichts, woran er sich halten kann, ihm ist's als versänke er in eine unendliche Leere! – Aber der Fromme legt ruhig sein Haupt nieder, und ergiebt sich wie das Kind in: »Dein Wille geschehe mit mir!«

Illustration: Hutschenreuter/Petersen

      Dieser Sterbende aber hat nicht des Kindes Sinn, er fühlt, daß er Mann ist. Ihn schauderte nicht wie den Sünder, er wußte, er sei der Rechtgläubige. Er hatte an den Formen der Religion in all' ihrer Strenge gehalten; Millionen, das wußte er, mußten den breiten Weg zur Verdammniß gehen; mit Feuer und Schwert würde er hier ihre Körper haben vernichten können, wie ihre Seelen es waren und stets sein werden! Sein Weg war gen Himmel gerichtet, wo die Gnade ihm die Pforte öffnete, die verheißene Gnade.

      Und die Seele ging mit dein Engel des Todes, aber noch einmal schaute sie nach dein Lager hin, wo das Bild des Staubes in dem weißen Leichenhemde saß, ein fremdes Abbild ihres eigenen Ich. – Sie flogen und gingen – es war wie in einer mächtigen Halle und doch wie in einem Walde; die Natur war beschnitten, ausgespannt, aufgebunden und in Rechen gestellt, künstlich behandelt wie die alten französischen Gärten; hier war Maskerade.

      »Das ist das Menschenleben!« sagte der Engel des Todes.

      Alle Gestalten sah man mehr oder weniger vermummt; nicht gerade alle Diejenigen waren die Edelsten und Mächtigsten, welche in Sammet und Gold gingen, auch waren nicht alle Diejenigen die Niedrigsten und Geringsten, die im Kleide der Armuth einherschritten. – Es war eine wunderbare Maskerade, und vorzüglich war es seltsam anzusehen, wie alle zusammen unter ihrer Kleidung sorgfältig Etwas vor einander verbargen; aber der Eine riß gewaltsam an dem Andern, damit es sichtbar werden könne, und dann sah man den Kopf eines Thieres hervorgucken; bei dem Einen war es ein grinsender Affe, bei dem Andern ein häßlicher Ziegenbock, eine feuchte Schlange oder ein matter Fisch.

      Es war das Thier, an dem wir Alle tragen, das Thier, welches im Menschen festgewachsen ist; es hüpfte,

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