Hans Christian Andersen - Gesammelte Werke. Hans Christian Andersen

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Hans Christian Andersen - Gesammelte Werke - Hans Christian Andersen

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wohl!« sagte der kleine Klaus, und fuhr mit seinem Gelde und der großen Kiste, worin noch der Küster saß, davon.

      Auf der andern Seite des Waldes war ein großer, tiefer Fluß; das Wasser floß so reißend, daß man kaum gegen den Strom schwimmen konnte; man hatte eine große neue Brücke darüber geschlagen; der kleine Klaus hielt mitten auf derselben an, und sagte ganz laut, damit der Küster in der Kiste es hören könne:

      »Nein, was soll ich doch mit der dummen Kiste machen? Sie ist so schwer, als ob Steine drin wären! Ich werde nur müde davon, sie weiter zu fahren; ich will sie in den Fluß werfen; schwimmt sie zu mir nach Hause, so ist es gut, und thut sie es nicht, so macht es auch nichts.«

      Nun faßte er die Kiste mit der einen Hand an und hob sie ein wenig auf, als ob er sie in das Wasser werfen wollte.

      »Nein, laß das sein!« rief der Küster in der Kiste. »Laß mich erst hinaus!«

      »Hu,« sagte der kleine Klaus und that, als fürchte er sich. »Er sitzt noch drin! Da muß ich ihn geschwind in den Fluß werfen, damit er ertrinkt!«

      »O nein, nein!« rief der Küster. »Ich will Dir einen ganzen Scheffel voll Geld geben, wenn Du mich gehen läßt!«

      »Ja, das ist etwas Anderes!« sagte der kleine Klaus und machte die Kiste auf. Der Küster kroch schnell heraus, stieß die leere Kiste in das Wasser und ging nach seinem Hause, wo der kleine Klaus einen Scheffel voll Geld bekam; einen hatte' er ja schon von dem Bauer erhalten, nun hatte er also seinen Karren voll Geld.

      »Sieh, das Pferd erhielt ich gut bezahlt!« sagte er zu sich selbst, als er zu Hause in seiner Stube alles Geld auf einen Berg ausschüttete. »Das wird den großen Klaus ärgern, wenn er erfährt, wie reich ich durch mein einziges Pferd geworden bin; aber ich will es ihm doch nicht gerade heraus sagen!«

      Nun schickte er einen Knaben zum großen Klaus, um sich ein Scheffelmaß zu leihen.

      »Was mag er wohl damit wollen?« dachte der große Klaus und schmierte Theer unter den Boden desselben, damit von dem, was gemessen werde, Etwas daran hängen bleiben könne. Und das geschah auch; denn als er das Scheffelmaß zurück erhielt, hingen drei neue silberne Achtgroschenstücke daran.

      »Was ist das?« sagte der große Klaus und lief sogleich zu dem kleinen Klaus. »Woher hast Du denn das viele Geld bekommen?«

      »O, das ist für meine Pferdehaut; ich verkaufte sie gestern Abend.«

      »Das ist wahrlich gut bezahlt!« sagte der große Klaus, lief geschwind nach Hause, nahm eine Axt, schlug alle seine vier Pferde vor den Kopf, zog ihnen die Haut ab und fuhr damit zur Stadt.

      »Häute! Häute! Wer will Häute kaufen!« rief er durch die Straßen.

      Alle Schuhmacher und Gerber kamen gelaufen und fragten, was er dafür haben wolle.

      »Ein Scheffelmaß Geld für jede« sagte der große Klaus.

      »Bist Du toll?« riefen Alle. »Glaubst Du, wir hätten Geld scheffelweise?«

      »Häute! Häute! Wer will Häute kaufen!« rief er wieder, und allen Denen, welche ihn fragten, was die Häute kosten sollten, erwiderte er: »Einen Scheffel Geld.« »Er will uns foppen!« sagten Alle; darauf nahmen die Schuhmacher ihre Spannriemen und die Gerber ihre Schurzfelle, und prügelten den großen Klaus tüchtig durch.

      »Häute! Häute!« höhnten sie ihm nach; »ja, wir wollen Dir die Haut gerben, daß Dir die rothe Suppe nachlaufen soll. Hinaus aus der Stadt mit ihm!« riefen sie, und der große Klaus mußte sich sputen, was er konnte; denn so war er noch nie durchgeprügelt worden.

