Religionen – ausgedient und überflüssig. Josef Müller

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Religionen – ausgedient und überflüssig - Josef Müller

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Trockene bildete ja nunmehr den Grund eines unvorstellbar riesigen und mindestens fünftausend Meter tiefen Meeres. Aus diesem, die gesamte Erde bedeckenden gewaltigen Ozean, ragte zunächst nur der Gipfel des höchsten Berges (also der Ararat, weil der Mount Everest ja noch völlig unbekannt war) hervor, und auch dieser erst, nachdem die tobenden Wasser zurückgegangen waren.

      Jetzt fragt man sich aber: Wenn zum damaligen Zeitpunkt die Landmassen der gesamten Erde mindestens fünftausend Meter unter – seltsamerweise flüssigem – Wasser lagen, wohin ist dieses Wasser dann nach der Sintflut abgeflossen? Mangels irdischer oder auch außerplanetarischer Auffangbecken könnte logischerweise nur eine Verdunstung des Wassers den Konflikt gelöst haben. Was andererseits aber bedeuten würde, dass das Trockene in der vorher bekannten Form erst nach Jahrmillionen wieder aufgetaucht wäre. Dass die Familie Noah unter diesen Umständen trotzdem ein neues Menschengeschlecht hervorgebracht hat, verdient höchste Anerkennung. Irgendwie hatten sie, allen Naturgesetzen zum Trotz, mit der Hilfe Gottes sämtliche Barrikaden überwunden, denn die Wasser gingen erstaunlich schnell zurück – wohin auch immer.

       Und die Wasser hatten überhand auf der Erde hundertfünfzig Tage. Und Gott gedachte des Noah und allen Getieres und allen Viehes, das mit ihm in der Arche war; und Gott ließ einen Wind über die Erde fahren, und die Wasser sanken. Und im siebten Monat, am siebzehnten Tage des Monats, ruhte die Arche auf dem Gebirge Ararat. Und die Wasser nahmen fort und fort ab bis zum zehnten Monat; im zehnten Monat, am Ersten des Monats, wurden die Spitzen der Berge sichtbar. Und im zweiten Monat, am siebenundzwanzigsten Tage des Monats, war die Erde trocken. (1. Mose, 7, 24 – 1. Mose 8, 1, 4-5, 14)

      Den Kletteramateuren ist es sogar gelungen, aus dem eigentlich nur von bestausgerüsteten Extrembergsteigern zu bezwingenden Hochgebirge abzusteigen. Das gelang auch dem sechshundertjährigen Noah und seiner sicher nicht viel jüngeren Ehefrau. Da kann man nur tief beeindruckt und ergriffen konstatieren: Respekt!

      Die Abermillionen Tiere haben ebenfalls alle überlebt und sind wohlbehalten – die bereits beispielhaft erwähnten Schnecken wahrscheinlich erst nach etlichen Jahrzehnten – in der Ebene angekommen. Das gilt erstaunlicherweise auch für die wechselwarmen Kreaturen, die damals wohl konditionell besser drauf waren, als ihre aktuellen Nachkommen. Würde man heute zum Beispiel eine Eidechse in fünftausend Meter Höhe aussetzen, würde sie mit Sicherheit augenblicklich einen Kälteschock erleiden, tiefgefrieren und nie mehr auftauen.

       Die biblische Arche-Erzählung hält schon lange nicht mehr einem naturalistischen Kontext stand. Bereits im siebzehnten Jahrhundert wurde es notwendig, den neuen Kontinent Amerika mit seinen menschlichen und tierischen Bewohnern, sowie die neu entdeckten Kreaturen Asiens und Afrikas mit der wörtlichen Bibel-Interpretation zu vereinen. Weiterhin gab es Erklärungsbedarf für die Neuverteilung der Tierwelt, die sich ja nach der Sintflut zunächst auf einem Punkt konzentrierte. Dieses Dilemma hat die Kirche den Skeptikern wie folgt zu erklären versucht: Nach der Zerstörung des Turmes von Babel [davon später mehr] hat Gott die Menschen über die gesamte Erde vertrieben, wobei jedes Volk „seine“ Tiere mitnahm in eine neue Heimat. Diese abenteuerliche Darstellung wurde aber bereits im Jahr 1646 von Sir Thomas Browne klassisch gekontert, als er fragte: „Warum nahmen dann die Eingeborenen Nordamerikas Klapperschlangen mit, und keine Pferde?“

      Wie die glücklich und wohlbehalten im Tal angekommenen Tiere dort sodann auch weiterhin überleben konnten, ist wiederum nur durch ein Wunder zu erklären. Zwischen den Raubtieren und ihren potenziellen Beutetieren muss es wohl ein Friedensabkommen, also eine Art „Nichtangriffspakt“ gegeben haben, denn die Beutetiere, zumindest die, von denen es nur jeweils ein Paar gab, durften von den Raubtieren natürlich im Hinblick auf die Erhaltung der Art nicht gefressen werden. Andererseits hatten die Beutetiere sicher ebenfalls nichts zu lachen, da ihnen das „grüne Kraut“, das ja vollständig der Naturkatastrophe zum Opfer gefallen war, auch für sehr lange Zeit fehlte.

