Auf ihren Spuren. Sabine von der Wellen
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Читать онлайн книгу Auf ihren Spuren - Sabine von der Wellen страница 21
Er kommt zum Sofa und reicht mir das Bier. Dann setzt er sich auf einen der Sessel und starrt Mamas Laptop an, als erwarte er, dass er explodiert.
Ich besehe mir den Mann genauer. Er sieht wirklich gut aus und ich kann Mama nicht verübeln, dass sie ihn gerne als Freund hatte. Etwas anderes will ich mir zwischen den beiden nicht vorstellen.
„Joel“, sagt Marco und sieht mich an. „Ich weiß, dass du selbst fit am Computer bist und ich glaube, du weißt längst, was noch auf dem Laptop ist und was nicht.“
Nun werde ich auf alle Fälle rot und fühle mich durchschaut.
„Also, warum bist du wirklich hier?“
Was soll ich sagen?
Weil ich gar nichts sage, erklärt Marco leise: „Deine Mutter hat viel von dir erzählt. Immer und ständig. Joel hier, Joel da, Joel ist das Wichtigste. Ich wollte dich aufsuchen, als das mit ihr passierte. Aber ich war selbst zu geschockt.“ Er sieht auf seine Hände.
Ich weiß immer noch nicht, was ich sagen soll.
Er sieht auf. „Und nun bist du hier und sitzt auf meinem Sofa.“
Ich trinke einen Schluck Bier, weil ich einfach nicht weiß, was ich dazu sagen kann.
Marco erhebt sich ruckartig und sieht auf mich hinunter. Dann trinkt auch er einen Schluck aus seiner Flasche und raunt leise, als er zum Fenster geht: „Cecilia hat sich immer Sorgen gemacht, was passiert, wenn ihr mal etwas zustößt. Das war eine ihrer Hauptsorgen.“
Er sieht aus dem Fenster und ich starre auf seinen breiten Rücken.
„Sie hat aber nie gesagt, dass ich mich kümmern soll. Niemals.“
Ich bin von seinen Worten überrascht und frage mich, ob er meint, dass ich deshalb hergekommen bin.
Plötzlich dreht er sich um und in seinem Blick liegt etwas, das mich erschreckt. „Wer war für dich da, als das mit deiner Mutter passierte? Wer hat sich um dich gekümmert?“ Er klingt aufgebracht und wütend.
Ich erwidere verunsichert: „Onkel Andreas.“
Seine ganze Gestalt, die wie zum Angriff gespannt war, scheint zusammenzusinken. „Cecilias Bruder“, raunt er nur und klingt seltsam niedergeschlagen.
Ich bin überrascht, dass Marco ihn kennt. Scheinbar weiß er eine Menge über unsere Familie. Ich nicke.
„Sonst niemand? Kam niemand sonst?“, brummt er plötzlich, als glaube er mir nicht.
Ich bin über seine Frage verwirrt und schüttele den Kopf.
Marco geht zu seinem Sessel zurück und lässt sich hineinfallen. Leise und mehr zu sich selbst murmelt er: „Dann gab es wirklich niemand anderen?“
Ich bin verwirrt. Aber ich sage, weil ich denke, es ist wichtig. „Nur Onkel Andreas.“
Marco nickt und seine dunklen Korkenzieherlocken fallen über sein Gesicht, wie ein Vorhang, als er sich vornüberbeugt und die Arme auf seinen Beinen abstützt.
„Verdammt!“ Er klingt wirklich aufgebracht. „Ich hätte mich bei dir melden müssen. Das war ich ihr schuldig!“ Er sieht auf und diese unglaublich grünen Augen treffen meinen Blick. „Ich war mir sicher, es gibt andere, die sie darum gebeten hat, sich um dich zu kümmern, wenn ihr mal etwas passiert.“
Ich sehe ihn nur an und verstehe nichts.
Marco setzt sich in dem Sessel zurück und trinkt sein Bier leer. „Du hast keinen Plan, von was ich rede, oder?“, fragt er.
