Little Pearl. Madlen Schaffhauser

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Little Pearl - Madlen Schaffhauser Little Pearl

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einen Flirt aus.

      »Schlägst du dich oft?«

      »Nein. Wieso?«, frage ich verwirrt.

      »Wegen deinem Auge.«

      Reflexartig greife ich mir ans Auge. »Ich bin mit einer Hantel zusammengestoßen.«

      Avery zieht die Brauen hoch und verzieht ihren Mund zu einer missbilligenden Miene. »Und wer glaubt dir diesen Quatsch?«

      Perplex sehe ich sie an, zucke dann aber bloß mit der Schulter, hat ja sowieso keinen Sinn es abzustreiten. »Und was hat dich hierhergeführt?«

      Einen Moment sieht sie mich an, als müsse sie überlegen, was sie hier gewollt hat. Doch irgendwas an ihrem Blick verrät mir, dass sie ganz genau weiß, was sie wollte. »Ich habe mich verlaufen.«

      »Ach so.« Es ist ganz offensichtlich, dass sie nicht die Wahrheit sagt. »Was hast du denn gesucht?«

      »Das Hometown Diner.« Scheinbar fällt ihr das Lügen nicht leicht, wie ich ihr an ihren verkrampften Fingern und den angespannten Gesichtszügen ansehen kann.

      »Wenn du willst, kann ich es dir zeigen.«

      Wie von einer Tarantel gestochen, schießt sie aus den Polstern hoch, dabei fällt die Decke auf den Boden und bedeckt halbwegs ihre Füße, die in roten Converse stecken. Sie passen zu ihrem Oberteil.

      »Nein, nein ... nicht nötig«, sagt sie schnell. »Ich werde dann mal gehen. Du hast bestimmt genug um die Ohren, als dich um mich zu kümmern. Es tut mir leid, dass ich dir deine Zeit gestohlen habe.« Sie findet einen Platz auf meinem Schreibtisch und stellt das leere Glas ab. »Ich danke dir vielmals.«

      Ich lege den Kopf schräg. »Wofür?«

      »Dass du mir einen Moment Zeit gegeben hast, um mich zu ... sammeln.«

      »Willst du mir sagen, von was?« Ich bin ebenfalls aufgestanden und habe die Decke aufgehoben, um sie wieder auf die Rückenlehne zu legen. Eine Antwort, auf das was in ihrem süßen Kopf vor sich geht, was ihr so einen Schrecken eingejagt hat, möchte ich doch noch haben.

      »Das ist schwierig, und eine lange Geschichte.«

      »Ich habe Zeit.«

      Avery schüttelt leicht den Kopf. »Vielleicht ein andermal.«

      Ich gebe mich geschlagen, weshalb ich nicke. »Ja, vielleicht ein andermal«, sage ich, obwohl ich bezweifle, dass dieser Tag jemals kommen wird. »Ich bringe dich noch raus, A A.«

      Ihr gefällt wohl mein Spitzname, denn sie lächelt. Ein vages Lächeln, das bloß eine kleine Andeutung dafür ist, wie ihr Gesicht strahlen kann, wenn sie tatsächlich lächelt.

      Ich lege eine Hand auf ihren Rücken und führe sie durch den Flur zurück zum Eingang.

      Mittlerweile sind mindestens doppelt so viele Kunden hier, um sich auszupowern. Vor der Bar steht Mark, mit dem ich gleich ein Training mit Seilschwingen habe. Er unterhält sich gerade mit Sophia. Sobald meine Angestellte mich und Avery, auf deren Rücken nach wie vor meine Hand liegt, sieht, zieht sie argwöhnisch die Brauen zusammen und mustert mich. Dabei versteinert sich ihre Miene ein kleines bisschen. Sie mag es genauso wenig wie Cee, wenn ich mit Kundinnen anbandle. Doch dieses Mal liegt sie völlig falsch – oder?

      Eindeutig, schließlich ist Avery keine Kundin.

      Ich lächle. »Ich komme gleich«, sage ich zu Mark, als ich an ihm vorbeigehe.