      Es ist wohl anzunehmen, dass zum Beispiel die eine oder andere Raubkatze unter Missachtung des Gebotes der Stunde trotzdem eine Antilope gerissen hat. Erstens, weil sie sonst verhungert wäre und zweitens, weil es ganz einfach ihrem Charakter entsprach. Die Vorstellung eines lammfrommen Löwen, der seine potenziellen Beutetiere trotz eines vor Hunger rebellierenden Magens gnädig verschont, ist einfach absurd. Viele Pflanzenfresser wiederum, die irgendwie den Raubkatzen entkommen konnten, werden andererseits mit höchster Wahrscheinlichkeit gleichfalls dem fehlenden Nahrungsangebot zum Opfer gefallen sein. Sie hätten natürlich alles gefundene Grünzeug fressen dürfen – wenn es denn welches gegeben hätte!

      Wenn aber ein Raubtier ein Beutetier gerissen hatte, oder ein Grasfresser mangels Nahrungsangebot eingegangen war, wie haben sich dann die übrig gebliebenen Exemplare der jeweiligen Gattung ohne ihre gemeuchelten bzw. dahingesiechten Partner vermehrt? Der Heilige Geist kann ja wohl nicht ausgeholfen haben, denn den hatte man zu dieser vorchristlichen Zeit noch gar nicht erfunden. Und wie haben Noah und seine Familie, die immerhin aus acht Personen, nämlich Noah, seiner Ehefrau Naama, den Söhnen Sem, Ham und Jafet sowie deren Ehefrauen bestand, überlebt? Auch für sie war in der nun verwüsteten Natur auf lange Zeit nichts zu holen, und die wenigen essbaren (koscheren) Tiere gingen, wenn man ihrer in der nunmehr ja äußerst dünn besiedelten Landschaft überhaupt habhaft werden konnte, wohl auch mit rasanter Schnelligkeit zur Neige.

       Koschere Tiere sind gemäß des Talmuds übrigens nur: Landsäugetiere, die gespaltenen Hufe haben und Wiederkäuer sind, Geflügel (bis auf 21 nicht koschere Vogelarten), Fisch und Meeresfrüchte, aber nur, wenn sie Flossen und Schuppen haben und das, was von koscheren Tieren stammt – also Milch nur von koscheren Säugetieren und Eier nur von koscheren Vögeln. Göttliche Vorschrift – bescheuerter geht’s nicht!

      Wie dem auch sei – irgendwie muss es wohl doch machbar gewesen sein, denn Noah, der seine Söhne erst im Alter von fünfhundert Jahren gezeugt hatte, wurde nach biblischer Überlieferung immerhin stolze neunhundertfünfzig Jahre alt.

       „Und Noah lebte nach der Flut dreihundertfünfzig Jahre; und alle Tage Noahs waren neunhundertfünfzig Jahre, und er starb.“ (1. Mose 9, 28-29)

      Deukalion war im 14. Jahrhundert v. Chr. der König von Thessalien. Er ist in der griechischen Mythologie der Sohn von Prometheus. Wegen der Verderbtheit der Menschen beschloss Zeus als oberster Gott der griechischen Mythologie, das „Eherne Zeitalter“ mit einer großen Flut zu beenden. Prometheus hatte seinem Sohn befohlen, ein Schiff zu bauen und dieses mit Beginn des großen Regens zusammen mit seiner Ehefrau zu besteigen. Ganz Griechenland wurde überschwemmt und erst nach neun Tagen und neun Nächten, als die Flut abgelaufen war, landete das Paar auf dem Parnassos. Der gerechte Deukalion und seine Frau Pyrrha waren die einzigen Überlebenden. Die Parallelen zum biblischen Noah sind unübersehbar.

      Utnapischtim ist der „Noah“ der sumerisch-babylonischen Kulturen des altorientalischen Mesopotamien. Die Übersetzung des um 1200 v. Chr. auf Tontafeln zusammengestellten Epos berichtet von Gilgamesch, dem König der mesopotamischen Stadt Uruk, aus der Zeit um 2650 v. Chr. Sie enthält Passagen, die das Christentum eigentlich in seinen Grundfesten erschüttern müssten. Hier steht zum Beispiel: „Gott Enlil schickte wegen des Lärms der Menschen die Sintflut, um das (erste) Menschengeschlecht zu vernichten.“ Weiterhin: „Ein uralter Mann (Utnapischtim) und seine Frau überlebten als Einzige die Strafe der Götter, die große Flut“. Und auf der 11. Tontafel: „Als der siebente Tag anbrach, holte ich eine Taube hervor und ließ sie frei. Die Taube flog, doch kam sie zurück. Ich holte eine Schwalbe hervor und ließ sie frei, doch kam auch sie zurück. Ich holte einen Raben hervor – er flog und kam nicht wieder zurück.“

      Teilweise wörtlich nimmt das Gilgameschepos die Geschichte von der Sintflut

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