Anarchistische Analysen zur Gegenwart. Jörg Djuren
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Die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung ist ein klassisches Feld der 'grünen' Biopolitik. Sie steht nicht zufällig im Fokus der Entwicklungspolitik von Stiftungen, die ihr Ziel in der Förderung der klassischen kapitalistischen industriellen Entwicklung sehen.
Dies galt sowohl für die Rockefeller Foundation in den 60er und 70er Jahren und gilt für die Gates Foundation heute.
Damit ist auch klar, daß es hier nicht um die Förderung von Lebensmittel-Souveränität geht, sondern um die Förderung der im kapitalistischen Sinne optimierten Lebensmittelproduktion, mit ihrer zwangsläufigen und intendierten Folge der Verdrängung der KleinbäuerInnen. Das heißt es geht um die Förderung der Lebensmittelmassenproduktion mit der bewußten gleichzeitigen Verdrängung und Verelendung der bisherigen kleinbäuerlichen ProduzentInnen um sie als billige abhängige ausbeutbare Arbeitskräfte in die industrielle Verwertung zu zwingen.
Zumindest waren dies die Folgen der ersten 'grünen Revolution', der Industrialisierung und Chemisierung der landwirtschaftlichen Produktion im Trikont, besonders in Asien in den 60er und 70er Jahren. Bei der die Rockefeller Foundation die herausragende treibende Kraft war.
Kleinbäuerliche Strukturen wurden zerstört, die Sortenvielfalt auf wenige Sorten reduziert, Monokulturen und Monopole gefördert, Zerstörungen der Ökosysteme wurden in Kauf genommen und große Teile der landwirtschaftlichen Produktion gerieten in Abhängigkeit der großen Chemie- und Saatgutmulties. Als Effekt kam es zu massenhaftern Flucht in die Slums der Städte und zu einer Verelendung breiter Teile der Bevölkerung, bei gleichzeitig wachsenden Einkommen der vorher schon Wohlhabenden58 .
Real wurde die Lebensmittelproduktion gesteigert59 , dafür hätte es aber auch andere sozialverträgliche Entwicklungspfade einer intensiven, ökologisch angepaßten und arbeitsintensiven Landwirtschaft gegeben. Aber auch viele lokale 'Eliten', insbesondere in Indien, setzten auf den technokratischen Entwicklungspfad.
Nach der Kritik der Folgen dieser Entwicklungspolitik in den 70er und 80er Jahren, müßte an sich heute eine unkritische Fortführung dieser Art technokratischer Entwicklung der Landwirtschaft ausgeschlossen sein. Dies ist aber leider nicht so.
Nicht nur auf der englischsprachigen Seite von Wiki zum Stichwort 'Green Revolution' findet sich inzwischen wieder Propaganda die an Texte der Presseabteilungen der Agra- & Chemiemulties erinnert60 . Mit dem Projekt AGRA knüpft auch die Bill-und-Melinda-Gates-Foundation ohne jegliche kritischen Rückbezug nahtlos an die 'grüne' Biopolitik der 60er Jahre an. Das Projekt AGRA wird den Genmulties den Zugriff auf die afrikanische Lebensmittelproduktion sichern und die afrikanische Landwirtschaft industrialisieren, dort wo dies noch nicht geschehen ist, immer mit dem Argument, die Produktivität zu steigern61 . Dies zumindest sind die Ziele. Die Folgen werden ähnlich katastrophal sein wie die der ersten 'grünen Revolution' in Asien.
AGRA (Alliance for a Green Revolution in Africa)62 ist ein Zusammenschluß hinter dem neben der Bill und Melinda Gates Foundation, die Rockefeller Foundation, diverse Hilfsorganisationen, diverse Forschungsinstitute und die großen multinationalen Chemie- und Saatgutkonzerne stehen. Die Initiative wird von der Gates Foundation mit dreistelligen Millionenbeträgen gefördert (bisher ca. 410 Millionen $).