      »Keine Eile. Ich habe hier erstklassige Unterhaltung.«

      Als ich die Glastür geöffnet und mit Avery hinausgetreten bin, nehme ich meine Hand von ihrem Rücken. Ich würde sie am Liebsten wieder zurücklegen. »Sehen wir uns wieder?«

      Gott, klinge ich erbärmlich. Was ist nur los mit mir? Sonst bin ich immer der lässige, coole Typ, der keine Scheu hat, eine Frau um ein Date, oder nach was Ähnlichem, zu fragen. Jetzt bettle ich fast darum.

      »Bestimmt«, sagt sie, ehe sie sich umdreht und davongeht.

      Der Anblick ihrer schwingenden Hüfte, erweckt ein gewisses Gefühl in meinem Schritt. Gut, dass ich ein hartes Training vor mir habe. Das lenkt mich garantiert von Averys hübschen Hinterteil ab.

      »Sind wir bereit?«, frage ich Mark, als ich zurück im Studio bin. Und meine Gedanken wieder beisammen habe – und nicht mehr in meiner Hose.

      Mark nickt, folgt mir durch die Hintertür, die gleich neben der Umkleide ist und so treten wir auf den Hinterhof hinaus. Die Seile habe ich schon vorhin an der hüfthohen Mauer, die den Hinterhof einzäunt und uns von den anderen Grundstücken abtrennt, angebracht.

      »Wir werden uns heute mit einem Basketballspiel aufwärmen. Ist das in Ordnung für dich?«

      »Wenn ich gewinne, schon«, meint Mark grinsend. Er ist eben erst zwanzig geworden. Und unglaublich fit. Manchmal frage ich mich, warum er mich überhaupt braucht. Wenn er aufdreht, habe ich keine Chance gegen ihn. Vielleicht spornt ihn das an, noch mehr Leistung aus sich rauszuholen.

      »Das werden wir sehen.« Ich hole einen Ball aus der Garage, in der ich die Gerätschaften für draußen gelagert habe. »Wer zuerst fünf Körbe hat, hat gewonnen.« Ich werfe den Ball in die Luft und sofort sprinten wir los. Mark hat den Ball als erster erwischt und trippelt Richtung Korb. Ich atme erleichtert aus, als der Ball daneben geht. Danach bin ich dran. Leider geht auch der daneben. Mir kommt schon der Schweiß, bevor Mark den vierten Korb macht. Ich muss unbedingt aufholen. Ich habe erst drei. Ehe ich mich versehe, schießt Mark den Basketball und ... trifft.

      »Jetzt nehme ich dich dafür an den Seilen härter dran«, meine ich, nachdem er eine Runde gejubelt hat.

      »Los geht’s.« Er nimmt einen tiefen Schluck aus seiner Trinkflasche und reibt sich dann die Hände.

      Wir nehmen beide zwei dicke Seile, die zwölf Meter lang sind, an deren Enden in die Hände, halten sie fest umschlossen und bringen sie zum Schwingen. Rechts und links abwechslungsweise, sodass möglichst gleichmäßige Wellen entstehen. Mal stehen wir nur auf einem Bein. Mal stellen wir uns breitbeinig hin. Mal gehen wir in die Knie, ohne mit dem Schwingen aufzuhören. Mal halten wir beide Seile in einer Hand. Wiederum schwingen wir von unten nach oben. Bei der letzten Übung stehen wir seitwärts zu den Seilen, was uns die letzte Kraft kostet.

      Obwohl es ein hartes Training ist, sehe ich dauernd Averys aschfahles Gesicht vor mir, wie sie zusammenzuckt und fast zu Boden geht, als die Tür hinter ihr ins Schloss fällt. Ich weiß nicht, warum sie mir nicht mehr aus den Gedanken geht, aber ich weiß, dass ich sie unbedingt wiedersehen muss.

      Nach zwanzig Minuten legen Mark und ich erschöpft und schweißnass die Seile weg. Um uns langsam abzukühlen joggen wir drei lockere Runden im Hinterhof.

      »Heute hast du ganz schön Gas gegeben. Wolltest mich wohl für meinen vorherigen Sieg bestrafen.« Mark dehnt neben mir seine Beine, indem er sich mit den Händen an der Wand abstützt, während ein Bein leicht angewinkelt und das andere gestreckt ist.

      »Es war so wie immer«, meine ich achselzuckend, verschränke die Hände, halte sie über meinen Kopf und strecke die Arme, soweit ich kann. Vermutlich habe ich ein ganz wenig mehr von uns abverlangt als normalerweise. Ich wollte meine Gedanken an Avery vertreiben.

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