      »Na!« sagte er, als er nach Hause kam, »das soll der kleine Klaus bezahlt erhalten! Ich will ihn dafür todtschlagen!«

      Zu Hause beim kleinen Klaus war die Großmutter gestorben. Sie war freilich recht böse und schlimm mit ihm gewesen, aber er war doch sehr betrübt und nahm die todte Frau und legte sie in sein warmes Bett, um zu sehen, ob sie nicht in's Leben zurückkäme. Da sollte sie die ganze Nacht liegen; er selbst wollte im Winkel sitzen und auf einem Stuhle schlafen; das hatte er schon öfter gethan.

      Als er nun in der Nacht dasaß, ging die Thüre auf, und der große Klaus kam mit seiner Axt herein. Er wußte wohl, wo des kleinen Klaus Bett stand, ging gerade darauf los und schlug die Großmutter vor den Kopf, indem er glaubte, daß es der kleine Klaus sei.

      »Siehst Du!« sagte er. »Nun sollst Du mich nicht mehr zum Besten haben!« Dann ging er wieder nach Hause.

      »Das ist doch ein recht böser Mann!« dachte der kleine Klaus. »Der wollte mich todtschlagen! Es war doch gut für die Großmutter, daß sie schon todt war, sonst hätte er ihr das Leben genommen!«

      Nun zog er der Großmutter die Sonntagskleider an, lieh sich von seinem Nachbar ein Pferd, spannte es vor den Wagen und setzte die Großmutter auf den hintersten Sitz, sodaß sie nicht herausfallen konnte, wenn er fuhr; und so rollten sie von dannen durch den Wald. Als die Sonne aufging, waren sie vor einem großen Wirthshause; da hielt der kleine Klaus an und ging hinein, um Etwas zu genießen.

      Der Wirth hatte sehr viel Geld; er war auch ein recht guter, aber hitziger Mann, als wären Pfeffer und Tabak in ihm.

      »Guten Morgen!« sagte er zum kleinen Klaus. »Du bist heute früh in's Zeug gekommen!^

      »Ja,« sagte der kleine Klaus, »ich will mit meiner Großmutter zur Stadt; sie sitz! da draußen auf dem Wagen, ich kann sie nicht in die Stube hereinbringen. Wollt Ihr derselben nicht ein Glas Meth geben? aber Ihr müßt recht laut sprechen, denn sie kann nicht gut hören.«

      »Ja, das will ich thun!« sagte der Wirth und schenkte ein großes Glas Meth ein, mit dem er zur todten Großmutter hinausging, welche in dem Wagen aufrecht gesetzt war.

      »Hier ist ein Glas Meth von Eurem Sohne!« sagte der Wirth. Aber die todte Frau erwiderte kein Wort, sondern saß still. –

      »Hört Ihr nicht?« rief der Wirth, so laut er konnte; »hier ist ein Glas Meth von Eurem Sohne!«

      Noch einmal rief er Dasselbe, und dann noch ein Mal; da sie sich aber durchaus nicht von der Stelle rührte, wurde er ärgerlich und warf ihr das Glas in das Gesicht, sodaß ihr der Meth über die Nase lief, und sie rückwärts in den Wagen fiel; denn sie war nur aufrecht hineingesetzt und nicht festgebunden.

      »Heda!« rief der kleine Klaus, sprang zur Thüre hinaus und packte den Wirth an der Brust; »Du hast meine Großmutter erschlagen! Sieh nur, da ist ein großes Loch in ihrer Stirn!«

      »O, das ist ein Unglück!« rief der Wirth und schlug die Hände über dem Kopfe zusammen. »Das kommt Alles von meiner Hitze! Lieber kleiner Klaus, ich will Dir ein Scheffelmaß Geld geben und Deine Großmutter begraben lassen, als wäre es meine eigene; aber schweige still, sonst wird mir der Kopf abgeschlagen und das wäre doch unangenehm.«

      So bekam der kleine Klaus einen Scheffel Geld, und der Wirth begrub die Großmutter so, als ob sie seine eigene gewesen wäre.

      Als nun der kleine Klaus wieder mit dem vielen Gelde nach Hause kam, schickte er gleich seinen Knaben hinüber zum großen Klaus, um ihn zu bitten, ihm ein Scheffelmaß zu leihen.

      »Was ist das?« sagte der große Klaus. »Habe ich ihn nicht todtgeschlagen? Da muß

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