Ich schüttele den Kopf und er nickt verstehend. Dann raunt er: „Egal. Also, was treibt dich wirklich hier her? Hat Cecilia dir gesagt, dass du mich aufsuchen sollst, wenn was ist?“ Es scheint fast, als wäre das eine Hoffnung für ihn.
Ich verstehe immer weniger. Aber ich schüttele den Kopf und erkläre: „Michelle brachte mir ein paar Sachen von Mama und erwähnte dich als irgendwie mitbeteiligt bei dem Internetcafe.“
„Michelle? Das ausgerechnet sie uns beide zusammenbringt!“
Das klingt nun wieder wütend und ich beeile mich zu erklären: „Nein, sie erwähnte, dass du der PC Spezialist bist und ich dachte mir, dass du dann vielleicht auch …“ Mir fällt ein, dass er meine Lüge schon durchschaute und wahrscheinlich beim ersten Blick auf den Laptop herausfinden wird, dass wir ihn schon nach Mamas Tod in der Mangel hatten. Darum schwenke ich um. Das bringt so auch nichts. Entweder Marco hilft mir oder nicht. Ich muss es aber zumindest versuchen. „Naja, ich sagte ihr, dass ich Probleme mit meinem PC habe und deine Nummer haben möchte. Da gab sie sie mir.“
Die grünen Augen mustern mich nur und ich fühle mich genötigt zu erklären: „Ich hoffte, dass du mir etwas über Mama erzählen kannst.“
„Ob ich dir was?“, braust er auf. „Joel, wenn ich eins weiß, dann, dass Cecilia nicht wollte, dass du von mir irgendwelche Belehrungen bekommst, über was auch immer. Oder warum glaubst du, hat sie mich nie gebeten, mich um dich zu kümmern?“
Ich verstehe seine „Kümmer-Geschichte“ nicht. Irgendwie klingt es, als wenn er wütend ist, weil meine Mutter ihn nicht als meinen Babysitter eingespannt hat.
„Sie wusste doch nicht, dass das nötig werden wird. Und ich brauche auch niemanden. Ich will nur mehr über Mama erfahren. Was sie so machte und so …“
Marco starrt mich an. Dann raunt er leise: „Was glaubst du, was sie machte. Sie hatte ihre Anteile im Cafe und arbeitete auch dort.“
Ich schnaube verächtlich, was sich seinen Blick ändern lässt. Er kneift die Augen seltsam zusammen, als wolle er mir eine reinhauen. Doch dann steht er auf und geht zur Zimmerbar und nimmt sich noch ein Bier. Er kappt den Deckel und ich erstarre, weil er ihn wegschnippt und keinen Flaschenöffner in der Hand hat. Mir war vorher nicht aufgefallen, wie er unsere ersten Biere geöffnet hatte. Dann geht er zum Fenster zurück und trinkt fast die halbe Flasche leer. Ich spüre regelrecht die Anspannung zwischen uns.
Plötzlich sagt er und seine Stimme klingt unendlich traurig: „Ich habe sie geliebt. Nur sie. Niemanden sonst auf dieser beschissenen Erde und ausgerechnet sie hat es erwischt. Sie war ein guter Mensch, der das nicht verdient hat. Sie hat so ein Leben nicht verdient und dennoch glaubte sie, dass es für sie so und nicht anders richtig ist. Nur du verschissener kleiner Scheißer warst das einzige, was sie auf Plan halten konnte. Sie war so krank, so durchgeknallt und doch so genial. Und ich wollte ihr alles geben, aber sie wollte von mir nichts, außer ihre Freiheit.“ Er dreht sich zu mir um. „Und was bleibt mir? Der kleine verschissene Scheißer.“
Ich starre den Mann am Fenster an. Meint er mich?
„Ich komme allein klar“, sage ich und klinge selber auch nicht mehr freundlich. Das der Typ mich kleiner, verschissener Scheißer nennt, ärgert mich maßlos. Ich bin kaum einen halben Kopf kleiner als er und kann auch so aussehen, wenn ich unsere Geräte mehr beutele.
„Das weiß ich. Du bist wie Cecilia. Bist ja auch ihr Fleisch und Blut.“ Mit wenigen Schritten