Ziel ist die afrikanischen Anbaufrüchte genetisch zu optimieren, um so die Erträge zu vergrößern, bei gleichzeitigem Einsatz moderner Technik (Chemie) und dafür systematisch die notwendige Infrastruktur aufzubauen (z.B. eine bis in die Dörfer reichende Vertriebskette für genetisch manipuliertes Saatgut). Als Effekt wird die afrikanische Landwirtschaft in die Abhängigkeit weniger Multies geraten, die sowohl das Saatgut als auch die chemischen Zugaben kontrollieren und teilweise in der Folge vermutlich sogar den Landbesitz. Die ökologische Pflanzenvielfalt wird drastisch reduziert und Ökosysteme schwer geschädigt werden. Auf Grund des höheren Finanzmitteleinsatzes für diese Art der Landwirtschaft wird es zur weiteren massiven Zerstörung kleinbäuerlicher Strukturen kommen mit der Folge eines weiteren Anwachsens der Slums.
Bisherige Versuche die 'grüne Revolution' in Afrika durchzusetzen sind zwar an der Verhältnissen gescheitert, AGRA setzt aber explizit darauf das ein Markt von zur Zeit noch 180 Millionen landwirtschaftlichen Betrieben, egal wie groß sie sind, einen interessanten Markt für die Industrie darstellt. Primäres Ziel ist auch nicht die Beseitigung des Hungers, sondern die Integration der Subsahara Region in den Weltmarkt für Saatgut und Agrochemikalien. Nach der marktgläubigen Logik der Gates Foundation ist dies der richtige Weg um den Hunger zu bekämpfen. Nach dieser Logik folgt der 'Fortschritt' dem Markt. Real geht es für die Agromulties aber um ein riesiges unerschlossenes Marktpotential der Zukunft, auf daß sie sich den Zugriff sichern wollen, so jedenfalls die Einschätzung des Lebensmittel-Souveränitäts-Aktivisten Galés Gabirondo63 .
Auch die Direktorin des African Center Biosafety Mariam Mayet sieht in AGRA den verlängerten Arm der AGROMulties64 und der us-amerikanischen Stiftungen, die sich mit Kofi A. Annan ein freundlich lächelndes schwarzes Aushängeschild umgehängt haben.
"I think they are African followed because the vision was put in place by Gordon Conway from the Rockefeller Foundation. The Rockefeller Foundation brought in the Bill-Melinda Gates foundation, then started to recruit willing and compliant Africans - the coup de grace was Kofi Annan.
[..]
The things is the Green Revolution is a very a violent package because it puts powerful toxic chemicals into Africa. It displaces and destroys local knowledge and seeds. It favors those farmers who will be able to access the system, the more powerful farmers. This will divide the African peasantry.
AGRA also creates a lot of dependency and debt. It is violent. But the geeky sexy richest man who brought us wonderful technology, and gentle Kofi Annan - this is the savior face, our last hope. It is a very strategic move to push a very agri-business, corporatized market driven package - [..]."65
AGRA ist real das Flagschiff der BiopiratInnen in Afrika. AGRA zeigt was Philanthrokapitalismus real bedeutet.
Gates, GAVI und die Produktion globalisierter Körper
Vinh-Kim Nguyen has written provocatively about the global AIDS imperium as instigating an emerging “therapeutic citizenship” in which the “global therapeutic economy, local tactics for mobilising resources, and the biopolitical processes through which humanitarian interventions produce particular subjectivities [give] birth to...a form of state-less citizenship whereby claims are made on a global order on the basis of one's biomedical condition, and responsibilities worked out in the context of local moral economies” (Nguyen forthcoming)66
Die zitierte Aussage von Vinh-Kim Nguyen trifft nicht nur auf die globalisierte AIDS-Biopolitik zu sondern auch auf andere Bereiche einer globalisierten medizinischen (roten) Biopolitik.
GAVI67 die Global Alliance for Vaccines and Immunisation ist das herrausragende Projekt der Bill-und-Melinda-Gates-Foundation im Bereich Public Health. Das Public Privat Partnership - Projekt hat unter einem Dach die bisherigen Akteure (UNICEF, WHO) und Initiativen, NGO und die Pharmaindustrie zusammengeführt, um mit sehr viel Geld, bisher wurden 3 Milliarden $ eingeworben, davon ein erheblicher Teil von der Gates-Foundation (Anschubfinanzierung von 750 Millionen $) den Impfkampagnen in Afrika und Asien neuen Schub zu verleihen.
Bis Mitte der 70er Jahre wurde durch Kampagnen von WHO und UNICEF eine weltweite Impfrate von 80% erreicht,